Mobilitäskonzept in WiehlNur noch jeden zweiten Weg mit dem Auto

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Ein Bus steh im Wiehler Busbahnhof.

Der Busbahnhof ist ein Verkehrsknotenpunkt, der Bus Bahn und Individualverkehr verknüpfen soll. Es gibt aber noch viel Luft nach oben.

Weniger Autos, mehr Radverkehr und besserer Öffentlicher Personennahverkehr: Das ist das Ziel des Mobilitätskonzeptes „WiehlMobil".

Die Mobilität gilt als Schwachstelle der Klimawende in Deutschland. Zu viel Verkehr findet noch mit Verbrennerautos statt. Ganz ohne (elektrische) Pkw wird es aber in einer ländlichen Flächengemeinde nicht gehen. Die Stadt Wiehl hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2038 den Anteil des Autos bei den zurückgelegten Wegen im Stadtgebiet von derzeit 75 auf 55 Prozent zu senken.

Diese Zielmarke ist Kern des Mobilitätskonzepts, das der Stadtrat am Dienstag beschließen will. Unter dem Titel „WiehlMobil“ hat die Stadtverwaltung zusammen mit dem Hildener Planungsbüro „Stadtverkehr“, mit einer Expertenarbeitsgruppe und einem politischen Fachbeirat eine Strategie entwickelt. Dabei wurden Vorschläge aus der Bürgerschaft berücksichtigt, um die Anforderungen des Klimaschutzes mit denen der Lebensqualität zu versöhnen, wie der städtische Mobilitätsmanager Kai-Philipp Czyrny erläutert. Das Konzept stelle mit seinen Themenfeldern   zunächst nur den Rahmenplan dar. Jede konkrete Maßnahme erfordere weitere Planung und politische Prioritätensetzung.

Nahverkehrs und Wiehltalbahn fallen nicht in die Kompetenz des Stadtrates

Und oft liegt eine Verbesserung auch nicht in der Macht des Stadtrats. Beispiel: die Wiehltalbahn. Aus Sicht des Hildener Gutachters Sebastian Schulz hätte diese „aus verkehrsplanerischer Sicht einen unglaublichen Nutzen“, wie er im Fachausschuss des Stadtrats ausführte. Trotz zuletzt negativer Prognosen wollen viele die Reaktivierung der Strecke noch nicht abschreiben. Doch die Entscheidung darüber fällt nicht in Wiehl. Ohnehin ist auf Kreisebene ein Mobilitätskonzept in Arbeit. In Wiehl will man sich daher um die Probleme vor der eigenen Haustür kümmern.

Wir sollten uns in Wiehl auf die Themen konzentrieren, bei denen wir etwas beeinflussen können
Ulrich Stücker, Wiehler Bürgermeister

Hinsichtlich des Öffentlichen Nahverkehrs weist Bürgermeister Ulrich Stücker darauf hin, dass Wiehl als Pilotkommune des Anrufservices „Monti“ schon gut vorangekommen sei. Grundsätzlich sei der ÖPNV aber kein kommunales Thema: „Wir sind nicht Träger des Nahverkehrs, außerdem geht es da um hohe Kosten. Wir sollten uns in Wiehl auf die Themen konzentrieren, bei denen wir etwas beeinflussen können.“ Weniger Autoverkehr werde es nur geben, wenn es attraktive Alternativen gebe.

Bürgerinnen und Bürger brachten mehr als 1000 Vorschläge ein

Haushaltsbefragungen und Online-Beteiligungsmöglichkeiten seien wichtig bei der Konzeptarbeit. Im September 2022 gab es einen Aktionstag auf der Bahnhofstraße. Mehr als 1000 Vorschläge wurden eingebracht, später beteiligten sich viele Bürgerinnen und Bürger an der Bewertung. Bei der Online-Abfrage im Sommer 2023 gab es 526 Bewertungen, darunter 365 Zustimmungen, 36 neutrale Wertungen und 125 Ablehnungen. Große Zustimmung gab es – wenig überraschend – für den Ausbau der Radwege, weniger populär waren – ebenso erwartbar – zusätzliche Parkverbote.

Die meisten zusätzlichen Kommentare gab es zu Radverkehrsmaßnahmen, und die richteten sich vor allem auf die Verbesserung der Sicherheit des Radverkehrs. In Zeiten, in denen der Elektroschub Standard geworden ist, stellt die hügelige Topographie des Bergischen für viele Radler kein Hindernis mehr dar, wohl aber allzu schmale oder ganz fehlende Radwege entlang der viel und schnell befahrenen Straßen.

Vision eines sicheren und durchgängigen Radverkehrsnetzes

Das Wiehler Mobilitätskonzept skizziert die Vision eines durchgängigen, sicher befahrbaren Radverkehrsnetzes, das alle Ortsteile von Drabenderhöhe bis Marienhagen und Oberwiehl mit Haupt- und Nebenrouten verbindet. Dazu gehören Maßnahmen wie die Nutzung von Wirtschaftswegen, die Freigabe von Einbahnstraßen, die Verbesserung des Wegweisungssystems und der Ausbau von Abstellanlagen.

In den Bereichen Parken und Radfahren liegen die effektiven Handlungsmöglichkeiten der lokalen Politik und Verwaltung. Ohne Steuergeld wird es dabei nicht gehen, betonte Verkehrsplaner Schulz und appellierte an die Ausschussmitglieder: „Geben Sie der Verwaltung an die Hand, was sie benötigt.“


Maßnahmen

Das Mobilitätskonzept mit dem Titel „WiehlMobil“ mündet in 26 Maßnahmen(-paketen) und Prüfaufträgen, die wiederum in neun Kategorien unterteilt sind:

  • ÖPNV: Reaktivierung der Wiehltalbahn, Verbesserungen des Linien- und Taktangebots im Busverkehr, Ausbau des On-Demand-Verkehrs, Barrierefreiheit im ÖPNV.
  • Radverkehr: Erstellung eines durchgängigen, sicher befahrbaren Radwegenetzes, Radverkehr auf Wirtschaftswegen, Freigabe des Radverkehrs in Einbahnstraßen, Optimierung des Wegweisungssystems für den Radverkehr, Ausbau von Radabstellanlagen.
  • Fußverkehr: Fußgängerfreundliche Gestaltung von Straßenräumen, fußgängerfreundliche Querungsanlagen, Wegweisungssystem für den Fußverkehr.
  • Schülerverkehr: Mobilitätsmanagement an Schulen.
  • Motorisierter Individualverkehr: Optimierung der Verkehrssicherheit im Stadtgebiet, verträgliche Abwicklung des Verkehrs in Wohngebieten.
  • Lieferverkehr: Aktualisierung für das Lkw-Vorrangnetz.
  • Parken: Erstellung eines kommunalen Parkraumkonzepts, Einführung von Parkraumbewirtschaftungsmodellen, Ausbau der Ladeinfrastruktur für E-Fahrzeuge.
  • Multimodalität: Einrichtung und Ausbau von Mobilstationen, Einrichtung eines Car-Sharing-Angebots, Einrichtung eines Fahrradmietsystems, Ausgestaltung von Roller- und E-Scooter-Angeboten, betriebliches Mobilitätsmanagement.
  • Tourismusverkehr: Touristisches Mobilitätsmanagement, Optimierung des Wegweisungssystems für touristische Routen und Ziele.
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