Mehr Sicherheit, weniger ZeitSo reagieren Besucher und Schausteller auf der Kirmes

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Kirmes abends

Blick auf die Besucher der Deutzer Kirmes am Freitagabend

  • Mitte der Woche musste die Kirmes aus Sorge vor einer Massenpanik früher geschlossen werden.
  • Die Stadt hat in Folge dessen reagiert: Mehr Polizei und Sicherheitskräfte sind vor Ort, die Kirmes wurde täglich um eine Stunde verkürzt.
  • Wie ist die Stimmung? Wirken die Maßnahmen? Was sagen Besucher und Schausteller?
  • Wir haben uns am Freitagabend umgesehen und umgehört.

Köln – Freitagabend, 20 Uhr, junge Frauen und Männer drängen mit Zuckerwatte, Lebkuchenherzen und Kuscheltieren auf dem Arm zwischen den Fahrgeschäften die Gassen auf der Deutzer Kirmes entlang. Immer wieder kreuzen sich Laufwege mit Anstehschlangen. Die Lage ist überschaubar, die Stimmung entspannt.

„Es ist wesentlich ruhiger und es sind deutlich weniger Menschen unterwegs als am Mittwoch“ so die Polizei, die an diesem Tag vorsorglich mit erhöhter Präsenz vor Ort aktiv ist. Auch das private Sicherheitspersonal der Kirmes ist aufgestockt worden. An jedem Fahrgeschäft sei nun zusätzlich Security im Einsatz, berichtet ein Schausteller.

Was war passiert? Am Mittwochabend musste die Kirmes aus Sorge vor einer Massenpanik früher als geplant, beendet werden. Am traditionell vergünstigten Familientag hatten sich zu viele Besucher auf dem Rummel aufgehalten. Die Polizei hatte den Platz vorsorglich geräumt. Außerhalb des Schauplatzes kam es daraufhin zu Rangeleien und Schubsereien. Ein 23-Jähriger und eine Polizeibeamtin wurden leicht verletzt.

„Nochmal will ich das nicht erleben“

Diana, 16, die erneut am Freitag mit ihrer Freundin auf der Kirmes unterwegs ist, berichtet von dem Abend „Es ist so voll gewesen, ich habe mich richtig unwohl gefühlt, genau hier, beim Apollo 13. Ich habe bestimmt 10 Minuten für die paar Meter daran vorbei gebraucht. Und war dann auf keinem einzigen Fahrgeschäft mehr – nochmal will ich das nicht erleben.“

„Eine Katastrophe“ sei das gewesen, berichtet auch eine junge Mutter, die mit ihrem Kinderwagen vor einem Münzschieber Automaten wartet. „Ich hatte richtig Angst. Mit meinen vier Kindern bin ich in der Masse eingekesselt worden.“ „Dann habe ich gesehen, wie die Polizei hinter Jugendlichen hergerannt ist“, ergänzt ihr Mann Vahit Celik. Schlimm sei das gewesen.

Familie Kirmes

Vahit, Vanessa und Cem Celik

Trotz dieser einmalig schlechten Erfahrung will die Familie auch in Zukunft auf keinen Fall auf „ihre“ Kirmes verzichten. Ebenso wie viele Jugendliche. „Wir kommen immer hier her zum Trinken und zum Spaß haben und um das schöne Wetter zu genießen“, erzählt Simon, 18 Jahre alt, der mit seinen Freunden mehrmals die Woche von Bergheim nach Köln auf die Kirmes fährt.

Doch heute lohnt es sich für sie und andere Besucher weniger als sonst. Als Reaktion auf die Vorkommnisse am Mittwoch hat die Stadt vorsorglich beschlossen, die Kirmes regulär eine Stunde früher als sonst zu beenden.

Nieten vor Losstand

Nieten vor einem Losstand

Nun geht bereits um 20.31 Uhr die Musik auf dem Platz aus. Aus den Fahrgeschäften hört man nur noch vereinzelt Adrenalinschreie. Eine halbe Stunde riecht es noch nach Bratwurst und gebrannten Mandeln. Dann gehen auch die regenbogenfarbenen Lichter aus. Auf dem Boden ein Meer von pinken Nieten einer Losbude.

Verärgerung über früheres Kirmesende

„Ich bin enttäuscht! Es ist doch Freitagabend“, ärgert sich Besucherin Ann-Sophie, „Ich wollte noch Autoscooter fahren.“ Die 24-Jährige hat nichts von der Aktion am Mittwoch mitbekommen. „Ich habe mich hier heute sehr sicher und wohl gefühlt und wäre gerne länger geblieben.“

Auch andere Besucher zeigen sich verärgert über das vorzeitige Kirmesende. „Klar, habe ich Verständnis für die Anwohner. So viele Besucher, wie am Mittwoch, das war schon grenzwertig. Aber, dass deshalb die Kirmes eine Stunde früher zu macht, finde ich nicht gut. Wir wurden davon total überrascht.“ sagt Ercan, ein Familienvater.

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Auf Facebook und anderen Kanälen sei die Maßnahme rechtzeitig angekündigt worden, entgegnet ein Ordnungsbeamter. Trotzdem müsse er auch bei den Schaustellern dazu viele kritische Fragen beantworten.

Schausteller hoffen auf Gespräche mit der Stadt

Punkt 21 Uhr. Es wird dunkel auf dem Platz. Willi Krameyer und seine Kollegen beginnen nun eine Stunde früher als sonst damit, die Wurf- und Wurstbuden zu reinigen. Der Sprecher der Schausteller zeigt sich sichtlich enttäuscht. „Es ist bitter, dass uns eine ganze Verkaufsstunde fehlt. Wir halten uns natürlich an die Regel. Aber wir sehen keinen Sinn darin, früher zu schließen, wenn doch alles ruhig verläuft.“

Sprecher der Schausteller

Willi Krameyer, Sprecher der Gesellschaft Kölner Schausteller

Zwei Jahre lang habe man das Berufsverbot ausgehalten und jetzt sei den Schaustellern wegen einer „Schlägerei“ ein weiterer harter Dämpfer verpasst worden. „Wir hoffen wirklich sehr auf konstruktive Gespräche mit der Stadt und den Anwohnern, dass wir wenigstens eine halbe Stunde dazu bekommen. Denn langsam sind wir auch an dem Punkt, wo uns das Geld ausgeht. Wir machen das hier ja nicht aus Spaß, sondern um unsere Familien zu ernähren.“

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