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AussichtsplattformenDer teure Blick ins Land

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Freier Blick auf einen Metallzaun: Die Plattform am Escher See.

Freier Blick auf einen Metallzaun: Die Plattform am Escher See.

Köln – Wer sich einen Überblick verschaffen will, kann zum Beispiel den Südturm des Doms besteigen und Köln aus 97 Metern Höhe bestaunen. Er kann den Aufzug im LVR-Turm nehmen oder auf den Herkulesberg spazieren. Weniger beeindruckend ist dagegen die Aussicht von einer jener Plattformen, die neuerdings von der Verwaltung errichtet werden. Mal sind die Sehhilfen gute acht Meter hoch, mal nicht mehr als 80 Zentimeter; sie bieten, angeblich, einen besseren Blick auf Stadtpanorama und Landschaft – ein Exemplar ermöglicht dankenswerterweise freie Sicht auf das Innenleben eines Hochwasser-Pumpwerkes. Und sie alle zeigen, für welch seltsame Ideen Steuergelder verschwendet werden.

Die Mehrzahl der Aussichtsplattformen in Köln wie im Umland sind im Rahmen des Strukturprogramms Regionale 2010 entstanden. Das bedeutet: Für die Stadt fallen nur 20 Prozent der Kosten an, den größeren Teil übernehmen das Land, der Bund und die EU. Die vier Aussichtsbauwerke, die den Landschaftspark Belvedere nahe Vogelsang als Ausflugsziel aufwerten sollen, belasten die öffentlichen Kassen mit insgesamt 218 000 Euro. Der Stadtrat hat dem Bau zugestimmt; wohl weil sie „ die Gesamtidee des Landschaftsparks aufgreifen, indem sie neue Ausblicke und Perspektiven auf Landschaft und Landwirtschaft eröffnen“, wie es in einem Papier der Verwaltung zu lesen ist.

Die Geländer der beiden Plattformen am Escher See sind wegen der Sicherheitsvorschriften so hoch geraten, dass Kinder nur auf ein Metallgitter blicken. So bleibt ihnen die Aussicht auf das Naherholungsgebiet verwehrt. Doch auch für Erwachsene wird das Erlebnis mitunter getrübt – wenn die Sträucher wieder mal allzu schnell nachgewachsen sind. Schade, hat doch jede Plattform 10 000 Euro gekostet. Im Stadtteil Holweide hat die Stadt im Rahmen der Regionale eine Streuobstwiese angelegt. Die am Rand der Grünfläche zunächst vorgesehene Aussichtsplattform wurde durch zwei schmucklose Betongebilde ersetzt. Sitzgelegenheiten? Mag sein, obwohl sich in 20 Meter Entfernung zwei Metallbänke befinden. Die Kosten der kleinen Hässlichkeiten samt zweier Infotafeln und Bodenbelag: 20 000 Euro.

Die Messlatte der Vernunft

Vor einem städtischen Pumpwerk in Niehl endet eine Treppe im Nichts. Keine Baupanne, sondern Handwerkskunst: eine steinerne Aussichtsplattform mit Blick auf Druckrohre und eine Abflussrinne, die den Stadtentwässerungsbetrieben 12 000 Euro wert war.

Für Eberhard Kanski vom Bund der Steuerzahler ist die Sache klar: „Ginge es um das eigene Geld, würden Politiker so etwas niemals bauen lassen. Aber wenn es sich um Geld aus Steuermitteln handelt, liegt die Messlatte der Vernunft offenbar nicht ganz so hoch.“

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