Polizei-Einsatz in KölnFestgenommener will „Todesangst“ gehabt haben

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Polizei in Köln

Nach einem konfliktreichen Polizei-Einsatz in der Kölner Innenstadt stützt die Staatsanwältin der Verhalten der Polizei. 

Köln  – Im Berufungsprozess gegen einen jungen Mann, dem Widerstand gegen Polizeibeamte, Körperverletzung, Beleidigung und falsche Verdächtigung zur Last gelegt werden, hat Staatsanwältin Jane Wolf am Mittwoch 500 Euro Geldstrafe zur Bewährung gefordert.

Bis auf den Vorwurf der falschen Verdächtigung hält es Wolf für erwiesen, dass der Mann sich am 3. Juli 2016, als er in Köln den Christopher Street Day (CSD) mitfeierte, strafbar gemacht hat.

Gericht sprach Angeklagten bereits frei 

Zugute hält sie ihm, dass er an einer „emotional instabilen Persönlichkeitsstörung des Borderline-Typs“ leide und unter dem Einfluss von Rauschmitteln gestanden habe; seine „Steuerungsfähigkeit“ sei „erheblich beeinträchtigt“ gewesen. Verteidiger Jürgen Sauren beantragte, die Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts Köln, das den Mann freigesprochen hatte, zu verwerfen.

Alles zum Thema Christopher Street Day

An jenem Tag hatte die Leiterin der McDonald’s-Filiale an der Marzellenstraße die Polizei gerufen, weil vor den Toiletten ein Streit eskaliert war. Ihrer Aussage zufolge hatte sich der Angeklagte, der beteiligt gewesen sei, geweigert, der Aufforderung zu folgen, das Lokal zu verlassen, und sie als „Scheißausländerin“ beschimpft.

Unstimmigkeiten über Verhalten der Kölner Polizei

Darüber, was nach dem Eintreffen der Polizei geschah, herrscht Uneinigkeit. Wolf sagte, ein Kommissar habe richtig gehandelt, als er Gewalt anwandte, „um das Hausrecht durchzusetzen“. Für angemessen hält sie es, dass mehrere Polizisten den gefesselten Mann, der geschrien und sich gewehrt habe, zu einem Streifenwagen „bugsierten“, vor dem sie ihn „wahrscheinlich nicht sehr sanft abgelegt“ hätten.

Obwohl der Mann in dem Moment keine Gegenwehr geleistet habe, habe ihn ein Kommissar geschlagen und getreten, räumte die Staatsanwältin ein. Auf der Fahrt ins Präsidium habe der Mann die Beamten bespuckt und sie unter anderem als „Nazis“ beleidigt. Fest steht, dass ihm später entgegen den Vorschriften Blut entnommen wurde.

Zwar sei der junge Mann „in einem kleinen Teilbereich Opfer geworden“, sagte Wolf, doch er sehe sich „ausschließlich als Opfer“. Dies führe sie „vor allem auf seine psychische Erkrankung zurück“.

Festgenommener will „Todesangst“ gehabt haben

„Als ich die Staatsanwältin gehört habe, ist mit die Spucke weggeblieben“, sagte der Angeklagte zum Schluss. Sein Verteidiger hatte zuvor kritisiert, das Verhalten der Polizei sei skandalös: Die Beamten seien auf den „Erstbesten“ losgestürmt und hätten seinem Mandanten „eine gescheuert“, obwohl er bloß eine „wegwischende Bewegung“ gemacht habe.

Die „massive Gewalt“ vor dem Auto habe in seinem Mandanten „Todesangst“ ausgelöst, auch im Wagen sei er brutal behandelt worden. Der Polizei schrieb Sauren ins Stammbuch: „Wenn Macht im Spiel ist, gibt es auch Missbrauch.“ Die Staatsanwaltschaft habe hier „ein Auge zugedrückt“. Das Urteil soll am 5. April verkündet werden.

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