Nicht alle sind zufriedenSo fällt die Bilanz der Stadt zum Anmeldeverfahren an den weiterführenden Schulen aus

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Eine Lehrerin schreibt Mathematikaufgaben auf eine Schultafel.

Schulplätze bleiben in Köln knapp - vor allem im Rechtsrheinischen.

Noch immer haben nicht alle Kinder einen Schulplatz. Dabei blieben in diesem Jahr sogar viele Plätze frei, weil sie in den falschen Stadtteilen liegen.

Das Anmeldeverfahren an den weiterführenden Schulen ist abgeschlossen. Oder besser „fast abgeschlossen“, wie Schuldezernent Robert Voigtsberger im Schulausschuss vortrug. Zeit für die Politik, Bilanz zu ziehen. Und die fällt zumindest von Seiten der Stadt durchaus positiv aus: „Die Fortschritte im Schulbau machen sich nach und nach bezahlt“, so Voigtsberger. Man sei auf einem guten Weg und Stück für Stück entspanne sich die Lage an den weiterführenden Schulen.

Aber mit dem Mehr an Plätzen durch fünf neu an den Start gegangene Schulen sind mitnichten alle Probleme gelöst: Es gab zwar in diesem Jahr deutlich mehr Plätze an den Kölner Gymnasien und Gesamtschulen. Aber das diesjährige Verfahren hat deutlich gemacht, dass diese für viele Familien nicht in für sie erreichbaren Stadtteilen liegen.

„Was nützt einem Kind in Brück ein Gesamtschulplatz in Lindenthal?“, fasste der schulpolitische Sprecher der SPD, Oliver Seeck, das Problem zusammen. Tatsächlich gibt es in allen weiterführenden Schulformen noch freie Plätze – allerdings sind die nicht wohnortnah. Vor allem im Rechtsrheinischen gibt es Engpässe. „Daher gibt es leider immer noch Schülerinnen und Schüler, die weite Wege in Kauf nehmen müssen“, bedauerte Voigtsberger.

21 Kölner Kinder haben immer noch keinen Schulplatz

Mit Blick auf die Gymnasien bekamen 93 Prozent der angemeldeten Kinder einen Platz an ihrer Wunschschule. Insgesamt konnten inzwischen 98 Prozent mit einem Schulplatz versorgt werden. 21 Kinder haben allerdings auch nach Abschluss der zweiten Runde immer noch keinen Schulplatz.

Bei den Gesamtschulplätzen verkündet die Stadt im Saldo eine Halbierung der Ablehnungen von knapp 700 auf 300. In der Summe seien auf die 2700 vorhandenen Plätze 3067 Anmeldungen eingegangen, so die Rechnung. Die tatsächliche Summe der Ablehnungen liegt allerdings deutlich darüber. Denn: Tatsächlich werden nur 2484 Kinder im Sommer in einer städtischen Gesamtschule in der fünften Klasse starten. 217 Gesamtschulplätze bleiben – trotz des Mangels – unbesetzt, weil sie nicht in den Stadtbezirken liegen, in denen sie gebraucht werden.

„Das heißt, wir haben in der Summe über 500 Gesamtschulplätze nicht realisiert, weil viele Plätze nicht richtig lokalisiert sind“, fasste Heiner Kockerbeck, schulpolitischer Sprecher der Linken die Lage zusammen. Während in einigen rechtsrheinischen Bezirken wie etwa Kalk der Mangel an Gesamtschulplätzen weiter groß ist, melden die Gesamtschulen in den Bezirken Lindenthal und Ehrenfeld freie Kapazitäten. In die Freude von Bärbel Hölzing (Grüne) über den „geleisteten Kraftakt“ und die „tolle Sache einer Halbierung der Ablehnungen“, mochte die Opposition daher nicht einstimmen. „Das ist schlicht keine Halbierung der Zahlen und erst recht kein Grund zum Durchatmen“, so Seeck.

In Köln sind die Schulklassen besonders groß

Auch die Sprecherin der Stadtschulpflegschaft, Nathalie Binz, goss Wasser in den Wein und erinnerte an den Preis, den der Schulplatzmangel in Köln neben weiten Schulwegen für einen Teil der Kinder für alle Kölner Schülerinnen und Schüler an den Gymnasien hat: Eigentlich liege die maximale Klassengröße laut Schulgesetz bei maximal 29 Kindern, der Richtwert gar nur bei 27 Kindern, erinnerte sie. Weil in Köln durch Zustimmung der Schulleitungen eine Ausnahmeregelung zur Anwendung kommt, sind es in den fünften Klassen in dreizügigen Gymnasien 31 und in vierzügigen Gymnasien 30 Kinder.

Für Irritationen sorgte auch das Anmeldeprozedere rund um die Lise-Meitner-Gesamtschule in Porz, die eigentlich schon voll war: Nachdem auch in der zweiten Anmelderunde immer noch 18 Kinder an den Porzer Gymnasien abgelehnt wurden und es quasi keine Gymnasialplätze an Schulen in vertretbarer Entfernung gab, gab es für die Eltern mitten im Verfahren den Hinweis auf nun zusätzlich geschaffene Kapazitäten an der Lise-Meitner-Gesamtschule. Eltern, die eigentlich einen Gymnasialplatz für ihr Kind wollten, schwenkten nun um auf die Gesamtschule. Es sei ein „Armutszeugnis, dass die viertgrößte Stadt Deutschlands in diesem Jahr eine Gesamtschule zum Auffangbecken für Kinder gemacht hat, die eigentlich auf ein Gymnasium gehen wollten“, kommentierte Olaf Wittrock, Sprecher der Elterninitiative „Die Abgelehnten“. Damit sei es der Stadt eben nicht gelungen, jedem Kind in zumutbarer Entfernung einen Gymnasialplatz anzubieten.

Ziel ist es nun, für das nächste Jahr weitere Schulplätze – vor allem an Gesamtschulen – zu schaffen. Dafür müssten im kommenden Jahr ohne Tabus alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden, forderte Voigtsberger. Als riesige Herausforderung hängt außerdem das übernächste Schuljahr wie ein Damoklesschwert über der Stadt. Dann bleiben nämlich mit dem ersten G9-Jahrgang 4300 Schülerinnen und Schüler ein Jahr länger an den Gymnasien. Das heißt, es werden an den Gymnasien de facto ein Jahr keine Schulplätze frei. Gleichzeitig müssen aber voraussichtlich 4600 neue Fünftklässler an den Kölner Gymnasien untergebracht werden. „Das setzt uns unter extremen Druck“, so Voigtsberger.

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