„Schulplatz-Casino“Eltern und Kinder demonstrieren vor Kölner Rathaus

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Alter Markt Protest

Auf dem Alter Markt in Köln demonstrierten Eltern und Kinder gegen die „Schulplatz-Tombola“.

Köln – Während vor der Tür Hunderte wütende Eltern und Kinder demonstrierten, hat der Schulausschuss des Stadtrates die Verwaltung aber auch sich selbst in die Pflicht genommen. Zustände wie in diesem Jahr, in dem über 1200 Familien Ablehnungsbescheide von ihrer Wunschschule bekommen haben, sollen sich nicht wiederholen.

Die Schulverwaltung wurde beauftragt, alles zu tun, um bereits für das nächste Schuljahr „spürbare Verbesserungen“ hinzubekommen. Den in diesem Jahr vom Schulplatzmangel betroffenen Familien nützt das nichts. Ihrer Forderung, kurzfristig weitere zusätzliche Klassen in Stadtbezirken einzurichten, wo der Mangel besonders groß ist, wurde im Ratssaal eine Absage erteilt.

Mehr als die für das kommende Schuljahr eingerichteten „Mehrklassen“ an Gymnasien werde die Bezirksregierung nicht genehmigen, so die städtische Schulverwaltung. Um kein Missverständnis über die Frage der Verantwortlichkeiten aufkommen zu lassen, hatte die Bezirksregierung bereits vor der Schulausschusssitzung eine Pressemeldung zur „Klarstellung“ verschickt. Die Ursache für alle Probleme sei das Versäumnis der Stadt. „Die Planungen der Stadt Köln zum Schulneu- und Umbau wurden in den letzten Jahren bei weitem nicht intensiv genug umgesetzt.“

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„Frau Reker, schließen Sie das Schulplatz-Casino"

Die komplizierte Verteilung von Zuständigkeiten bei der Schulpolitik interessierte die vielen Demonstranten auf dem Alter Markt wenig. Während Kinder, die an Wunschgymnasien abgelehnt worden sind, den Jan-von-Werth-Brunnen besetzten, machten Eltern ihrem Unmut Luft. Auf vielen Plakaten wurde vor allem das Vergabeverfahren für die Plätze kritisiert: „Bildung ist kein Glückspiel“, „Losverfahren verbieten“ oder „Frau Reker, schließen Sie das Schulplatz-Casino!“ war auf den Papptafeln zu lesen. Viele Eltern befürchten lange Wege für ihre Kinder.

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Die Stadtschulpflegschaft und Bildungsgewerkschaft GEW unterstützen den Protest der Betroffenen. Die GEW forderte vor allem die Schaffung zusätzlicher Gesamtschulplätze. Seit 20 Jahren würden jedes Jahr Hunderte Kinder von ihrer gewählten Schulform abgelehnt. „Ernst genommen hat die Stadt den Bedarf nie, die persönlichen Schicksale spielten keine Rolle“, so die GEW.

Die abgelehnten Gesamtschulkinder müssten dann auf anderen Schulformen untergebracht werden, was dort zu Raumnot und wieder neuen Ablehnungen führe. „Notgedrungen baut die Stadt dann Gymnasien und Realschulen aus, errichtet Container und Mehrklassen – obwohl der Bedarf vor allem an den Gesamtschulen ist.“ So sieht es auch die Bürgerinitiative für eine Gesamtschule in Rondorf. Sie forderte das von Grünen und CDU geführte Ratsbündnis noch einmal auf, ihren Beschluss für ein neues Gymnasium in Rondorf zu ändern.

Politikerinnen und Politiker äußern Verständnis

Vertreter aller Parteien im Schulausschuss äußerten Verständnis für Wut und Enttäuschung. „Da gibt es nichts schönzureden“, so Ausschussvorsitzender Helge Schlieben (CDU). Bärbel Hölzing von den Grünen forderte eine „Schadensbegrenzung, um erträgliche Lösungen für die Eltern und Kinder zu finden“. Die Schulverwaltung sagte ein „Format“ zur „bestmöglichen Unterstützung der Betroffenen“ zu. Wer jetzt in der zweiten Anmelderunde erneut eine Ablehnung bekommt, soll nicht allein gelassen werden.

Für die Zukunft forderte der für Bildung zuständige Dezernent in der Kölner Stadtspitze, Robert Voigtsberger, einen „Pakt für Schulen“. Der Schulbau müsse oberste Priorität haben, zum Beispiel wenn es um die Frage gehe, wie freie Flächen bebaut werden. Auch vorübergehende Interimsnutzungen von Grünflächen dürften „kein Tabu mehr sein“. Ausschussvorsitzender Schlieben sagte Unterstützung „gegen den Lobbyismus in anderen Bereichen“ zu. Bei der Frage nach der Nutzung von Grünflächen, die die SPD für Notlösungen in einen Antrag geschrieben hatte, machte das Ratsbündnis jedoch nicht mit.

Einig war man sich jedoch darin, dass Interimslösungen zum vorgezogenen Start neuer Schulen schneller umgesetzt werden müssten. Alle Schulstandorte sollen ein weiteres Mal auf Erweiterungsflächen auf dem eigenen Gelände oder in Nachbarschaft überprüft werden. Dort wo Räume leer stehen, wie in vielen Kölner Hauptschulen, sollen genauso provisorische Nutzungen ermöglicht werden wie in Bürogebäuden, die man anmieten könne. Die Politik fordert auch eine Änderung des Anmelde- und Aufnahmeverfahrens, bei dem die zuständigen Schulen mittlerweile fast alle zur Verlosung ihrer Plätze übergegangen sind.

Öffentliche Schulplatztombola abgesagt

Für Aufsehen hatte die Ankündigung des Gymnasiums Kreuzgasse geführt, am Montag eine öffentliche Schulplatzverlosung durchzuführen. Mit der umstrittenen Aktion hatte das Gymnasium nachdrücklich die Folgen der Versäumnisse beim Schulbau deutlich gemacht. Die Bezirksregierung hat der Schule untersagt, die Verlosung vor Publikum abzuhalten.

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