Minen auf Reaktorgelände entdecktRussland fährt trotz Warnung Reaktor im AKW Saporischschja hoch

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Das Kernkraftwerk Saporischschja ist im Hintergrund des flachen Kachowka-Stausees nach der Zerstörung des Staudamms zu sehen.

Das ukrainische Kernkraftwerk Saporischschja gilt als eines der größten Atomkraftwerke der Welt. Seit Monaten steht es unter russischer Kontrolle. Die Ukraine warnt vor möglichen Sprengungen auf dem AKW-Gelände.

Die ukrainische Atombehörde Energoatom hatte Russland vor dem Hochfahren eines Reaktorblocks gewarnt. Der Schritt sei „gefährlich“.

Russland hat trotz mehrfacher Warnungen der ukrainischen Atombehörde Energoatom einen Reaktorblock im Kernkraftwerk Saporischschja wieder hochgefahren. Der unerwartete Schritt erfolgt Stunden, nachdem die internationale Atombehörde IAEA bei einem Kontrollgang Minen auf dem Gelände des größten Atomkraftwerks der Ukraine gefunden hatte.

„Solche Handlungen sind ein grober Verstoß gegen die Lizenzbedingungen zum Betrieb dieser Atomanlage. Derzeit darf der Betrieb des Blocks Nummer vier im AKW Saporischschja ausschließlich im Kaltzustand erfolgen“, erklärte die Energoatom in einer Mitteilung. Aufgrund der russischen Besetzung des AKW-Geländes sei unklar, in welchem Zustand sich der betroffene Reaktorblock vier befände.

AKW Saporischschja: Atombehörde entdeckt Minen auf Gelände des Kernkraftwerks

Russland begründet das Hochfahren des Reaktorblocks in Saporischschja mit technischen Wartungsarbeiten am Reaktorblock fünf, der deswegen in den Kaltzustand versetzt werden müsse. Reaktorblock vier solle dafür im Warmzustand betrieben werden, um den Bedarf an Dampf in der Anlage zu decken.

Die ukrainischen Behörden äußerten Bedenken, dass aufgrund fehlender Wartungen und Reparaturen möglicherweise Schäden an Block vier entstanden seien, die erst bei laufendem Betrieb entdeckt würden. Russland hatte am Dienstagmorgen damit begonnen, den Reaktorblock hochzufahren. Bislang sind keinerlei Zwischenfälle bekannt.

Ukraine: Russland fährt Reaktorblock in Saporischschja trotz Warnungen wieder hoch

Unterdessen hat ein Team der IAEA bei einem Rundgang in der Pufferzone um das von Russland besetzte AKW Saporischschja zahlreiche Minen entdeckt. „Dass sich derartige Sprengstoffe auf dem Gelände befinden, steht im Widerspruch zu den IAEA-Sicherheitsstandards und den Leitlinien für die nukleare Sicherheit“, sagte IAEA-Chef Rafael Grossi und zeigte sich erschüttert.

In der inneren und äußeren Absperrung des Atomkraftwerks seien sogenannte Antipersonenminen entdeckt worden. Wie viele Minen die IAEA genau entdeckt hat, ließ Grossi bei einer Pressekonferenz am Dienstag offen. Er kritisierte, dass ein Team nach wie vor keinen Zugang zu entscheidenden Abschnitten des besetzten Kernkraftwerks erhalten habe.

AKW Saporischschja: Ukrainischer Geheimdienst warnt vor Anschlag durch russische Truppen

Der ukrainische Geheimdienst hatte bereits vor mehreren Wochen vor Explosionen am Kernkraftwerk Saporischschja gewarnt. Auf Luftaufnahmen des Geländes habe man Gegenstände auf den Dächern der Reaktorblöcke Gegenstände entdeckt, die „wie Sprengstoff aussehen“. Moskau hatte entsprechende Berichte dementiert.

Das Kernkraftwerk in Saporischschja war Anfang Juni in den Fokus geraten, nachdem Explosionen den unmittelbar vor dem AKW liegenden Kachowka-Staudamm zerstört hatten. Zahlreiche ukrainische Ortschaften waren damals von den austretenden Wassermassen überflutet worden. Der Kachowka-Stausee am Fluss Dnipro wird auch zur Kühlung von Saporischschja verwendet. (shh, mit dpa)

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