Tiere in NotTierheim Kürten fürchtet um Gelder – Verhandlungen mit Bergisch Gladbach stocken

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Eine Dogge gibt Pfötchen durch das Gitter eines Zwingers.

Viele Hunde warten im Tierheim in Kürten auf eine neue Chance. Doch die Einrichtung ist in Finanznöten.

Die Verhandlungen zwischen dem Tierheim Rhein-Berg und Bergisch Gladbach stocken. Es muss europaweit ausgeschrieben werden.

„Wir stehen vor einer finanziellen Katastrophe.“ Inge Steffes vom Tierschutzverein Rhein-Berg, Träger des Tierheims in Kürten, ist verzweifelt. Höhere Futter- und Tierarztkosten, steigende Energiepreise, immer mehr schwer zu vermittelnde Tiere, die abgegeben oder aufgegriffen würden und versorgt werden müssten.

Zudem eine gesamtwirtschaftliche Lage, in der die Spendenbereitschaft vieler Menschen zurückgehe. 25.000 bis 30.000 Euro im Monat benötige das Tierheim nur für die laufenden Kosten, erläuterte Inge Steffes, die wie alle Vereinsmitglieder ehrenamtlich für den Tierschutz arbeitet, die Not der Einrichtung.

Das Tierheim in Kürten ist Auffangstation für Fundtiere

Für Licht am Horizont hatten Verhandlungen mit den Kommunen Bergisch Gladbach, Rösrath, Overath, Kürten und Odenthal über eine neue Finanzierung gesorgt. Doch die sind nun ins Stocken geraten. Als Grund nennt die Stadt Bergisch Gladbach das Vergaberecht.

Das Tierheim Rhein-Berg ist Auffangstation für alle Fundtiere und sichergestellten Tiere aus Bergisch Gladbach, Kürten, Overath, Rösrath und Odenthal. Dafür zahlen die Städte und Gemeinden der Einrichtung nach Einwohnerzahl gestaffelte Pauschalen für die Tier-Aufnahme.

Die neuen Verträge waren teilweise schon unterzeichnet

Die Pauschalen waren in der Vergangenheit allerdings niedrig, weil sie in den letzten acht bis zehn Jahren nicht erhöht worden waren. So zahlt Odenthal beispielsweise bisher 50 Cent pro Einwohner, also nur 7.500 Euro im Jahr. Bergisch Gladbach 37.000 Euro jährlich.

Um das Tierheim nicht schließen zu müssen, hatte der Tierschutzverein diese Verträge gekündigt, um sie neu zu verhandeln. Das Tierheim und die Gemeinde Odenthal hatten die neuen Verträge schon unterzeichnet, da kam die Hiobsbotschaft aus Bergisch Gladbach.

Bergisch Gladbach als größter Zahler des Tierheims muss Vergaberecht beachten

Die Kreisstadt, finanziell als größter Zahler die tragende Säule der Einrichtung, habe mitgeteilt, den mit den anderen beteiligten Kommunen Odenthal, Kürten, Rösrath, und Overath ausgehandelten Kooperationsvertrag mit dem Tierheim nicht unterschreiben zu können, schilderte Steffes im Odenthaler Haupt- und Finanzausschuss.

„Aus vergaberechtlichen Gründen“, bestätigte die Stadt Bergisch Gladbach, müsse das Angebot europaweit ausgeschrieben werden, obwohl man grundsätzlich an einer weiteren Kooperation mit dem Tierheim Rhein-Berg interessiert sei. Erst nach einer Ausschreibung könnten die politischen Gremien entscheiden. Nur so sei die Vorgehensweise rechtssicher, erklärte Marion Linnenbrink, Pressesprecherin der Stadt.

Auch das Tierheim Rhein-Berg soll sich um den Zuschlag bewerben

Hintergrund sei, dass die beabsichtigte Vereinbarung mit dem Tierheim für vier Jahre geplant sei und die Summe, die die Stadt künftig jährlich an das Tierheim zahlen solle, über der vergaberechtlich vorgeschriebenen Grenze von 100.000 Euro liege. Wie berichtet, war im Frühjahr davon gesprochen worden, den bisherigen Jahresbeitrag von 37.000 Euro um 70.000 Euro zu erhöhen.

Die Angelegenheit werde daher öffentlich auf dem Vergabeportal NRW ausgeschrieben, so die Stadtverwaltung weiter. Hier könne auch das Tierheim Rhein-Berg ein Angebot abgeben. Sollte Kürten den Zuschlag nicht erhalten, falle der wichtigste Zahler für das Tierheim aus, breche ein Pfeiler der Finanzierung weg, reagierte der Tierschutzverein entsetzt.

Odenthal ist bereit, seine Zahlung für das Tierheim zu verdoppeln

Mit dem neuen Kooperationsvertrag, so der Odenthaler Beigeordnete Martin Stein, hätten die Kommunen, die ja ihre Fundtiere und die von den Ordnungsämtern sichergestellten Tiere in Kürten abgeben, als Gegenleistung die Zahlungen für das Tierheim ab 2024 „auskömmlich“ gestalten wollen.

Odenthal sei bereit, seine Zahlung ab 2024 auf einen Euro je Einwohner zu erhöhen und damit die Zahlung auf 15.000 Euro im Jahr zu verdoppeln. Wenn aber „der Hauptzahler nicht mehr mitspielt“, dann gehe die Rechnung nicht mehr auf, konstatierte Martin Stein mit Blick auf Bergisch Gladbach.

Ohne Bergisch Gladbach müsste sich das Tierheim „massiv verkleinern“

Sollte die Kreisstadt tatsächlich aus der Finanzierung aussteigen, müsse sich das Tierheim „massiv verkleinern“, kündigte Steffes an. „Dann werden wir auch keine Tiere aus Bergisch Gladbach mehr aufnehmen.“ Derzeit stammten viele der betreuten Tiere, von der Schildkröte bis zu Hunden, aus der Kreisstadt. „Wir haben eine große Auswahl, was wir am Rathaus anleinen können“, sagte Steffes sichtlich verzweifelt.

Noch bestehe Hoffnung, meinte der Odenthaler SPD-Fraktionschef Oliver Deiters. Nach seinen Informationen seien die politischen Gremien in der Kreisstadt noch nicht informiert. Das Thema soll am 17. Oktober im Umweltausschuss behandelt werden.

Als Soforthilfe stimmte der Odenthaler Hauptausschuss am Dienstagabend einstimmig dem von der Odenthaler SPD gestellten Gemeinschaftsantrag zu, das Tierheim Rhein-Berg für das laufende Jahr 2023 mit einer einmaligen Finanzspritze in Höhe von 10.000 Euro zu unterstützen. In der Hoffnung, so Bürgermeister Robert Lennerts (parteilos), dass dies unter den Nachbarkommunen Nachahmer finde. 

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