GeschmackstestDer Ente-Süßsauer-Mythos im Lai de Hao

Lesezeit 3 Minuten
Ein bisschen Kitsch muss sein – Das Lai de Hao ist sehr bodenständig und der Fokus liegt auf der hervorragenden Küchenleistung.

Ein bisschen Kitsch muss sein – Das Lai de Hao ist sehr bodenständig und der Fokus liegt auf der hervorragenden Küchenleistung.

Köln – In meiner Jugend gab es genau zwei Restaurants im Dorf: die Pizzeria Dante, die im Sommer zu besten Eisdiele im näheren Umkreis mutierte und den Dalmacija-Grill, ein vermeintlich jugoslawischer Imbiss mit beängstigend großen Fleischportionen und exotisch trockenem Tomatenreis.

Die Welt zu Gast bei Freunden

Eines Tages eröffnete  das Shanghai zwei Dörfer weiter. Wir hatten es geschafft. Die  Welt zu Gast  bei Freunden. Runde, drehbare (!) Tische, Koi-Applikationen auf Glasfronten, gebratene Nudeln mit Bambus aus der Dose, grüner Wackelpudding mit Sprühsahne-Rosette zum Dessert und natürlich die sagenumwobene  Ente-süßsauer. Sonntags kloppte sich der halbe Landkreis am All-you-can-eat-Buffet um die gebackene Dosenananas.

Aus dem Shanghai wurde im Laufe der Jahre das Golden Lotus und irgendwann das Golden Shanghai. Die Karte blieb, das Interieur auch und selbstverständlich das  legendäre Buffet. Es dauerte fast ein Jahrzehnt bis ich erkannte, das Shanghai hat mit chinesischer Küche in etwa so viel zu tun, wie das Zigeunerschnitzel mit der deutschen.

Im Lai de Hao kann es glücklicherweise nicht zu solchen Verwirrungen kommen. Natürlich gibt es die europäisch angepassten Gerichte – hauptsächlich auf der Mittagskarte – aber der Großteil der angebotenen Speisen ist traditionell chinesisch. Vom Tofusalat mit tausendjährigen Eiern über gedämpfte, frittierte und gekochte Teigtaschen in zahlreichen Variationen bis zu Innereien, Hühnerfüßen und Schweinebauch.

Eine kulinarische Reise

Diese kulinarische Reise ist  wahnsinnig köstlich und sehr spannend. Beim Studium der Karte lernt man nicht nur was über den Kulturkreis, sondern auch wie in diesem  gegessen wird. Zum Essen werden  eher warme Getränke  serviert, wie Ginsengtee oder das Reisgetränk. Küchenchef Chen, Shu Bin legt viel Wert auf Qualität und Authentizität. Dementsprechend wichtig sind die kleinen Chilischoten in der Menükarte, der Schärfegrad.

Probiertes

Lotussalat // 6 Euro Tofu-Salat mit tausendjährigen Eiern // 6 Euro Gedämpfte Garnelenbällchen// 3,40 Euro Gebratene Rettich-Reibekuchen// 3,20 Euro Gekochte Maultaschen mit Gemüse // 3,20 Euro Geschmorter Schweinebauch mit Senfgemüse in süßer Soja-Sauce // 10 Euro

Selbstverständlich  kann man den Service um eine mildere Version bitten. Wird diese  wichtige Information vergessen, kann es im deutschen Mundraum zu infernalischen Zuständen kommen.   Viele Gerichte werden nicht oder zumindest nicht ausschließlich mit Stäbchen gegessen, sondern mit der Hand.  Das ist ein weiterer Unterschiede zur deutschen Esskultur. 

Fleischgerichte bereitet man häufig „mit Knochen“ zu , so dass sie sich  dementsprechend nicht innerhalb weniger Minuten mit Messer und Gabel essen lassen. Generell sollte man ein wenig Zeit mitbringen. Im Lai de Hao wird Essen nicht nur warmgerührt, sondern frischgekocht. Die Dim Sums werden ebenso frisch zusammengerollt wie die süßen Klebreisbällchen mit Erdnussfüllung zum Dessert. Gebackene Ananas gibt’s übrigens auch. Nur eben in frisch und lecker. Sorry Golden Shanghai, aber das musste sein.

Lai de Hao, Salierring 38, 0221/2053336, Öffnungszeiten: täglich 11.30 bis 22.30 Uhr

KStA abonnieren