Rückgang um 20 ProzentWarum weniger Graffiti in Köln angezeigt werden

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Ein Graffito der FC-Ultra-Gruppierung Coloniacs prangt an der KVB-Haltestelle Leyendeckerstraße in Köln-Ehrenfeld.

Ein Graffito der FC-Ultra-Gruppierung Coloniacs prangt an der KVB-Haltestelle Leyendeckerstraße in Köln-Ehrenfeld.

Laut Kriminalitätsstatistik wird das Graffiti-Problem in Köln kleiner. Warum der Eindruck täuscht und was Hausbesitzer tun sollten.

Die Haltestelle Leyendeckerstraße in Ehrenfeld etwa: Für Stephan Anemüller, Pressesprecher der KVB, ist sie ein „besonders ärgerliches Beispiel“ für das Graffiti-Problem in Köln. Ein großflächiges Wandkunstwerk der Künstlerin Ulrike Utaz ziert die unterirdische Haltestelle. Doch immer wieder wird das Kunstwerk Ziel von Schmierereien. Auch Anfang Oktober prangen über den Piktogrammen der Künstlerin Schriftzüge der „Coloniacs“, einer Ultra-Gruppierung von Fans des 1. FC Köln.

Ein oberflächlicher Blick auf die Zahlen der Kölner Polizei lässt eigentlich vermuten, dass das Graffiti-Problem im vergangenen Jahr kleiner geworden ist: Um rund 20 Prozent auf 1625 Anzeigen sind die Fallzahlen von Sachbeschädigung durch Graffiti 2022 laut Kriminalitätsstatistik zurückgegangen. Doch dieser Eindruck, so sagt es auch Anemüller, täuscht. „Was Graffitis angeht, bemerken wir keinerlei Unterschiede.“

800.000 Euro jährlich für Graffiti-Reinigung an Gebäuden der Stadt Köln

Das bestätigt auch die Stadt. Bei der Kölner-Anti-Spray-Aktion (KASA), einem Zusammenschluss unter anderem der Stadt Köln, der Polizei und der KVB, können Graffiti an Gebäuden und anderen Objekten der Stadt gemeldet werden. Nachdem die Anzeigen bei der KASA im Jahr 2021 tatsächlich zurückgegangen waren, stiegen sie im Jahr 2022 mit rund 400 Anzeigen wieder auf das Niveau der Jahre vor Corona an. 800.000 Euro gibt die Stadt jährlich aus, um Graffiti von ihren Gebäuden entfernen zu lassen.

Sowohl die Stadt als auch die Polizei vermuten hinter den sinkenden Zahlen in der Kriminalitätsstatistik eine gewisse Meldemüdigkeit: Während die Stadt alle Graffiti-Schäden an ihren Gebäuden bei der KASA erfasst und bei der Polizei anzeigt, tun dies Privatpersonen inzwischen seltener.

Geringe Aufklärungsquote bei Graffiti in Köln

Diesen Eindruck hat auch Thomas Tewes vom Kölner Haus- und Grundbesitzverein, der ebenfalls Mitglied bei der KASA ist. „Wenn Sie ein Graffiti anzeigen, kriegen Sie in aller Regel ein paar Monate später ein Schreiben mit der Mittelung, dass das Verfahren eingestellt wurde.“ Tatsächlich liegt die Aufklärungsquote für Graffiti bei nur rund zehn Prozent.

„Das Problem ist jedenfalls nicht kleiner geworden“, so Tewes. „Das sieht jeder, der mit offenen Augen durch die Stadt läuft.“ Er appelliert an Haus- und Wohnungsbesitzer, Schäden anzuzeigen, auch wenn die Chancen auf Aufklärung nicht besonders groß seien. „Die Anzeige ist wichtig, um das Bewusstsein für das Problem zu schärfen.“ In der Tendenz gehen die Anzeigen wegen Graffiti dieses Jahr laut Kölner Polizei tatsächlich wieder hoch. Bis August zählten die Beamten bereits rund 1200 Anzeigen. 

Außerdem rät Tewes dazu, Graffiti schnellstmöglich zu entfernen, nachdem der Schaden dokumentiert und angezeigt wurde. Denn: „Graffitis ziehen weitere Graffitis an.“ Bei regelmäßigen Verschmutzungen sei es zudem ratsam, über eine Prophylaxe-Schicht auf der Hauswand oder Bewegungsmelder nachzudenken. Tewes betont: „Wir haben nichts gegen Graffitis an sich. Aber wir sind gegen wilde Schmierereien an Hauswänden.“

So sehen das auch viele Ehrenfelder unweit der Leyendeckerstraße. Axel Stadtländer, Geschäftsführer der Bunt-Buchhandlung auf der Venloer Straße, bringt auf den Punkt, was viele dort denken: „Ich will kein gelecktes Viertel haben. Graffitis gehören zum urbanen Raum dazu und sind teilweise große Kunst“, findet er. Auf die Schmierereien, die auch auf der Hauswand seiner Buchhandlung immer wieder auftauchen, kann er aber verzichten: „Für mich ist das wie herumliegender Müll.“

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