KommentarAus dem kollektiven Jubel könnte ein neues Wir-in-Leverkusen-Gefühl entstehen

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Fans haben nach Spielende den Platz gestürmt.

Fans haben nach Spielende den Platz gestürmt.

Der Begeisterungssturm der die Stadt mit dem Gewinn der Meisterschaft erfasst hat das Zeug, ein neues Wir-Gefühl zu begründen. 

Leverkusen im Freudentaumel: Die Freude über den Gewinn der Deutschen Fußballmeisterschaft versetzt nicht nur Verein und Fans in kollektive Ekstase. Die ganze Stadt ist in einem euphorischen Ausnahmezustand, so scheint es. Nicht nur Fußballfans liegen sich in den Armen und feiern ausgelassen den ersten Meistertitel. Und das kann Leverkusen so dringend brauchen.

Die Leverkusenerinnen und Leverkusener sind in den vergangenen Jahren zwei Mal von Katastrophen und Schicksalsschlägen hart getroffen worden. Erst verursachte die Flutkatastrophe Mitte Juli 2021 auch in der Stadt an Wupper, Dhünn und Wiembach riesige Schäden. Und dann explodierte kaum zwei Wochen später ein Teil der Currenta-Sondermüllverbrennungsanlage, riss sieben Menschen in den Tod und verletzte 31.

Zu diesen schrecklichen Unglücken hinzu kommt seit Jahren der Plan des Bundes, der Stadt eine zu absurder Größe aufgeblähte Stelzenautobahn aufzunötigen. Die quälende Debatte über diese verkehrstechnische Betonwüste zerrt an den Nerven der Menschen in der Stadt. Zu allem Übel kriselt es seit Jahren auch im Industrie-Aushängeschild der Stadt, nach dessen Mitgründer sie benannt ist. An negativen Schlagzeilen über Leverkusen mangelt es wahrlich seit Jahren nicht.

Und nun macht die Stadt national und international von sich reden, weil ausgerechnet das bisherige Vizekusen die Vormacht der Kicker aus Bayern im deutschen Fußball bricht. Balsam für die oft geschmähte Industriestadt und ihre Werkself. Und für die Bewohner der Metropole Köln vielleicht mal ein Grund, der unbekannten kleinen Schwester im Norden, die so viel mehr zu bieten hat als den Chempark, einen Besuch abzustatten.

Die allgemeine Fußball-Begeisterung in der Stadt könnte das Zeug dazu haben, sich zu einem neuen Wir-Gefühl zwischen Opladen, Schlebusch und Wiesdorf zu entwickeln. Noch besser wäre es, wenn sich das positive Moment der überschäumenden Freude übersetzen würde, in eine neue Bereitschaft sich wie für seinen Verein auch für seine Stadt einzusetzen, sich einzubringen in die wichtigen Debatten über Verkehr, über Umwelt- und Naturschutz, über die Entwicklung der Innenstädte und vieles mehr. Denn genauso, wie es nur gemeinsam gelingen kann, eine ganze Stadt über Nacht in Schwarz und Rot zu dekorieren, ist es nur gemeinsam möglich, die Stadt insgesamt voranzubringen. Dann hätte dieser Sonntag im April eine Bedeutung, die weit über das Fußballerische hinausginge.

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