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Keine Angst vor neuen Mitgliedern3600 SPD-Aufnahmeanträge in NRW in zehn Tagen

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SPD Mitglieder

Könnte das bald anstehende Votum über eine Große Koalition ein Grund für die vielen neuen Mitgliederanträge sein?

Düsseldorf – Alexander Vogt ist im Landesvorstand der NRW-SPD für die Betreuung der Mitglieder zuständig – und damit auch für die aktuellen Neuzugänge der Partei. Seit dem Bundesparteitag in Bonn, bei dem die Partei erbittert über die Aufnahme von Koalitionsgesprächen mit der CDU diskutierte, sind allein in NRW online bei der SPD 3600 Aufnahmeanträge eingegangen.

Die Jusos hatten Gegner der großen Koalition dazu aufgerufen, kurzzeitig in die Partei einzutreten, um bei der Mitgliederbefragung gegen die Regierungsbeteiligung abstimmen zu können. Vogt ist sich nicht sicher, ob derartige Strategien aufgehen: „Bei den Neumitgliedern sind alle Altersklassen vertreten, nicht nur Jusos. Ich sehe in der Eintrittswelle keine Vorentscheidung für den Ausgang des Mitgliedervotums.“

Schulz stoppte Sinkflug

Die NRW-SPD hatte zu Jahresbeginn rund 111 000.Mitglieder, 2008 waren es noch 140.000. Der Sinkflug war 2017 gestoppt worden, als SPD-Chef Martin Schulz seine Kanzlerkandidatur ankündigte. Jetzt gab es innerhalb von zehn Tagen fast so viele Aufnahmeanträge wie sonst im ganzen Jahr. „Wir sollten keine Angst vor den neuen Mitgliedern haben“, sagt Alexander Vogt. „Neue Sichtweisen können unsere Partei bereichern. Ich bin mir sicher, dass die meisten nicht nur wegen der Abstimmung zu uns kommen und danach nicht wieder verschwinden.“

Vogt macht seit 2010 im Landtag für die SPD Politik. Er ist Chef des Unterbezirks Herne und stellvertretender Ortsvereinsvorsitzender im Stadtteil Altenhöfen. Er weiß wie die Basis tickt, bei den Treffen des Ortsvereins Altenhöfen in der Gaststätte „Bergschlösschen“ nehmen die Genossen kein Blatt vor den Mund. „Bei aller Kritik sind doch alle begeistert über die Art und Weise, wie beim Bundesparteitag diskutiert wurde“, sagt Vogt. Die Debattenkultur sei eine „Werbung für die Demokratie“ gewesen und habe viele Neumitglieder zum Eintritt bewogen.

Beim Mitgliedervotum, dass möglicherweise Anfang März stattfinden kann, dürfen alle Neu-Genossen abstimmen, die bis zum 6. Februar um 18 Uhr in der Mitgliederkartei registriert wurden. Online-Anträge werden von der Landesgeschäftsstelle an die zuständigen Unterbezirke und Ortsvereine weitergeleitet. Dort wird in der Regel innerhalb eines Monats Kontakt mit den Neuen aufgenommen. Oft wird das Parteibuch später bei einem „Hausbesuch“ überbracht.

Crash-Kurs in Geschichte

Wegen des Eintrittsbooms hat die NRW-SPD mittlerweile die Anzahl der Neumitgliederseminare verdoppelt. Alexander Vogt nimmt regelmäßig an den Treffen teil, die meist Samstags stattfinden. „Dort erfahren die Mitglieder, wie die Meinungsfindung innerhalb der Partei funktioniert und welche Gliederung es gibt.“

Auch ein Crashkurs in Sachen SPD-Geschichte gehört zu dem Modul. Dabei geht es u.a. um den Widerstand der SPD gegen den Nationalsozialismus, die neue Ostpolitik von Willy Brandt, die Uni-Neugründungen von Johannes Rau. Auch die Agenda-Politik von Gerhard Schröder wird angesprochen. „Viele Neumitglieder bewegt die Frage, was wir heute besser machen können“, sagt Vogt. Er hat übrigens beim Bundesparteitag für die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen gestimmt. Sind Sie zufrieden mit den Zwischenergebnissen? Vogt zuckt mit den Schultern: „Das lässt sich erst sagen, wenn das Gesamtpaket vorliegt“.

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