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Tod von Semmy D.Mordanklage gegen jähzornigen Vater

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Der Tatverdächtige ist der Polizei bereits aus zwei Fällen „Häuslicher Gewalt“ im Mai und Juli gegenüber seiner Tochter bekannt. Auslöser war in diesen Fällen die Beziehung der 14-Jährigen zu dem jetzigen Opfer.

Der Tatverdächtige ist der Polizei bereits aus zwei Fällen „Häuslicher Gewalt“ im Mai und Juli gegenüber seiner Tochter bekannt. Auslöser war in diesen Fällen die Beziehung der 14-Jährigen zu dem jetzigen Opfer.

Köln – Der Täter wollte auf Nummer sicher gehen und nahm gleich zwei Tatwerkzeuge mit: eine Axt und ein Beil. Damit schlug Fernando D. (53) im August vergangenen Jahres 17-mal auf die Wohnungstür ein – ein Polizeibeamter hatte am Telefon die Schläge exakt mitgezählt, denn Wohnungsinhaber Semmy D. (17) hatte in seiner Todesangst kurz nach 21 Uhr die Notrufnummer der Polizei gewählt.

Das Telefonat dauerte 33 Sekunden. In dieser Zeit hatte Fernando C. das in einem Zehn-Liter-Farbeimer mitgebrachte Benzin ausgeschüttet und angezündet. Kurz darauf ereignete sich eine Explosion von derartiger Wucht, dass Semmy D. aus der obersten Etage zehn Meter tief in den Hinterhof geschleudert wurde. Der 17-Jährige starb am Unfallort.

Niedere Beweggründe

Die Kölner Staatsanwaltschaft hat jetzt gegen Fernando D. Anklage wegen Mordes erhoben. Die Ermittler nehmen niedere Beweggründe als Mordmerkmal an. Der gebürtige Portugiese hatte Semmy D. schon Monate zuvor immer wieder mit dem Tode gedroht, weil dieser eine Liebesbeziehung zu der 14-jährigen Tochter des Landschaftsgärtners hatte. Der Vater war strikt gegen diese Beziehung. Fernando D., bisher nicht vorbestraft, droht jetzt eine lebenslange Freiheitsstrafe. Wegen häuslicher Gewalt war er der Polizei bereits seit Monaten bekannt.

Immer wieder hatte er seine Tochter wüst beschimpft, beleidigt und auch geschlagen, weil die Minderjährige nicht von ihrem Freund lassen wollte. Das Jugendamt hatte die Schülerin daraufhin aus der Familie genommen und in einem Wohnheim für Jugendliche untergebracht. Doch der Vater kontrollierte die Tochter weiter, die nach wie vor die Beziehung zu Semmy D. aufrechterhielt; er drohte dem Paar: „Ich bring euch beide um, wenn ihr nicht voneinander lasst.“

Der 17-Jährige war erst zwei Wochen vor der Tat von Düren nach Köln gezogen. Am Tattag hatte die Schülerin ihn besucht und ihn angefleht, die Polizei zu rufen, denn sie kannte die Gewaltbereitschaft ihres Vaters. Semmy D. rief ihr zuliebe in der Notrufzentrale an und fragte eher beiläufig nach, wie er sich bei einem gewalttätigen Überfall zu verhalten habe. Dann schickte er die Freundin mit einem Taxi nach Hause, weil er wusste, wie sehr sie sich vor ihrem Vater fürchtete – damit rettete er ihr das Leben.

Bei der Explosion hatte Fernando D. lebensgefährliche Brandverletzungen erlitten. Er lag vier Wochen im künstlichen Koma und wurde erst Anfang November 2011 aus dem Krankenhaus in die JVA verlegt. Für den Prozess hat die Anklagebehörde achtzig Zeugen vorgesehen. Wann das Verfahren vor der 11. Großen Strafkammer des Landgerichts beginnt, steht noch nicht fest.

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