Lücke mit GeschichteDas Theaterhaus in Köln-Ehrenfeld weicht einem hochpreisigen Bauprojekt

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Blick auf ein großes Grundstück, auf dem Trümmer per Bagger auf einen Lastwagen geschaufelt werden.

Das Theaterhaus an der Stammstraße wurde abgebrochen.

Erst Druckerei, dann Kulturort, demnächst Wohn-Adresse: Das Theaterhaus in Köln-Ehrenfeld steht symbolhaft für die Geschichte des Veedels. 

Seit Januar 2022 stand es leer, jetzt ist es weg: Das Theaterhaus an der Stammstraße wurde vor wenigen Tagen abgebrochen. Schon länger hatten Bagger auf dem Vorplatz vor dem Gebäude gestanden. Das unmittelbar angrenzende Haus an der Stammstraße wird derzeit aufgestockt. Zu dieser Baustelle ist nun eine weit größere hinzugekommen. Das Grundstück hat die Form eines Ls. Es grenzt auch an die Klarastraße, hier lag der Eingang zum Theaterhaus, der durch den zugehörigen Biergarten führte. An der Stammstraße befand sich der Bühneneingang mit vorgelagertem Parkplatz

Schauspielhaus hatte eine Probebühne in Köln-Ehrenfeld 

In der 250 Quadratmeter großen Halle war im letzten Jahrhundert eine Druckerei untergebracht, in der Umschlaghüllen für kölsche Schallplatten hergestellt wurden. Später probte hier das Ensemble des Schauspielhauses Köln. Im Jahr 1999 übernahmen zwei Eventmanager die Location, die damit einen Probenort für freie Theatergruppen, aber auch einen Veranstaltungsort für kulturelle Events aller Art schaffen wollten. Hier fanden Lesungen und Konzerte statt, auch die Punkband „Die Ärzte“ trat einmal hier auf. Um wirtschaftlich arbeiten zu können, vermietete Andreas Großheim, der die Halle am Ende alleine betrieb, auch für private Feierlichkeiten.  

Hinter einem Zaun steht eine Halle mit dem Schriftzug Theaterhaus.

Einst Druckerei und Werkstatt, dann Probebühne des Kölner Schauspiels und zuletzt freie Bühne und Eventlokal: Das Theaterhaus

Der Mietvertrag für das Gebäude lief zum Ende des Jahres 2021 aus. Der Eigentümer war verstorben, die Erben hatten das Grundstück samt Halle verkauft.  So berichtete Großheim im November 2021 dem „Kölner Stadt-Anzeiger.“ Laut Auskunft eines Stadtsprechers liegen für das Grundstück inzwischen zwei Baugenehmigungen vor. Eine, die sich auf die Errichtung einer Tiefgarage mit 14 Stellplätzen und zwei Mehrfamilienhäusern bezieht, die zweite umfasst den Bau von zwei Mehrfamilienhäusern mit je zwei Wohneinheiten sowie zusätzlich zwei Einfamilienhäusern.

Blick durch den Toreingang an der Klarastraße auf das Theaterhaus.

Blick durch den Toreingang an der Klarastraße auf das Theaterhaus.

Bauherr ist die Preon Gruppe. Deren Geschäftsführer Norbert Fischl ist selbst in Ehrenfeld aufgewachsen und kennt das Objekt seit seiner Kindheit. „Wir sind kein großer Immobilienentwickler, machen nur Sachen, mit denen ich mich auskenne“, erklärt Fischl, der Anfang der 1990er Jahre mit der Sanierung des Ehrenfelder Altbaus seiner Großeltern begann und seither immer wieder kleinere Projekte im Veedel realisiert hat. „Wir schließen mit den zwei Mehrfamilienhäusern mit acht Wohneinheiten die zwei Baulücken in der Klara- und in der Stammstraße“. Die weiteren sechs Einheiten seien als „Townhouses“ im begrünten Innenhof geplant. Alle 14 Wohneinheiten werden über Balkon, (Dach-) Terrasse oder Loggia eine Verbindung zum Hof erhalten, fünf Townhouses und zwei Erdgeschoss-Einheiten haben auch Gartenflächen.

950.000 Euro für 104 Quadratmeter in Köln-Ehrenfeld

Die Objekte, deren Fertigstellung für das erste Quartal 2025 geplant sei, werden über die Firma Evernest vermarktet, entsprechende Anzeigen sind schon auf einem Immobilien-Portal zu finden. Für eine 104 Quadratmeter große Wohnung ist ein Kaufpreis von 950.000 Euro angegeben. Die Debatte über Gentrifizierung kennt Fischl. „Natürlich sind wir hier im höherpreisigen Segment angesiedelt, aber die Finanzierung eines solchen wertigen Projekts muss ja auch erst einmal gesichert sein.“

Aus seiner Sicht seien Projekte, wie das an der Stamm-/ Klarastraße gut für das Viertel, weil sie qualitativ hochwertigen Wohnraum schaffen und den Gesamteindruck architektonisch und ästhetisch aufwerten. Er hoffe, dass die Mischung, das Quirlige und das gute Miteinander der unterschiedlichen Menschen im Veedel, wofür Ehrenfeld ja seit jeher steht, beibehalten werden könne. Die bisherigen Käufer und Interessenten schätzten genau dies, so dass ein Projektentwickler im Rahmen seiner Möglichkeiten verantwortungsvoll Einfluss nehmen zu versuchen sollte. Der Erhalt dessen sei aber in letzter Konsequenz nicht Sache eines einzelnen Bauherrn.

Der Kampf gegen Verdrängung und die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum ist indes Dauerthema der Kölner Politik. Für den Stadtteil „Alt-Ehrenfeld“, also den Bereich zwischen Innerer Kanalstraße und Gürtel, sowie Venloer Straße und Weinsbergstaße, wird der Stadtrat am 7. Dezember eine von der Bezirksvertretung Ehrenfeld initiierte Erhaltungssatzung beschließen, die Mieter vor Luxussanierungen und Verdrängung schützen soll. Für Neubauten gilt diese Satzung nicht.  

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