Die Milliarden-Investition von Microsoft zeigt, wie der Strukturwandel in der Region gelingen kann. Die Landesregierung sollte aber nachlegen.
Kommentar zu MilliardeninvestitionMicrosoft liefert eine Vision für die Region frei Haus
Nimmt der Strukturwandel im Rheinischen Revier nun an Fahrt auf? Vor rund zwei Wochen erst hatte die nordrhein-westfälische Kommunalministerin Ina Scharrenbach (CDU) verkündet, dass im Braunkohlekraftwerk Frimmersdorf „aus der Maschinenhalle eine Denkfabrik“ wird. Unter anderem soll dort ein Innovations- und Bildungscampus für IT-Sicherheit der öffentlichen Verwaltung entstehen, vom Bund sollen 65 Millionen Euro Fördermittel zur Verfügung gestellt werden.
Dieser Betrag mutet geradezu mickrig an gegenüber dem, was Bundeskanzler Olaf Scholz gemeinsam mit dem Präsidenten von Microsoft, Brad Smith, in Berlin und NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst in Düsseldorf verkündeten: Der US-amerikanische Tech-Gigant Microsoft plant für 3,2 Milliarden Euro zwei riesige Rechenzentren, sogenannte Hyperscaler, in den Revierkommunen Bergheim und Bedburg zu bauen. Bereits 2026 sollen sie in Betrieb gehen, also rund vier Jahre, bevor auch die letzten Mitarbeiter der Braunkohlekraftwerke aufgrund des vereinbarten Ausstiegs aus dem fossilen Brennstoff ihre Jobs verlieren.
Zwar werden in diesen Rechenzentren unmittelbar weit weniger Menschen Beschäftigung finden als derzeit in der Kohleindustrie. Derzeit ist von rund 300 Jobs die Rede. Doch die Ansiedlung von Microsoft könnte nun eine lang ersehnte Sog-Wirkung entfalten.
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Wie auch die von Ina Scharrenbach kürzlich angekündigte „Denkfabrik“ waren die meisten Pläne für das Rheinische Revier bislang viel zu unkonkret. Es war viel von Innovationsparks oder anderen nett klingenden Schlagworten die Rede. Doch am Ende konnten weder Bundes- noch Landesregierung bis heute konkret darlegen, wie genau der Wegfall von Tausenden Arbeitsplätzen und enormer Wertschöpfung in der Region kompensiert werden kann.
Die Ansiedlung von Microsoft könnte dies nun grundlegend verändern. Laut Unternehmensangaben sind die sogenannten Hyperscaler in der Lage, mehr als 100 Millionen Menschen mit Rechen- und Speicherkapazität zu versorgen. In der Nähe von solchen Rechenzentren siedeln sich daher in sogenannten Digitalparks gerne Unternehmen an, die auf Datengeschwindigkeit angewiesen sind – von innovativen Start-ups für Softwareanwendungen bis hin zu Weltmarktführern aus der Industrie 4.0. Insbesondere in der jetzigen Phase, in der die Weiterentwicklung beispielsweise der – sehr datenintensiven – Künstlichen Intelligenz einen riesigen Boom erlebt, gibt es vermutlich keinen besseren Zeitpunkt für die Ankunft von Microsoft.
Weitere Flächen entwickeln und Bürokratie abbauen
Nun liegt es insbesondere an der Landesregierung, diese Chance auch wirklich zu nutzen. Der Magnet Microsoft wird nur seinen Sog entfalten können, wenn für alle anderen Unternehmen, die sich rundherum ansiedeln wollen, möglichst perfekte Bedingungen herrschen. Diese in enger Zusammenarbeit mit den Kommunen herzustellen, muss in Düsseldorf höchste Priorität eingeräumt werden. Und dabei darf nicht darauf gewartet werden, dass Firmen von sich aus auf die Idee kommen, im Revier etwas aufzubauen. Schwarz-Grün muss aktiv werden, Akquise betreiben, Bürokratie abbauen, Flächen entwickeln und so jedem Unternehmen das Gefühl vermitteln, dass es etwas verpasst, wenn es nicht dabei ist.
Bislang ließ es die Politik an einer konsistenten Vision für die Region vermissen. Der Tech-Gigant liefert diese Vision jetzt im Grunde frei Haus. Das Rheinische Revier als Mittelpunkt der digitalen Infrastruktur in NRW, wenn nicht sogar in Deutschland. Damit bekäme der Begriff des Innovationsparks nun endlich auch eine konkrete Bedeutung.