Kopfweh bis zum nächsten AbendWarum der Alkohol-Kater mit dem Alter schlimmer wird

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Ein Mann sitzt mit verzerrtem Gesicht im Wohnzimmer, hält mit der einen Hand seinen Kopf und in der anderen hand ein Glas.

Früher noch mühelos weggesteckt, sorgt der Kater mittlerweile für eine ordentliche Delle im nächsten Tag.

Der Kater am nächsten Morgen lässt viele den vorabendlichen Alkoholkonsum bereuen. Mit dem Alter wird er länger und heftiger – aber warum?

Die Beobachtung machen fast alle Älteren: Sie vertragen Alkohol nicht mehr so gut wie in ihrer Jugend. Schon kleinere Mengen führen zu schnellerem Rausch und einem Kater am nächsten Morgen. Aber ist das wirklich so, und wenn ja: warum?

Magnus Heier

Magnus Heier

ist Autor und Neurologe und schreibt die wöchentliche Medizinkolumne „Aus der Praxis“.

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Zunächst muss man sagen, dass nicht abschließend geklärt ist, woher der Kater am nächsten Morgen überhaupt kommt. Vier Theorien werden favorisiert: Möglicherweise ist es einfach der Alkohol selbst, ein Nervengift, das direkt Schäden im Gehirn verursacht und zu Schmerzen und Krankheitsgefühl führt. Oder ist es, zweitens, der Flüssigkeitsverlust? Denn Alkohol blockiert in der Niere das sogenannte Anti-Diuretische-Hormon, ADH. Das sorgt normalerweise dafür, dass Flüssigkeit in der Niere rückresorbiert wird. Wird das Hormon blockiert (durch Alkohol), geht sehr viel mehr Flüssigkeit verloren – und dieses „Austrocknen“ macht erstens den „Nachdurst“ und zweitens Kopfschmerz.

Oder, Theorie drei, die Elektrolyte geraten aus dem Gleichgewicht – also etwa Natrium oder Magnesium. Und zuletzt: Vielleicht ist es auch der Alkoholentzug und der fallende Alkoholspiegel im Blut nach dem Trinken, der den schweren Kopf macht. Wahrscheinlich tragen alle vier Theorien zum Kater bei.

Alkohol: Entwöhnt der Körper sich mit dem Alter?

Warum aber nimmt der Effekt im Alter zu? Auch dazu gibt es Theorien. Die wahrscheinlichste: Der oder die Betroffene ist Alkohol einfach nicht mehr gewöhnt, zumindest nicht in den Mengen und der Häufigkeit wie in der Jugend. Der Körper gewöhnt sich an Alkohol – aber er entwöhnt sich auch.

Die gleiche Menge, die man einem Gewohnheitstrinker kaum anmerkt, kann einen Abstinenzler umwerfen – ganz sprichwörtlich. Dabei geht es nicht um den Abbau des Alkohols in der Leber (dieser Effekt kommt noch hinzu), sondern um die unmittelbare Wirkung des gleichen Alkoholspiegels – schon 0,2 Promille im Blut haben völlig unterschiedliche Effekte.

Oder aber es sind nicht Leber und Gehirn, die den Unterschied ausmachen, sondern Muskeln und Fett. Denn der alternde Körper verliert einerseits Muskeln, und er legt Fett zu – Ausnahmen bestätigen diese Regel. Damit verteilt sich der Alkohol im Körper aber weniger –Wein, Bier oder Schnaps führen zu höheren Blutspiegeln. Deren Wirkung steigt drastisch.

Welche der Theorien die entscheidende ist, ist auch hier nicht klar, wahrscheinlich ergänzen sie sich. Klar ist aber die Konsequenz: einfach weniger und langsamer trinken (was auch in der Jugend eine gute Idee wäre). Und den Alkohol mit Wasser oder anderen Flüssigkeiten strecken – sei es als Schorle, sei es mit zusätzlichen nicht alkoholischen Getränken. Ein Effekt ist nämlich unstrittig: Es geht nicht nur um die Gesamtmenge an Alkohol, sondern auch darum, wie schnell man ihn trinkt. Je schneller der Blutalkoholspiegel steigt, desto stärker ist der Effekt. In jedem Alter.

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