GastbeitragWarum Impfen das Beste ist – für die Einzelnen und die Gesellschaft

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Werbung für die Booster-Impfung in einem Impfzelt in Bielefeld.

Köln – Die Zahlen der Corona-Infektionen steigen rapide an, und es müsste viel mehr geimpft werden, da die Impfrate in Deutschland zu niedrig ist. Das sind die Nachrichten und Forderungen, die derzeit täglich zu vernehmen sind.

Andererseits fühlen sich viele Menschen verunsichert durch Berichte über Infektionen trotz vorangegangener Impfung und über Impfdurchbrüche bei zweifach oder sogar bei dreifach Geimpften. Lohnt es sich angesichts solcher Informationen überhaupt, sich impfen zu lassen?

Wissenschaftliche Meisterleistung

Die Erwartungen an die Impfung, für die mit einer unvergleichlichen wissenschaftlich-technische Meisterleistung im Rekordtempo Impfstoffe entwickelt und hergestellt wurden, waren angesichts der Pandemie- Situation sehr hoch, vielleicht manchmal auch zu hoch. So zeigte sich rasch, dass mit der Impfung die Übertragung des Coronavirus nicht sicher verhindert werden kann, insbesondere seitdem die besonders ansteckende Delta-Variante das Infektionsgeschehen beherrscht. Eine vollständig geimpfte Person kann sich sowohl selbst anstecken als auch das Virus wieder auf andere Personen übertragen.

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Allerdings – und das ist entscheidend – besteht ein deutlicher Unterschied in der Häufigkeit der Übertragung für Ungeimpfte und Geimpfte. Nach einer Analyse aus der britischen REACT-Studie beträgt die Effektivität der Impfung hinsichtlich einer Übertragung auf andere aktuell 49 Prozent. Das heißt, ein Geimpfter überträgt das Virus nur halb so oft wie ein Ungeimpfter, auch unter den Bedingungen einer vollkommenen Vorherrschaft der Delta-Variante.

Erheblich positiver Effekt

Es gibt also, was die Verringerung von Übertragungen betrifft, sehr wohl einen erheblichen positiven Effekt – sowohl aus individueller als auch aus gesamtgesellschaftlicher Sicht. In einer vollständig geimpften Bevölkerung würde die Rate der Neuinfektionen immer weiter zurückgehen.

Zu beobachten ist diese Entwicklung in Ländern mit sehr hohen Impfraten wie zum Beispiel Portugal: Hier sind aktuell 87 Prozent der Bevölkerung vollständig geimpft. die Siebentage-Inzidenz der Neuinfektionen liegt bei knapp unter 100. Zum Vergleich: In Deutschland liegt die aktuelle Impfrate bei 67,5 Prozent, der Inzidenz-Wert bei mehr als 300, in einigen Regionen gar mehr als 1000.

Risiko der Erkrankung sinkt

Leider besteht aber auch für vollständig Geimpfte neben der Infektionsgefahr noch ein weiteres Risiko: Sie können auch an Covid-19 erkranken. Wird also das hauptsächliche Ziel der Impfung, der Schutz vor schwerer Erkrankung, gar nicht erreicht?

Auch hier muss man genauer hinschauen. Nachdem Israel als erstes Land die RNA-Impfung bevölkerungsweit eingeführt hatte, stellte man rasch fest, dass das Risiko symptomatischer Erkrankungen durch die Impfung um 57 Prozent reduziert wurde. Der Schutz war also klar vorhanden, aber bei weitem nicht vollständig. Schwere Krankheitsverläufe und Sterbefälle wurden durch die Impfung zwar zu einem noch höheren Anteil verhindert, aber auch hier nicht zu 100 Prozent.

Die Booster-Impfung schützt

In den folgenden Monaten stellte sich dann heraus, dass die Schutzwirkung in der Bevölkerung kontinuierlich nachließ, was die Empfehlung einer dritten Impfung (Boosterimpfung) zur Folge hatte. Eine ganz aktuelle Studie aus Israel zeigt, dass dieser Booster die Wirkung der Impfung drastisch steigert. Die Effektivität für die Verhinderung schwerer Erkrankungen wurde mit 92 Prozent bestimmt.

In den Alltag übersetzt bedeutet dies, dass jede Person, die dreimal geimpft wurde, einen sehr großen Schutz vor Covid-19 hat. Aber auch 92 Prozent sind eben keine 100 Prozent. Covid-19-Erkrankungen – in der Regel weniger schwer verlaufend – sind damit auch bei dreifach Geimpften möglich.

Vergleich mit Tempolimit in Ortschaften

Wollte man daraus schließen, dass die Impfung dann gar keinen Sinn habe, wäre das ungefähr so falsch, als würde ein Tempolimit in geschlossenen Ortschaften für sinnlos erklärt mit der Begründung, dass es ungeachtet von Tempo 50 oder 30 zu Unfällen mit Verletzten und sogar Toten kommt.

Eine hundertprozentige Sicherheit können wir in keinem Bereich des Lebens erreichen. Und in vielen Situationen des Alltags entscheiden wir uns für Maßnahmen, die weit weniger effektiv sind als die Impfung gegen Covid-19.

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Was lässt sich also aus den vorliegenden Daten zur Wirksamkeit der Corona-Impfung ableiten? Dem Einzelnen bietet sie den größtmöglichen Schutz vor der tückischen Erkrankung. Deshalb sollten sich alle Menschen ab 12 Jahren so schnell es geht impfen lassen. In Kürze wird dies auch für Kinder ab dem fünften Lebensjahr möglich sein. Für unsere Gesellschaft bietet die Impfung möglichst der gesamten Bevölkerung den vielversprechendsten Weg, aus den vielen Zumutungen der Pandemie herauszukommen.

„Wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben...“ So beschreibt Rainer Maria Rilke in einem berühmten Herbstgedicht die düstere Aussicht auf den Winter. Damit wir nicht allein bleiben müssen und bald wieder unbesorgt mit anderen zusammen sein können, sollten wir uns alle impfen lassen – je eher, desto besser.

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