KGS Trierer StaßeEltern kämpfen für mehr Betreuung

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Die Eltern wollen nicht akzeptieren, dass es für ihre Kinder keinen Platz im Offenen Ganztag gibt.

Die Eltern wollen nicht akzeptieren, dass es für ihre Kinder keinen Platz im Offenen Ganztag gibt.

Innenstadt – Hunderte Familien werden im kommenden Schuljahr ohne Plätze für die Betreuung ihrer Kinder am Nachmittag bleiben. Erst ab dem Schuljahr 2014/2015 will die Stadt erneut in den Ausbau der Offenen Ganztagsschulen investieren, so wurde es aktuell im Finanzausschuss beschlossen. Allein 53 Eltern sind an der Katholischen Grundschule Trierer Straße (KGS) betroffen. 84 Prozent der Kinder haben dort eine Absage für den Offenen Ganztag erhalten. Kinder wie Eltern stehen ohne einen Platz da, hängen in der Luft. Sie haben die berühmte Karte mit dem „A“ gezogen.

Anne Cordoba Hoyos zum Beispiel. „Wir haben uns darauf verlassen, dass wir einen Platz erhalten“, sagt sie. Sie hat drei Kinder, die Familie wohnt gleich um die Ecke. Tochter Katharina besucht bereits die dritte Klasse an der Trierer Straße. „Sie spricht fließend spanisch in der Schule“, sagt die Mutter und ist stolz darauf. Für ihren Sohn Niklas braucht die berufstätige Mutter dringend einen Platz. Nie hätte sie geglaubt, dass das nicht funktioniert. „Eine Katastrophe ist das“, sagt sie.

Rike Avila unterrichtet als Lehrerin in Leverkusen. Die Familie lebt in Delbrück. Eines ihrer Kinder besucht ganz bewusst die bilinguale Schule an der Trierer Straße, das jüngste Kind ist in einer nahen Kita in der Altstadt gut aufgehoben. Nur für Rafael, der jetzt in die Schule kommt, hat sie keine Betreuung im Ganztag. „Mein Mann ist viel im Ausland“, sagt sie. Für Hol- und Bringdienste ist sie zuständig. Delbrück, Südstadt, Leverkusen – das ist ihre tägliche Hin- und Rückrunde. Wenn sie wegen Rafael noch eine weitere Station anfahren müsse, dann könne sie das nicht mehr schaffen und müsse ihre Arbeitsstelle aufgeben, meint sie.

Julia Gräser: Die Kinder der alleinerziehenden Mutter sind neun, sechs und drei Jahre alt. „Wenn ich für die Mittlere keinen Platz erhalte, muss ich meine Stelle als Sporttherapeutin aufgeben“, befürchtet auch sie. Unterhalt von ihrem geschiedenen Mann erhalte sie nicht, sie sei also auf ihr eigenes Einkommen angewiesen. Es sei schon grotesk: Kindergartenplätze würden jetzt einigermaßen garantiert, aber wenn die Kinder in die Schule kämen, hapere es mit der Betreuung. „Ich weiß nicht, was ich machen soll“, sagt sie.

Patrizia Fischer ist Studentin, lebt getrennt von ihrem Partner und hat vier Kinder zu versorgen. Eines ist neun Jahre alt und besucht die Trierer Straße. Mit den Drillingen steht sie ohne Platz da. Die Schule habe sie bewusst ausgesucht, wegen des Spanischunterrichtes und weil sie so einen guten Ruf habe. Das Schlamassel habe sie völlig ohne Vorwarnung getroffen. Jetzt sei kaum Zeit, etwas anderes zu organisieren.

Im stadtweiten Durchschnitt sind 70 Prozent der Kinder versorgt. Die KGS Trierer Straße fällt mit einer Versorgung von 16 Prozent aus dem Raster. In den vergangenen drei Jahren ist die Schule besonders stark gewachsen, seit Schulleiterin Margit Faix den bilingualen Zweig spanisch-deutsch eingeführt hat.

Kurz vor 2010 drohte der Schule die Schließung. Der jetzige vierte Jahrgang besteht nur aus einer Klasse mit weniger als zwanzig Schulkindern. Lediglich zehn Kinder verlassen in diesem Jahr den Offenen Ganztag. Für 2013/14 gibt es jedoch 71 Schulanmeldungen, davon 63 für den Ganztag. Nur die zehn Plätze der abgehenden Schulkinder sind vergeben worden.

Keinen Spielraum gebe es für zusätzliche Plätze, betonte Rita Gorklo-Blameuser, stellvertretende Leiterin des Amtes für Schulentwicklung, auf Nachfrage. Die Stadt habe aufgrund des Ratsbeschluss vom Juni 2012 einen OGTS-Deckel von 24 000 Plätzen erhalten.

Für die 24 000 Ganztagsplätze werden stadtweit etwa 52 Millionen Euro ausgegeben. Das Land zahlt rund 25 Millionen. 11 Millionen kommen über Elternbeiträge zusammen. Knapp ein Drittel –rund 16 Millionen – gibt die Stadt dazu. (süs)

„Auf der Warteliste stehen 50 Eltern“, sagt Regina Reichartz-Bock vom OGS-Träger, dem Netzwerk e.V.. Die vorhandenen Plätze seien nur an voll berufstätige Doppelverdiener oder an alleinerziehende Vollzeitbeschäftigte vergeben worden. Schon bei einer Wochenarbeitszeit von 37 Stunden hätten die Eltern eine Ablehnung erhalten. Die Schule selbst sei bereit, das Angebot aufzustocken, auch Räumlichkeiten seien vorhanden. Aber sie unterliege dem generellen Erweiterungsstopp der Stadt.

Mit einem offenen Brief hat sich die Elternpflegschaft mit ihrer Vorsitzenden Dorthe Schmitz jetzt an Oberbürgermeister Jürgen Roters und an die Ratsfraktionen gewandt. Die Stadt Köln wird hierin aufgefordert, den Bedarf an Ganztagsplätzen an den Schulen abzufragen und den betroffenen Familien die nötigen Plätze zur Verfügung zu stellen. Die Eltern hoffen auf ein nachträgliches Einsehen der Verwaltung.

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