Kölner AntoniterquartierEin Blick in die älteste Bibliothek Deutschlands

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Archäologische Funde aus 2000 Jahren Kölner Stadtgeschichte 

Köln – Es war eine archäologische Sensation, als Wissenschaftler beim Bau des innerstädtischen Antoniterquartiers Mitte 2017 die Überreste einer römischen Bibliothek nur wenige Meter unter der Erde fanden. Der etwa 20 Meter breite und zehn Meter lange Bau gilt als die größte antike Bibliothek nördlich der Alpen und als älteste Bibliothek Deutschlands und soll nun in das neue Gebäude neben der Antoniterkirche integriert werden.

Bis der Neubau im Frühjahr des kommenden Jahres eröffnet wird, können Besucher der Kirche an der Schildergasse einige Fundstücke der Ausgrabungen besichtigen. In einem Nebenraum sind unter anderem Keramikscherben und Säulenreste aus der Umgebung des Fundaments der Bibliothek zu sehen. „Dort muss schon vor der Bibliothek etwas gewesen sein“, erklärt Dirk Schmitz vom Amt für Bodendenkmalpflege. Der Wissenschaftler leitete die Ausgrabungen und identifizierte die Mauerreste als Überbleibsel einer römischen Bibliothek aus der Mitte des zweiten Jahrhunderts nach Christus.

Fundament kann mit heutigen mithalten

Erstaunt war Schmitz auch über das Fundament des Gebäudes, das an einigen Stellen mehr als drei Meter tief in die Erde reicht. Es besteht aus Zement und kleingeschlagenem Basaltgestein, einem extrem festen Material. Heutige Untersuchungen hätten ergeben, dass das Fundament in etwa so fest und tragfähig ist wie moderne Varianten aus Beton, so Schmitz.

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Bis der Neubau im Frühjahr des kommenden Jahres eröffnet wird, können Besucher der Kirche an der Schildergasse einige Fundstücke der Ausgrabungen besichtigen.

Die Grabungen brachten auch neue Erkenntnisse über die Kölner Siedlungsgeschichte zu Tage. So fanden Archäologen in der Baugrube Töpferöfen und Spuren einer Lehmgrube aus dem ersten Jahrzehnt nach Christus, die später zugeschüttet wurde. Üblicherweise siedelten die Römer nicht direkt um diese Bauten herum, sodass sich neue Fragen rund um die ersten Jahrhunderte nach der Stadtgründung ergeben.

Ein besonderes Fundstück stammt aus dem Mittelalter und gehörte wohl zur Ausstattung der ersten Kirche auf dem Gelände der Antoniter. Im Jahr 1260 errichtete ein christlicher Orden, von den Kölnern wegen ihrer Kutten nur „Sackbrüder“ genannt“, das erste Gotteshaus an dieser Stelle. Aus jenem Bau stammt ein mittelalterliches Weihwasserbecken, das nun in der evangelischen Kirche ausgestellt ist. Dieses katholische Relikt sei „eine Erinnerung an den Ursprung der Religion“, so Markus Herzberg, Pfarrer der Antoniterkirche.

Mauerreste werden in in neues Gebäude integriert

Kirche und Stadt wollen die historischen Funde für die Öffentlichkeit erhalten. Trotzdem soll nicht die gesamte Ausgrabungsstätte zu einem Museum werden. Stattdessen plant die Evangelische Gemeinde, die Mauerreste der Bibliothek zu einem Teil des Untergeschosses im neuen Gebäude zu machen. Abgegrenzt vom Rest des Baus und mit spezieller Beleuchtung versehen, soll der Fundort für Besucher von kircheneigenen Führungen zugänglich sein. Die Kosten für die geänderten Baupläne übersteigen allerdings das Budget der Kirche, sodass Pfarrer Herzberg die Kölner um Spenden bittet. Er hoffe auf 200.000 Euro, um damit diesen Teil der Stadtgeschichte zu erhalten.

Weitere Informationen unter www.antonitercitykirche.de. Interessierte können die ausgestellten Fundstücke zu den Öffnungszeiten der Kirche besichtigen. (tse)

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