Heinz-Mohnen-Platz in KölnNazi-Akte zu Kölns Ex-Oberstadtdirektor entdeckt

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Der Heinz-Mohnen-Platz

  • Historiker untersuchen, welche Rolle Heinz Mohnen in der NS-Zeit gespielt hat.
  • Klar ist, dass der spätere Oberstadtdirektor Mitglied des NSDAP und der Kampforganisation SA war.
  • Dennoch wurde nach ihm ein Platz auf dem ehemaligen Gelände des Sülzer Kinderheims benannt.

Köln-Sülz – Historiker des NS-Dokumentationszentrums gehen der Frage nach, welche Rolle der ehemalige Oberstadtdirektor Heinz Mohnen (SPD) in den Jahren des Nazi-Regimes einnahm. Aus Unterlagen des Landesarchivs in Duisburg geht hervor, dass der Jurist, nach dem ein Platz in Sülz benannt ist, von Juli 1933 bis August 1935 Mitglied der Kampforganisation SA war. Im Mai 1937 trat Mohnen dann in die NSDAP ein. War Mohnen, der spätere Chef der Stadtverwaltung, Mitläufer wie so viele?

Ging seine Unterstützung Hitlers über die Parteimitgliedschaft hinaus, über die der „Express“ am Dienstag berichtete? Das Ergebnis der Untersuchung dient der Stadt als Entscheidungsgrundlage, ob der Heinz-Mohnen-Platz seinen Namen behalten darf oder verlieren wird.

Heinz Mohnen

Heinz Mohnen

Es war ein Beschluss, mit dem die Bezirkspolitiker in Lindenthal der Witwe und der Tochter des früheren Oberstadtdirektors Heinz Mohnen (1914-2005) einen Gefallen erweisen wollten. Der zentrale Platz auf dem zu einem Wohnquartier umgebauten ehemaligen Kinderheim nahe der Neuenhöfer Allee soll den Namen des ehemaligen Verwaltungschef bekommen, hieß es im Januar 2011.

Entscheidung zum Heinz-Mohnen-Platz in Köln übereilt

Es habe damals „Anregungen aus dem Familienkreis“ gegeben, Mohnen auf diese Weise zu ehren, teilte das Presseamt mit. Im Nachhinein erscheint die Entscheidung der Bezirksvertretung jedoch als übereilt, wenn nicht fahrlässig und zweifelhaft.

Denn die Verwaltung hatte den Bezirksvertreter zwei andere Namensgeber zur Auswahl vorgeschlagen: Hermann Gmeiner, den Gründer der SOS Kinderdörfer, sowie Käthe Flöck, deren Stiftung Kinder und Jugendliche fördert.

Beide Persönlichkeit hätten einen Bezug zu der Örtlichkeit gehabt. Und in beiden Fällen hatte die Verwaltung beim NS-Dok und dem Bundesarchiv in Berlin nachgefragt, ob es Erkenntnisse gibt, die gegen eine solche Ehrung sprechen.

Dokumenmte aus der NS-Zeit

Dokumenmte aus der NS-Zeit

Die Bezirksvertretung folgte keinem der Vorschläge. Auf Antrag der CDU entschied man sich für den Ex-Spitzenbeamten Mohnen. Dem Protokoll zufolge wies Bezirksbürgermeisterin Helga Blömer-Frerker (CDU) „ergänzend darauf hin, dass im Bezirk eine interne Prioritätenliste für künftige Straßenbenennungen existiert.

Danach sollte vordringlich Herrn Mohnen als ehemaligem Oberstadtdirektor eine repräsentative Straße oder ein entsprechender Platz vorbehalten sein.“ Einzig die Grünen stimmten gegen den Antrag. Sie hätten sich Käthe Flöck als Namenspatronin gewünscht.

NSDAP-Mitgliedschaft „erst einmal kein Grund, Heinz-Mohnen-Platz umzubenennen“

Dokument aus der NS-Zeit

Dokument aus der NS-Zeit

Auf den Gedanken, sich beim NS-Dok über eine mögliche NS-Vergangenheit Mohnens zu erkundigen, kamen die Politiker offenbar nicht. Dabei ist eine solche Überprüfung üblich, bevor eine Straße benannt wird. Im Fall von „Personen von überregionaler Bedeutung“ schreiben die städtischen Richtlinien sogar vor, dass „deren Geschichtsbild abgeklärt ist“.

„Allein die Mitgliedschaft in der NSDAP oder in der SA reichen nicht als Ausschlusskriterium, denn das würde alle Nicht-Mitglieder automatisch freisprechen“, sagt die stellvertretende Direktorin des NS-Dok, Karola Fings. Es sei jedoch ein „Indiz für eine gewisse Nähe zum NS-Regime“. Ausschlaggebend sei das Gesamtbild der Person. Die Bewertung erfolge heutzutage anders als vor 30, 40 Jahren, als man „eine NSDAP-Mitgliedschaft als Kavaliersdelikt behandelt habe“, betont Fings.

Die Fraktionsvorsitzende der Lindenthaler CDU, Marliese Berthmann, hält die Mitgliedschaft in der NSDAP für sich genommen „erst einmal nicht für einen Grund, den Heinz-Mohnen-Platz umzubenennen“. Gleichwohl müsse die Entscheidung aufgrund der Information „zumindest überdacht“ werden.

Vor seinem Wechsel an die Spitze der Stadtverwaltung war Mohnen Präsident des Amtsgericht. 1959 wandte er sich in einer Immobiliensache an die Verwaltung, die für die Bewertung seiner Persönlichkeit ebenfalls von Interesse sein könnte. Mohnen bekundete die Absicht, jene Villa in Braunsfeld zu kaufen, in welcher der Kölner NSDAP-Chef und Gauleiter Josef Grohé samt seiner Familie bis zu seiner Flucht im April 1945 residiert hatte.

Am 9. März 1960 wurde der Kaufvertrag unterschrieben. Für die Pflege des Gartens, so erinnert sich ein ehemaliger leitender Verwaltungsbeamter, habe Mohnen später regelmäßig städtische Bedienstete antreten lassen. Bereits vor Bekanntwerden der Mitgliedschaft Mohnens in der NSDAP hatten ehemalige Heimkinder den Beschluss der Lindenthaler Politiker kritisiert.

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In seiner Amtszeit von 1965 bis 1977 hatte Mohnen als Oberstadtdirektor die Dienstaufsicht über das Kinderheim. Eine vor einigen Jahren veröffentlich Chronik mit Zeugenschilderungen lässt erahnen, wie viel Gewalt und Erniedrigungen die jungen Bewohner ertragen mussten.

Aus den 1960-Jahren ist ein an Mohnen gerichteter Beschwerdebrief der Mutter eines Heimbewohners überliefert, in dem sie von einer als Lehrerin tätigen Nonne berichtete, die den Kindern mit einer Schere gedroht haben soll.

Mohnen antwortete der Frau in barschen Tonfall: „Abgesehen davon, dass der Wert von Kinderaussagen grundsätzlich sehr zweifelhaft ist... erwarte ich daher, dass Sie sich bei der Schwester in geeigneter Weise entschuldigen.“ Peter Halberkann, von dessen Mutter der Brief stammte, sagte anlässlich einer Veranstaltung auf dem Gelände: „Dass dieser Platz, auf dem wir heute stehen, Heinz-Mohnen-Platz heißt, also nach einem Mann benannt ist, der Heimkindern ihre Glaubwürdigkeit aberkannt hat, erscheint mir als Ehemaligem recht sinnfrei.“ Dem Wunsch früherer Heimkinder, den Ort in Platz der Kinderrechte umzubenennen, wollten die Bezirkspolitiker nicht nachkommen. Ihr Entgegenkommen bestand darin, zumindest eine kleine Fläche am Rand umzutaufen.

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