„Europa stand noch nie so unter Druck“Strack-Zimmermann führt die FDP in Europawahl

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Marie-Agnes Strack-Zimmermann, Spitzenkandidatin der FDP für die Europawahlen 2024, steht nach ihrer Wahl beim Europaparteitag der Liberalen neben Christian Lindner.

Marie-Agnes Strack-Zimmermann, Spitzenkandidatin der FDP für die Europawahlen 2024, steht nach ihrer Wahl beim Europaparteitag der Liberalen neben Christian Lindner.

90 Prozent der Stimmen der FDP wählten die 65-Jährige auf Platz eins der Kandidatenliste. 

Die Wehrexpertin Marie-Agnes Strack-Zimmermann soll die FDP als Spitzenkandidatin für die Europawahl im Juni aus dem Stimmungstief führen. Die Delegierten des FDP-Europaparteitags wählten die 65-Jährige am Sonntag in Berlin mit 90 Prozent der Stimmen auf Platz eins der Kandidatenliste. Strack-Zimmermann kündigte einen engagierten Wahlkampf an: „Streitbar für Europa“, lautet das Motto der Wahlkampagne.

In ihrer Rede zeichnete Strack-Zimmermann das Bild eines Europas, das schweren Bedrohungen ausgesetzt sei: durch Russland von außen und durch das Erstarken von Populisten im Inneren. „Europa stand noch nie so unter Druck“, sagte sie. „Dieses Wirtschafts- und Friedensprojekt wurde noch nie so angegriffen.“

Strack-Zimmermann spricht von europäischer Armee

Den Schwerpunkt ihrer Rede legte Strack-Zimmermann, die seit 2021 den Bundestags-Verteidigungsausschuss leitet, auf die Sicherheitspolitik. Europa dürfe in der Unterstützung der Ukraine gegen die russischen Angreifer unter keinen Umständen nachlassen. Längerfristig müsse der Kontinent eine eigene europäische Armee aufstellen. „Wenn wir stark sind, werden wir nicht angegriffen“, sagte sie.

Ähnlich hatte sich FDP-Chef Christian Lindner in seiner Eröffnungsrede geäußert. „Wenn es erforderlich ist, ist dieses Land auch in der Lage, noch mehr an militärischer Hilfe zu mobilisieren“, sagte der Bundesfinanzminister - und forderte dabei eine faire europäische Lastenverteilung bei der Unterstützung der Ukraine ein: „Was nicht sein darf ist, dass Deutschland noch mehr tut, damit andere zu wenig tun können.“

Lindner nennt Strack-Zimmermann „Eurofighterin“

Die FDP muss den Europawahlkampf in einem schwierigen politischen Umfeld bestreiten. In aktuellen Umfragen erreicht die Partei schwache Werte. Die Koalition mit SPD und Grünen auf Bundesebene ist auch an Teilen der FDP-Basis unpopulär. Die Liberalen hoffen auf die Zugkraft der Spitzenkandidatin Strack-Zimmermann, die mit schlagfertiger Rhetorik zu einer der bekanntesten Politikerinnen der FDP geworden ist.

Parteichef Lindner bezeichnete Strack-Zimmermann als „Eurofighterin“, die den Populisten in Europa Paroli bieten könne. „Sie ist unsere Kampfansage an all diejenigen, die das europäische Gemeinschaftsprojekt zerstören wollen.“

In seiner Rede rief Lindner die Wählerinnen und Wähler auf, die Abstimmung im Juni nicht als Denkzettel-Wahl zu nutzen. Die AfD sei „eine Gefahr für die Demokratie“ und „für alle bürgerlichen Werte“, sagte er.

Strack-Zimmermann will sich im Wahlkampf gegen Olaf Scholz stellen

Strack-Zimmermann forderte eine konsequente Abgrenzung nach rechts. „Wer diese Brandmauer auch nur eine Rille öffnet, wird sie kaputt machen“, sagte sie. Mit Blick auf die AfD warnte sie: „Das sind Nazis.“ Ihre Aufgabe sehe sie auch darin, „diejenigen, die solche Parteien aus Protest wählen wollen, abzuholen“.

Im Wahlkampf werde sie sich auch gegen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) positionieren, sagte Strack-Zimmermann am Rande des Parteitags dem Sender Welt TV. „Jetzt geht es darum, so viel FDP wie möglich nach Europa zu transportieren - und da kann ich nicht Rücksicht auf den Kanzler nehmen.“

In ihrem Wahlprogramm fordert die FDP eine Reform der europäischen Institutionen. Die EU-Kommission soll schlanker werden: Statt 26 Kommissare solle die Brüsseler Behörde künftig nur noch 18 haben. Bei einer solchen Verkleinerung hätte dann nicht mehr jedes Mitgliedsland Anspruch auf einen Kommissarposten.

FDP will Doppelstruktur im Europäischen Parlament beenden

Die FDP fordert zudem, dass das Europaparlament seinen Sitz in Straßburg aufgibt und künftig nur noch in Brüssel tagt - so solle die kostenintensive Doppelstruktur beendet werden. Das Parlament wollen die Liberalen dafür mit mehr Kompetenzen ausstatten: So soll es das Vorschlagsrecht für den neuen Kommissionspräsidenten haben und das Initiativrecht für Gesetze erhalten.

Bei der Europawahl 2019 hatte die FDP 5,4 Prozent der Stimmen bekommen, sie konnte fünf Abgeordnete ins Europaparlament entsenden. Auf den vordersten Plätzen der Kandidatenliste, die der Parteitag nun am Sonntag verabschiedete, folgen hinter Strack-Zimmermann die Europaabgeordneten Svenja Hahn, Andreas Glück, Moritz Körner und Jan-Christoph Oetjen. (afp)

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