Bio-MetzgerinGutes Fleisch wird nicht gequält

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Bernadette Krentzel an ihrem Arbeitsplatz. (Bild: Kreikebaum)

Bernadette Krentzel an ihrem Arbeitsplatz. (Bild: Kreikebaum)

Braunsfeld/Dellbrück – Seuchen und Futtermittelskandale funktionieren für die Bio-Metzgerei Krentzel wie ein Seismograph. „Viruspartikel reicht für Infektion mit Maul- und Klauenseuche“, „BSE: Nervengift im Rinderfilet“, „Dioxin-Skandal vergiftet Vertrauen“ – Schlagzeilen wie diese sorgen für beträchtliche Erschütterungen in den Köpfen der Verbraucher – und führen dazu, dass sie das billige Fleisch in den Kühltruhen der Discounter für eine Weile liegen lassen. „In Bio-Läden wie unserem ist es nach solchen Skandalen deutlich voller als sonst“, sagt Bernadette Krentzel.

Krentzel ist Geschäftsführerin der gleichnamigen Bio-Metzgerei mit Läden in Dellbrück, Düsseldorf und – seit 15. März 2012 – auf der Aachener Straße 567 in Braunsfeld. 1997 übernahm die heute 43-Jährige den erst ein Jahr zuvor gegründeten elterlichen Metzgerei-Betrieb in Dellbrück – und konnte sich zunächst nicht vorstellen, das Geschäft dauerhaft weiterzuführen. „Ich habe die großen Schweinemastbetriebe in Holland gesehen und die riesigen Hühnerzuchten, wusste also schnell, was Massentierhaltung bedeutet“, erzählt Krentzel im Hinterzimmer des Braunsfelder Ladens. So ein Leben lang Geld verdienen? „Nein, das wäre nichts für mich gewesen. Dazu kam, dass mir das Fleisch oft nicht schmeckte.“ Vor allem das Schweine- und Hühnchenfleisch habe sie oft als wässrig empfunden, erinnert sich Krentzel.

Bio-Hühnchen kostet viel

Von 1998 an kaufte sie nur noch Bio-Fleisch ein – eine Entscheidung, die sie fast die geschäftliche Existenz gekostet hätte. Hühnchen kostete (und kostet noch heute) mindestens viermal so viel wie Hühnerfleisch aus Massentierhaltung, Schweinefleisch das Doppelte. „Viele Kunden haben das nicht mitgemacht, es war irrsinnig schwer.“ Zwei Jahre später kam der BSE-Skandal – und siehe da: Die Filiale in Dellbrück füllte sich. „Seitdem hat sich zum Glück auch das Bewusstsein für Bio-Produkte und die Vorteile artgerechter Haltung für Tier und Mensch geändert.“

Bio ist – längst nicht nur aufgrund zahlreicher Nahrungsmittelskandale – in. Es kämen nicht nur Gutverdiener, sondern auch Familien, die sich „bewusst entschieden haben, nur noch ein bis zweimal pro Woche Fleisch zu essen – und das nicht aus Massentierhaltung“, so Krentzel.

Beim Fleischverzehr macht die Bio-Ware indes trotz abschreckender Dokumentationen über Massentierhaltungen und hoher Einschaltquoten bei Tierfilmen nur einen winzigen Teil aus. So liegt der Anteil des Bio-Schweinefleischs bei 0,5 Prozent – nur jeder 200. Schweinefleischesser isst Bio-Schwein. Für Bernadette Krentzel ist die Nische nicht unbedingt ein Nachteil – mit ihrer neu eröffneten Bio-Metzgerei in Braunsfeld sei sie im linksrheinischen Köln „eine Pionierin“, sagt die Frau, die im Severinsviertel geboren wurde und lange in Weiden lebte. Rund 1000 Stammkunden brauche sie für einen funktionierenden Betrieb. Wenn auch unter den 10 500 Braunsfeldern nur jeder Zweihundertste Bio-Fleisch verzehren sollte, wäre Bernadette Krentzel auf Kundschaft aus den benachbarten Stadtteilen wie Lindenthal, Junkersdorf, Müngersdorf und Ehrenfeld angewiesen, um mit ihrem neuen Laden zu überleben.

Strenge Auflagen

An diesem Dienstagmittag ist Krentzels Laden um die Mittagszeit gut gefüllt. Am Fenster verzehren zwei Männer den Mittagstisch – Bio-Hühner-Ragout mit Spargel und Reis. An der Kasse hat sich eine kleine Schlange gebildet. Die neue Bio-Metzgerei hat sich im Viertel schon rumgesprochen. Eine Seuche oder einen Skandal brauchte es dafür nicht.

Bio-Wurst wird nach strengen Auflagen hergestellt. So dürfen keine Phosphate, Emulgatoren und künstliche Farbstoffe verwendet werden, die dem Aufschnitt oft Festigkeit und Farbe geben. Pökelsalze und Fette werden in reduzierter Form zugesetzt. Kochschinken darf kein Wasser zugesetzt werden, bei günstig verkauftem Schinken ist das nicht unüblich.

Die Metzgerei Krentzel bezieht ihr Fleisch vom Anbauverband Bioland. Die Tiere der Mitgliedsbetriebe werden artgerecht und ohne Antibiotikazusatz gehalten, synthetische Pestizide und chemisch-synthetische Stickstoffdünger sind verboten.

Pro Hektar Land dürfen die Bioland-Bauern höchstens sieben Schweine und 1,3 Rinder halten. Das Bio-Schwein wird mindestens 35 Wochen gemästet und wiegt vor dem Schlachten trotzdem weniger als ein herkömmliches Schlachtschwein nach 22 Wochen. Bioland-Tiere dürfen maximal 200 Kilometer und höchstens vier Stunden transportiert werden. 

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