Ein Jahr auf Reisen„Diesen Traum zu verwirklichen, war viel einfacher als gedacht”

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Fahren mit dem Wohnmobil ein Jahr durch Europa: Ulrich Pingel und Ramona Krieger mit Hund Pepito.

Köln – Ramona Krieger (38) und Ulrich Pingel (37) leben den Traum, den viele träumen: Sie reisen mit einem Wohnmobil ein Jahr durch Europa. Zusammen mit Hund Pepito starteten sie von Köln aus im Juni 2017 in Richtung Skandinavien, bis hoch zum Norkap. Anschließend sind sie über das Baltikum und Osteuropa bis nach Griechenland gefahren, wo sie auf dem Peleponnes überwintern.

Inzwischen haben sie über ihren Trip und die Reisen anderer Weltenbummler das Buch „Auszeit Storys“ veröffentlicht. Im Interview erklärt Ramona Krieger, warum sie und die Porträtierten aus dem Buch tatsächlich gewagt haben, was sich viele doch nicht trauen.

Was eint alle Weltenbummler, die Ihr in Eurem Buch vorstellt?

Ramona Krieger: Sie alle haben schon lange den Traum vom Reisen in sich getragen, den Wunsch nach einer Auszeit aus der Alltagsroutine, die Sehnsucht, neue Länder und Kulturen kennenzulernen und für einige Zeit vollkommen selbstbestimmt zu leben. Dieser Traum war größer als alle Hindernisse, die es zu überwinden galt, wie etwa viel Verantwortung zu Hause, kleine Kinder, wenig Geld, oder ein fester Job. Letztlich haben sie sich all diesen Hürden gestellt und Lösungen dafür gefunden. Alle sagen, dass diese Reise ihr Leben und sie selbst nachhaltig positiv verändert hat und sie jetzt zum Beispiel sehr viel gelassener mit Alltagsproblemen umgehen. Niemand bereut diese Entscheidung und alle wollen am liebsten gleich wieder los und sind noch oder schon wieder unterwegs.

Eine häufige Reaktion auf Eure Europareise war: „Was Ihr macht, würde ich auch gerne tun.“ Was ist der letzte Schubs, den man noch braucht, um so ein Abenteuer zu verwirklichen?

Krieger: Ich glaube, dass der Wunsch, so etwas zu tun, über längere Zeit wächst und in einem heranreift. Bei Uli und mir war es so, dass wir beide sowieso in einer Neuausrichtung unserer Leben steckten und als wir dann mit demselben Traum aufeinandertrafen, war das wie ein Katalysator. Viele, die so eine lange Reise machen, hatten schon länger den Gedanken: „Das kann ja nicht alles gewesen sein im Leben, da muss es doch noch mehr geben.“ Hinzu kam dann vielleicht ein äußeres Ereignis, eine Veränderung, die dazu führte, zu sagen: „Wenn ich es jetzt nicht mache, dann wird das nie mehr was und ich werde es später bereuen“. Auf den „richtigen“ Zeitpunkt zu warten, ist jedenfalls Quatsch. Der wird nicht kommen, man muss ihn sich einfach nehmen.

Wie organisiert und finanziert man so eine Reise? Gerade was den Job und die Wohnungssituation angeht?

Krieger: Einige, die wir getroffen haben, waren in der privilegierten Situation, sich ein Sabbatjahr nehmen zu können und so weiterhin ein reduziertes Gehalt zu bekommen. Das wird inzwischen übrigens immer beliebter, auch in der freien Wirtschaft. Viele haben ganz klassisch Geld gespart, ihr Hab und Gut verkauft, Bausparverträge aufgelöst und die Wohnung zwischenvermietet. Uli und ich haben unsere Wohnungen komplett aufgelöst, alles verkauft, was nicht niet- und nagelfest war und all unser Erspartes als Startkapital in einen Topf geworfen. Von unterwegs arbeite ich weiterhin als Lektorin und Texterin.

Ist eine solche Reise auch günstig möglich? Wo kann man sparen?

Krieger: Klar, es gibt unendlich viele Möglichkeiten, an allen Ecken noch ein bisschen zu schrauben und einzusparen – egal, wie man unterwegs ist. Als Backpacker kann man zum Beispiel in günstigen Hostels anstatt im Hotel übernachten und mehr mit Überlandbussen reisen als mit dem Flugzeug. Wir sind ja mit einem Wohnmobil unterwegs und versuchen zum Beispiel mehr freizustehen und uns die Campingplatzgebühren zu sparen, langsamer zu reisen und dadurch Sprit zu sparen, weniger auszugehen und mehr selbst zu kochen, eher in der Natur als in den teuren Städten unterwegs zu sein.

Was sind typische Alltagsprobleme?

Krieger: Im Camper-Alltag gibt es eine Liste an Basics, die man braucht: Wasser, Benzin, Gas, Strom, Essen und einen ruhigen, aber sicheren Stellplatz für die Nacht. Mit der Beschaffung dieser Dinge kann man sich schon eine Weile beschäftigen, besonders, da das in jedem Land unterschiedlich gehandhabt wird.

Gab es auch schlechte Erfahrungen auf Eurer Reise?

Krieger: Wir sind jetzt bald acht Monate unterwegs und bisher haben wir wirklich nur schöne Erfahrungen gemacht. Unser Bus musste zwar schon zweimal abgeschleppt werden, aber das war nie ein größerer Schaden und für uns eher ein weiteres Abenteuer. Einmal hatten wir eine Maus im Wohnmobil, die sich tagelang durch unsere gesamten Lebensmittelvorräte gefuttert hat, bis wir sie loswerden konnten – das war aber auch wirklich schon das Unangenehmste, was uns passiert ist.

Was war der beste Moment bisher?

Krieger: Das kann ich unmöglich sagen; wie will man die auch miteinander vergleichen? – Die Fjorde in Norwegen, die endlosen Wälder in Finnland, die aufregenden und jungen Hauptstätte des Baltikums, die netten Menschen in Serbien oder der Sternenhimmel an einsamen Stränden in Griechenland. Da kann man unmöglich einen einzigen Moment benennen. Aber es gab unendlich viele Augenblicke, in denen ich dachte: „Ich bin einfach glücklich“.

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Zum Mitreisen:

Im Frühjahr fahren die beiden Europa-Reisenden weiter in Richtung Italien. Für alle, die ein Stück mitreisen wollen: Ihren Trip kann man auf www.wenn-nicht-jetzt.de und auf Facebook mitverfolgen.

Zum Weiterlesen:

Ramona Krieger und Ulrich Pingel: Auszeit Storys. 11 inspirierende Geschichten über den Aufbruch zu einer längeren Reise. Amazon Distribution GmbH, 126 Seiten, 7,90 Euro.

(rer)

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