Leverkusener ParteienDer Ton ist rauer geworden, aber hier ist nicht Dresden

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Rennbaumstraße: beschmierte und zerstörte Großplakate von Grüne, SPD und FDP.

Rennbaumstraße: Hier stehen beschmierte und zerstörte Großplakate der Grünen, von SPD und FDP.

Die Mitglieder der FDP plakatieren nachts nicht. Die SPD registriert mehr beschädigte und zerstörte Plakate als üblich.

Dass sich für Wahlkämpfer auch in Leverkusen mit den Jahren etwas geändert hat, dafür muss man nicht erst in die Fußgängerzone kommen, wenn etwa der Leverkusener Bundestagsabgeordnete und Gesundheitsminister Karl Lauterbach zu Besuch ist. Er muss besonders geschützt werden, als wäre er der Bundeskanzler persönlich. Und das nicht erst, nachdem bekannt wurde, dass er von Personen aus der rechtsradikalen Reichsbürger- und Corona-Verschwörungsmilieu entführt werden sollte. Vor den vergangenen Wahlen fanden sich regelmäßig Störer ein, um seine Wahlkampfveranstaltungen zu sabotieren.

Aber auch bei der FDP muss man mittlerweile reagieren. Die Leverkusener FDP-Vorsitzende Petra Franke macht für deren Europawahl-Spitzenkandidatin Marie-Agnes Strack-Zimmermann Wahlkampf und organisiert Veranstaltungen. „Auch wir kommen bei Strack-Zimmermann nicht mehr ohne Sicherheitsdienst klar“, sagt sie. Strack-Zimmermann hat sich mit ihrer Haltung zum Krieg in der Ukraine in rechtsextremen Kreisen unbeliebt gemacht. Sie plädiert dafür, dem Land konsequent, besonders auch mit Militärhilfe, gegen den Angriffskrieg der Russen beizustehen. Oft tut sie das medienwirksam in Talkshows. Veranstaltungen mit Spitzenkandidaten wird die FDP im Europawahlkampf nur in Köln durchführen, nicht in Leverkusen.

zur EuropawahlWahlplakate SPD CDU zur Europawahl an der Friedrich-Ebert-Straße.

Wahlplakate von SPD und CDU zur Europawahl an Straßenlaternen an der Friedrich-Ebert-Straße

Gefahren gebe es ja nicht nur in Dresden, sagt Franke. „Wir plakatieren aus Sicherheitsgründen nicht mehr mitten in der Nacht“, sagt sie, aber auch wegen der Gefahr durch Autos beim Aufhängen der Plakate. Dumm angemacht habe man sie aber noch nicht bei dieser Arbeit, sagt Franke.

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Die SPD in Leverkusen ist mit dem Plakatieren für die Europawahl schon seit ein paar Tagen fertig. Man habe jetzt schon eine überdurchschnittlich hohe Zahl und zerstörter Plakate registriert, sagt Julian Frohloff, der SPD-Fraktionsgeschäftsführer. An der Rennbaumstraße zum Beispiel. Dort wurde nicht nur das SPD-Plakat beschmiert und abgerissen. Auch Großplakate von den Grünen und der FDP sind betroffen. Die SPD will sich in diesem Wahlkampf im Wesentlichen auf Großplakate konzentrieren. Im Vergleich habe man an Laternen dieses Mal nur ein Drittel der sonst üblichen Anzahl Plakate angebracht.

Frohloff erklärt, dass in Leverkusen nach dem Windhundprinzip plakatiert werden müsste: Es gab einen festgelegten Zeitpunkt (26. April, 15 Uhr), ab dem alle Parteien ihre Plakate aufhängen dürfen, wo sie wollen. Ausnahmen sind Laternen, die zu nah an Kreuzungen stehen. Dieselbe Partei darf auch nur maximal jede vierte Laterne in einer Straße mit einem Plakat behängen. Frohloff findet, dass der Umgangston in Leverkusen im Großen und Ganzen noch moderat sei, obwohl es auch hier inzwischen Rechtsextremisten gebe, wie AfD und Leverkusener Aufbruch. Letzterem bescheinigt der SPD-Mann, dass der sich weit jenseits des rechten Rands befinde und manchmal „Nazi-Jargon“ spreche.

Die Grünen sind bundesweit unter Druck gekommen, in Leverkusen scheint im Wahlkampf noch keine Alarmstimmung zu herrschen. Der Alt-Grüne Dirk Danlowski hat für die Europawahl an den vergangenen Samstagen zweimal in Opladen unterm Parteischirmchen gestanden und diskutiert, er sagt: „Ich mache das total gerne, ich habe keine Angst.“ Die Reaktionen der Bürger seien meist moderat gewesen. Großplakate wurden schon aufgestellt, an den Laternen wird es in diesem Jahr keine geben. Danlowski sagt: „Wir sind nur an Bushaltestellen an den Leuchtflächen mit Plakaten vertreten.“

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