Neuer TiefstandStadt Köln bewilligt nur 531 neue Sozialwohnungen mit niedrigen Mieten

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Zu sehen sind mehrere Hochhäuser in einer Reihe.

Wohnhäuser am Liverpooler Platz und Umgebung in Köln-Chorweiler. (Symbolfoto)

Bis zum Jahr 2033 fallen 20.499 Wohnungen aus der Bindung und gehen auf den freien Markt. Der Neubau gleicht das nicht annähernd aus.

Wohnraum mit vergleichsweise niedrigen Mieten wird in den kommenden Jahren in Köln zu einem noch rareren Gut werden als ohnehin schon, da die Zahl öffentlich geförderter Wohnungen weiter drastisch abnimmt. Allein in diesem Jahr fallen 1210 Wohnungen aus der Mietpreisbindung und gehen auf den freien Markt, im kommenden Jahr sind es 4548 und bis zum Jahr 2033 insgesamt 20.499. Dem gegenüber steht eine deutlich geringere Zahl an Förderzusagen für den Bau neuer Sozialwohnungen. 

Stadt Köln verkündet neuen Tiefstand bei geförderten Wohnungen

Die Stadt Köln hat am Dienstag einen neuen Tiefstand verkündet. Im vergangenen Jahr hat die Verwaltung lediglich 531 Förderbescheide erteilt - so wenige wie seit elf Jahren nicht. Oberbürgermeisterin Henriette Reker hatte 1000 Förderbescheide pro Jahr als Ziel ausgerufen. Nach dem Rekord von 1327 positiven Förderbescheiden für geförderte Wohnungen im Jahr 2022 bedeutet die aktuelle Entwicklung einen tiefen Fall. Hinzu kommt, dass die 531 neuen Wohnungen noch gar nicht existieren. 

Sozialdezernent Harald Rau war am Dienstag darum bemüht, der Zahl dennoch etwas Positives abzugewinnen. „Vor dem Hintergrund der stark gestiegenen Baukosten und dem weiterhin angespannten Wohnungsmarkt in Köln sind die Zahlen ein Erfolg“, sagte er. Im Bereich der Förderung von Eigentumsmaßnahmen habe es eine „deutliche Verbesserung“ gegeben, da die Darlehenskonditionen neu und attraktiver gestaltet worden seien. Während in den Vorjahren die Antragszahlen einstellig gewesen seien, habe die Stadt im vergangenen Jahr 34 Neuanträge erhalten.

Hohe Baukosten und Zinswende Gründe für stockenden Wohnungsbau

Die Stadt Köln nennt die Zinswende, die Baukostenentwicklung, die Entwicklung der Energiepreise und den Fachkräftemangel als vermutliche Gründe für den Rückgang an Förderanträgen. Für die Zukunft zeichnet das Sozialdezernat ein düsteres Bild. Der bisherige Bestand an öffentlich geförderten Wohnungen werde nur dann zu halten sein, wenn zukünftig pro Jahr durchschnittlich mehr als 2000 öffentlich geförderte Wohnungen fertiggestellt würden. Eine Zahl, die mit den derzeitig bewilligten Förderbescheiden wohl nicht zu erreichen ist.

Dass in der schwindenden Zahl öffentlich geförderter Wohnungen gesellschaftliche Sprengkraft liegt, wird daran deutlich, dass in Köln fast die Hälfte aller Haushalte Anspruch auf einen Wohnberechtigungsschein und somit auf eine öffentlich geförderte Wohnung hätte.

„Wir befinden uns in einer extrem schwierigen Gemengelage“, sagt der Ökonom Matthias Günther, Leiter des Pestel-Instituts, das regelmäßig Studien zum sozialen Wohnen anfertigt. Seiner Einschätzung nach gebe es kaum noch Bauherren, für die der öffentlich geförderte Wohnraum interessant sei.

Experte sieht als Lösung mehr Wohnraum im öffentlichen Eigentum

Mischprojekte, bei denen in einem Gebäudekomplex frei finanzierte und öffentlich geförderte Wohnungen entstehen, sieht Günther kritisch. Diese Quersubventionierung funktioniere nicht mehr. Selbst für Genossenschaften und kommunale Wohnungsunternehmen sei das angesichts gestiegener Baukosten und Bauzinsen kaum noch machbar.

„Die Investitionen aus den vergangenen Jahren drücken auf das Eigenkapital, das man trotz der Förderung für den Bau benötigt“, sagt Günther. Gleichzeitig bleiben die Grundstückspreise gerade in Städten wie Köln unverändert hoch. Es komme hinzu, dass man diese in der Bilanz nicht abschreiben könne und deshalb immer weiter vor sich herschiebe.

„Um das Problem zu lösen, benötigen wir mittelfristig mehr Wohnraum im öffentlichen Eigentum“, sagt Günther. Die öffentliche Hand gewinne nur dann eine gewisse Kontrolle darüber, eine bestimmte Anzahl von Wohnungen mit vergleichsweise günstigen Mieten sicherzustellen.

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