Handeln gefordertImmer noch kein Hochwasserschutz-Konzept für Bergisch Gladbacher Stadtteil Gronau

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Man sieht die Strunde, die durch das Bauwerk mit geöffnetem Schieber fließt.

Bleibt der Schieber des Wasserrückhaltebeckens Kippemühle bei Hochwasser auf, wird Köln-Dünnwald geflutet, bleibt er geschlossen, ist Bergisch Gladbach-Gronau betroffen.

Die Freie Wählergemeinschaft Bergisch Gladbach fordert die Stadtverwaltung Bergisch Gladbach auf, Überschwemmungsflächen auszuweisen.

Drei Jahre nach den verheerenden Überschwemmungen vom 14. Juli 2021 in Bergisch Gladbach fordert die Freie Wählergemeinschaft erneut ein schnelles Handeln beim Hochwasserschutz. „Stand jetzt hat sich für die Stadtteile Gronau und Gierath 0,0 verbessert“, begründet Martin Freitag die Anfrage der FWG in Ausschuss für Infrastruktur und Umwelt am heutigen Dienstag.

„Es gibt noch nicht einmal einen Plan B, wie die Menschen bei einer erneuten Hochwasser-Katastrophe aus ihren Häusern gerettet werden könnten“, kritisiert er. Die Stadtverwaltung weist den Vorwurf der Untätigkeit zurück und führt an, dass weitere mit den Behörden abzustimmende Untersuchungsergebnisse abgewartet werden müssten.

Kölner Randkanal ist bei Starkregen überlastet

Wie eine Warnung liegen bereits seit Januar dieses Jahres die Daten des Gutachtens der Firma Hydrotec zur Belastung des rechtsrheinischen Kölner Randkanals auf dem Tisch: „Das System ist bereits bei einem sogenannten Hundertjährigen-Regenereignis deutlich überlastet“, lautet das alarmierende Fazit des Gutachtens, in Auftrag gegeben von den Stadtentwässerungsbetrieben Köln.

Mit anderen Worten: Bei Hochwasser kann der rechtsrheinische Randkanal kein weiteres Wasser aus Bergisch Gladbach aufnehmen. Die Folge wären Stauwasser an den Einleitungsstellen auf Gladbacher Gebiet. „Schlimmstenfalls würde das Hochwasserrückhaltebecken Diepeschrath überlaufen“, warnt Freitag.

Stadt will weitere 2D-Simulationen abwarten

Auf Kölner Gebiet, so das Gutachten, sind bereits mögliche Retentionsräume – Flächen, die bei Hochwasser überschwemmt werden und Flüssen den nötigen Raum zum Ausufern geben – benannt worden. „In Bergisch Gladbach ist dies geplant“, heißt es weiter. „Jetzt, wo man doch weiß, wie die Situation ist, muss die Stadt doch aktiv werden“, fordert Freitag. Die Suche nach Retentionsflächen sei seiner Meinung nach das A und O.

Theoretisch seien Ausleitungen aus dem Hochwasserrückhaltebecken Diepeschrath in den Gierather Wald möglich, gibt die Stadtverwaltung Auskunft. Das tatsächliche Rückhaltepotenzial müsse aber noch ermittelt werden. Partiell seien Geländeerhöhungen, beispielsweise an Wegen, notwendig. Zudem müssten Gefahrenpotenziale der großräumigen Überflutungsflächen mit dem Landesbetrieb Wald und Holz abgestimmt werden.

Man will sich nicht ausmalen, was passiert, wenn so eine Flutwelle die Menschen nachts im Bett erwischt
Martin Freitag, Freie Wählergemeinschaft Bergisch Gladbach

Das Potenzial des Naturschutzgebiets Kradepohlsmühle als Überflutungsfläche stuft die Verwaltung als gering ein. Hier wie für den Gierather Wald seien 2D-Simulationen erforderlich, um mögliche Maßnahmen zum Hochwasserschutz feststellen zu können. Die Ergebnisse würden frühestens Ende 2024 vorliegen. Vorher mache es keinen Sinn, den Runden Tisch mit Vertretern der Politik, des Zweckverbands Rechtsrheinischer Randkanal sowie des Bürgervereins Gierath-Schlodderdich einzuberufen.

Die Fortsetzung des Kanalbauprojekts Strunde hoch vier, Teil 2, auf der Strecke zwischen Cederwaldstraße und rechtsrheinischem Randkanal müsse so lange ebenfalls ruhen, teilt die Stadtverwaltung mit. Denn das Wasser würde ja ebenfalls den Randkanal belasten. Das Gutachten stellt fest: „Weitere Einleitungen von Bergisch Gladbach sind ohne weitere Retentionsräume nicht möglich.“

Bei dem Hochwasser 2021 wurden in Gierath und Gronau etwa 120 Häuser geflutet. Zwei Bewohner konnten sich in letzter Sekunde noch aus ihren Häusern retten, erinnert sich Freitag, selbst Anwohner, an lebensbedrohliche Situationen. „Man will sich nicht ausmalen, was passiert, wenn so eine Flutwelle die Menschen nachts im Bett erwischt“, meint Freitag. Deshalb ärgere ihn am meisten, dass sich die Stadtverwaltung als Zwischenschritt, bis die Ergebnisse weitere Untersuchungen vorlägen, noch nicht einmal Gedanken über ein Rettungssystem gemacht habe - etwa mit einer Rangfolge von Straßen, die zuerst evakuiert werden müssten.

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