Summerjam 2013Blumen malen für das Flugticket

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Reggae Nonstop: Für die meisten Besucher ist aber die Musik das Wichtigste.

Reggae Nonstop: Für die meisten Besucher ist aber die Musik das Wichtigste.

Köln – Es ist so heiß, dass sich das Publikum vor der Green Stage in der einzigen schattigen Ecke knubbelt: Lieber ein bisschen weiter wegstehen als verbrennen. Die 28. Ausgabe des Summerjam-Festivals war von Jah, dem Gott der Rastafari, wohl besonders gesegnet – besser hätte das Wetter jedenfalls kaum sein können.

Während viele im Wasser des Fühlinger Sees Abkühlung suchen oder einfach in Badehose oder Bikini von Bühne zu Bühne pilgern, trägt Vladimir Riazantsev eine Schürze und Kapuze aus Plastik, darauf prangt riesig: eine Scheibe brutzelnder Speck.

Warum er bei Temperaturen über 25 Grad ein in Plastik gewandeter Schinken sein will? „Warum nicht?“, fragt der gebürtige Russe, der in England lebt, grinsend zurück. Eigentlich sei dies doch das wahre Superhelden-Kostüm: „Wenn Menschen hungrig sind, mache ich sie glücklich!“ Zum Summerjam ist der 23-Jährige mit seiner internationalen Wohngemeinschaft aus England angereist: Ein Australier, ein Engländer, ein Portugiese und Riazantsev selbst haben sich von ihrem deutschen Mitbewohner überzeugen lassen, zusammen hinzufahren. Jetzt ist er restlos begeistert – besonders von der Location: „Wir zelten hier. Morgens aufzustehen, erst mal ein bisschen schwimmen und dann gute Musik hören – das ist perfekt!“

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Musik und Entspannung

Maya Kishkushin hat mit vier Freundinnen eine noch längere Reise für das Festival auf sich genommen: sie kommen aus Israel. Die Reggae-Community dort sei lebhaft, eng vernetzt, es gebe viele Festivals. „Aber die sind kleiner, weil Israel eben auch sehr klein ist“, erklärt Maya. Das Summerjam sei Reggae-Fans in Israel schon ein Begriff, und so beschlossen die fünf in diesem Jahr zum ersten Mal zusammen hinzufliegen. Vor allem die deutschen und jamaikanischen Künstler, die hier auftreten, interessieren sie. „Gentleman, Chronixx, Busy Signal“, zählen sie aus dem Line-up auf. Das Geld für ihr Flugticket versuchen sie auf kreative Weise auf dem Festival selbst wieder reinzubekommen: Sie malen Blumen, Ranken, Sterne oder Tigerstreifen in Gesichter, auf Beine oder verzieren ganze Körper mit Farbe. Am Ende des Tages trägt so mancher Festival-Besucher, vor allem aber die ganz jungen, ihre Zeichen im Gesicht.

Nicht jeder hier hat aber so viele Kilometer zurückgelegt, um Reggae zu hören. Die 27-jährige Iulia sitzt vor der Green Stage auf einer Decke und pustet verträumt Seifenblasen in die Luft, minutenlang. Sie habe sich vorgestern ganz spontan entschlossen, zum Summerjam zu fahren. Nicht unbedingt wegen der Musik, sondern weil man hier „als arbeitender Mensch einfach unglaublich gut entspannen kann“.

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