BergbauReichtum aus der Zuckergrube

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Mitten in Ruppichteroth führt ein ummauertes Loch in den etwa 1,80 Meter hohen Juliusstollen. (Bild: bäu)

Mitten in Ruppichteroth führt ein ummauertes Loch in den etwa 1,80 Meter hohen Juliusstollen. (Bild: bäu)

Ruppichteroth – Peter Müller aus Mittelsaurenbach, Wilhelm Sauer aus Kammerich, Bertram Ottersbach aus Kesselscheid . . . 240 Arbeiter stehen allein auf der Belegliste von „Grube Juliane“ in den Jahren 1863 bis 1874. Historiker Günter Benz hat das handgeschriebene Dokument abgetippt. „Schauen Sie mal, ob ein Vorfahr von Ihnen dabei ist“, fordert Ludwig Neuber vom Bürgerverein Ruppichteroth das Publikum auf. An die 70 Interessierte quetschen sich in einen Klassenraum der Grundschule, verfolgen den Bildvortrag zur Bergbaugeschichte. Und manche entdecken tatsächlich auf der Liste einen Ur-Ur-Großvater, der vor 140 Jahren im Bergbau schuftete.

Gruben-Eingang mitten im Ort

Mitten im Ort, an der Kreuzung von Brölstraße und Hambuchener Straße, führt ein gemauertes Loch in den Fels: der Eingang zum Juliusstollen. Früher reichte er 500 Meter weit und bis zu 50 Meter hinab in den Berg, heute versperren nach wenigen Metern eine Mauer und eine Wasserpumpe den Durchgang.

Hier kommen die unterirdischen Wasserströme aus höher gelegenen Gegenden an und werden zum Wasserwerk gepumpt. Man kann nur erahnen, wie schwierig es im 19. Jahrhundert gewesen sein muss, dieser Wassermassen Herr zu werden.

In den 30er Jahren des 19. Jahrhunderts begann die „goldene Zeit“ des Ruppichterother Bergbaus: Bis in die 70er wurden 33 Stollen ins Erdreich getrieben. Bürgermeister Bartholomäus Heismann, findiger Gutsherr und Mühlenbesitzer, erkannte das Potenzial des heimischen Erzes. „Dabei ist die Qualität gar nicht besonders“, erklärt Historiker Günter Benz, „es enthielt nur 20 bis 30 Prozent Eisen.“ Karg im Vergleich zu manch indischen Vorkommen mit bis zu 70 Prozent Eisenanteil.

Eigene Schmelzhütte gebaut

Mit den Gebrüdern Reusch aus Kleinfischbach bei Wiehl gewann der Bürgermeister Finanziers für Abbau in großem Stil. Als Firma „Reusch und Heismann“ bauten sie 1829 eine Eisenerz-Schmelzhütte. Und fütterten sie mit Erz aus der „Zuckergrube“ und der „Frühlingsgrube“ bei Köttingen. Bis 1847 gelangten fünf weitere Gruben den den Besitz der Kompagnons. Doch ab 1852 war es mit dem Quasi-Monopol auf den Ruppichterother Erzabbau vorbei: Sowohl Emil Langen, Betreiber der Troisdorfer Friedrich-Wilhelms-Hütte, als auch eine Gruppe westfälischer und belgischer Unternehmer interessierten sich nun für die Rohstoff-Vorkommen an der Bröl.

Nicht nur unter Tage wurde abgebaut. Die Gruben „Großer Sperber“ und „Kleiner Sperber“ auf dem „Höchsten“ sind heute mit Wasser gefüllte Weiher. Neben dem Saurenbacher Bach erstrecken sich Hügel mit Baumbewuchs und Weideland: die beiden „Sperber“-Abraumhalden. „Wer zur richtigen Zeit die Gegend durchstreift, der wird mit etwas Glück auf Quellen mit rotem Wasser stoßen“, erzählt Ludwig Neuber. Eisenoxid färbt das Wasser rot - untrügliches Indiz für die Vorkommen, die nach wie vor im Boden lagern. Hüttenbesitzer Emil Langen war eine der treibenden Kräfte, die zum Bau der Bröltal-Eisenbahn führten. 1862 wurde die Strecke von Hennef zu den Gruben im Saurenbacher Tal eingeweiht. Doch dann ging es bergab: Mitte 1865 verkaufte „Reusch und Heismann“ seine Abbaurechte samt Hütte an die Duisburger Phönix AG - zum Preis von 120 000 Talern. Ein gutes Geschäft für die Verkäufer, denn schon 1874 gab Phönix - wie auch Konkurrent Langen - den Abbau in Ruppichteroth auf.

Für die Arbeiter war der Bergbau ein Segen - wenn er sie nicht krank machte; außer dem Lohn erhielten sie Vergünstigungen. Sie waren Mitglied in der „Knappschaft“, einer frühen Form der Krankenversicherung. Und der Kauf im „Konsum“ machte Lebensmittel billiger.

Was blieb? Einige Wirte wurden reich, weil einige Arbeiter ihren Lohn versoffen. Doch ansonsten verließ der vorübergehende Wohlstand die Berg-Gemeinde wieder. Lehrer Hagen erinnert sich in seinen Aufzeichnungen: „So lange ich in Ruppichteroth stehe, war nicht so schlechte Zeit wie dahier und jetzt.“

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