Abo

Opern-Sanierung„Köln steht bundesweit blamiert da“

Lesezeit 5 Minuten
Kölner Oper

Kölner Oper

Köln – Um die Sanierung der Oper und des Schauspielhauses fertigstellen zu können, benötigen die städtischen Bühnen bis zu 570 Millionen Euro – zum Baubeginn 2012 waren noch 253 Millionen Euro veranschlagt. Die Verantwortlichen rechnen damit, dass die Arbeiten bis Ende 2022 beendet sein werden – die Bühnen können ihren Betrieb demzufolge also erst 2023 wieder aufnehmen. Diese Zahlen hat die Stadt am Freitag unerwartet per Pressemitteilung bekannt gegeben, obwohl das erst für den kommenden Montag bei einer Pressekonferenz geplant war.

Interne Unterlagen seit April bekannt

Der „Kölner Stadt-Anzeiger“ hatte bereits im April dieses Jahres auf Grundlage interner Unterlagen der Bühnensanierung berichtet, dass Oper und Schauspielhaus erst 2023 bezogen werden können und dass die Vollendung des Projekts im schlechtesten Fall bis zu 565 Millionen Euro kosten wird. Damals sagte der technische Betriebsleiter Bernd Streitberger, dass er vor dem 3. Juli „keinesfalls über Kosten und Termine spekulieren“ werde.

Mehr als 50 Spezialisten hätten sich nach einer sechs Monate dauernden Recherche, Berechnung und Diskussion auf die Prognose geeinigt, teilt die Stadt mit. Demnach soll die Fertigstellung der Sanierung wenigstens 545 Millionen Euro und höchstens 570 Millionen Euro kosten.

Alles zum Thema Bernd Petelkau

Die schiere Wucht der Zahlen

„Natürlich verstehen wir, dass die schiere Wucht der Zahlen zunächst für Diskussionen sorgen wird“, sagt Streitberger. Die Aufgabe der Bühnen seien aber eine realistische Zustandsbeschreibung und eine realistische Projektperspektive gewesen.

„Diesen Auftrag haben wir erfüllt, auch wenn wir selbstverständlich wissen, dass sich viele Menschen ein anderes Ergebnis erhofft haben“, so Streitberger. Es handele sich um eine „nach heutigem Stand realistische Perspektive“. Eine Formulierung, die offenbar Raum für weitere Kostensteigerungen lässt, falls im weiteren Bauverlauf erneut Probleme auftreten sollten.

Entsprechend skeptisch reagiert Ralph Elster, stellvertretender CDU-Fraktionschef, auf die Mitteilung der Stadt. „Es bleibt die Frage, ob es die richtigen Zahlen sind oder ob sie wieder von Hoffnung und Schönfärberei geprägt sind“, sagt Elster. Rechne man die Kosten für die Ersatzspielstätten im Deutzer Staatenhaus und im Mülheimer Depot hinzu, bewege man sich so langsam in den Dimensionen der Hamburger Elbphilharmonie – allerdings ohne einen Neubau zu bekommen.

Schlecht geplant, schlecht kalkuliert

Es handele sich um unglaublich viel Geld, das für die Sanierung jetzt noch investiert werden müsse. „Die neuen Daten und Zahlen zur Sanierung der Oper sind deutlich schlimmer als erwartet“, sagt CDU-Fraktionschef Bernd Petelkau. „Wir haben bereits mit schlechten Nachrichten gerechnet, aber auf dieser Baustelle geht es immer noch katastrophaler.“ Es mache einen wütend, wie unglaublich schlecht ursprünglich geplant und kalkuliert worden sein müsse. Die Verantwortlichen für eine „eklatante Fehlleistung diesen Ausmaßes“ müssten zur Rechenschaft gezogen werden.

„Obwohl die Kosten jetzt schon bei deutlich über einer halben Milliarde Euro liegen, wissen wir immer noch nicht, wie viel Geld die Sanierung am Ende wirklich verschlingen wird“, sagt Klaus Schäfer, kulturpolitischer Sprecher der SPD. Es habe sich leider als richtig erwiesen, dass seine Fraktion von Anfang an gegen diesen Sanierungsbeschluss gewesen sei. „Wir nähern uns langsam Ausmaßen wie bei der Hamburger Elbphilharmonie – und wer garantiert uns denn, dass dies nun die endgültigen Zahlen sind“, so Schäfer. Bis 2022 könne noch unendlich viel passieren.

Bundesweite Blamage

„Köln steht bundesweit blamiert da – wieder einmal“, sagt Inge Halberstadt-Kausch, baupolitische Sprecherin der SPD. Das Chaos beim Thema Bauen zeige, dass innerhalb der Verwaltung keine klaren Zuständigkeiten, keine klaren Strukturen und keine klare Ordnung aus der Stadtspitze existierten.

„Das ist ein immenses Finanzvolumen, das da auf uns zukommt“, sagt Grünen-Fraktionschefin Kirsten Jahn. Sie erwarte, dass die Zahlen profunde ausgerechnet wurden. „Wenn da aber während des Weiterbaus noch etwas neues auftauchen sollte, was jetzt nicht erwartbar ist, dann kann es theoretisch auch noch teurer werden“, so Jahn. Dennoch müsse die Sanierung vollendet werden – es gebe kein zurück mehr. „Wir müssen klären, wer die Verantwortung dafür trägt“, so Jahn. Die Strukturen im Kulturbereich seien offensichtlich nicht tragfähig.

Alte Fehler noch nicht aufgeklärt

„Wie stabil die Schätzung ist, weiß man nicht, es kann jederzeit Unvorhergesehenes passieren“, sagt Ulrich Wackerhagen (FDP). Das Desaster der gescheiterten Wiedereröffnung im Sommer 2015 sei immer noch nicht aufgeklärt. Die Vergangenheit dürfe in diesem Fall aber nicht ruhen.

Die Bühnen gehen davon aus, dass die Haustechnik umfassend neu geplant werden muss, damit die Sanierung überhaupt abgeschlossen werden kann. Das erfordere teilweise auch einen Rückbau bereits installierter Anlagen. Es bestehe dennoch das Ziel, die eingebaute Technik soweit wie möglich weiter zu nutzen, um bis Ende 2022 fertig werden zu können.

„Eine erfolgreiche Sanierung ist technisch möglich und realistisch machbar“, sagt Oberbürgermeisterin Henriette Reker. Opernintendantin Birgit Meyer und Schauspiel-Intendant Stefan Bachmann bedauern, dass sie nicht früher an den Offenbachplatz zurückkehren können, bekräftigen aber ihr Vertrauen in Streitbergers Sanierungsteam.

Chronik der Sanierungspläne

Im Oktober 2010 beauftragt der Rat die Bühnen mit der Planung der Sanierung. Die Baukosten werden auf 253 Millionen Euro begrenzt.

Im Juni 2012 übergeben die Bühnen die beiden Gebäude an die Arbeitsgemeinschaft der Bauunternehmen, so dass die Sanierung beginnen kann.

Im September 2014 geben die Bühnen bekannt, dass das sanierte Opernhaus im November 2015 eröffnen soll. Im April 2014 tauschen die städtischen Bühnen den externen Projektsteuerer aus.

Im Juli 2015 teilt die Stadt mit, dass die Wiedereröffnung auf unbestimmte Zeit verschoben werden muss. Im November 2015 kündigen die städtischen Bühnen den Vertrag mit dem Ingenieurbüro Deerns, das die technischen Anlagen planen sollte. Oberbürgermeisterin Henriette Reker gibt bekannt, dass die Oper nicht vor 2018 wiedereröffnet werden kann und dass das Projekt geschätzt zwischen 404 Millionen Euro und 460 Millionen Euro kosten wird.

Im Januar 2016 gibt der externe Projektsteuerer bekannt, dass das vom Stadtrat genehmigte Budget in Kürze erschöpft sein wird. Im März 2016 genehmigt der Stadtrat das neue Budget in Höhe von 348 Millionen Euro.

Im Mai 2016 übernimmt der ehemalige Baudezernent Bernd Streitberger die neu geschaffene Position des technischen Betriebsleiters der städtischen Bühnen  und  übernimmt die Verantwortung für die Sanierung.

Im April 2017 berichtet der „Kölner Stadt-Anzeiger“,  dass die Sanierung einem internen Dokument zufolge  bis zu 565 Millionen Euro kosten wird und das Haus erst im Jahr 2023 bezogen werden kann.

KStA abonnieren