Kriminalstatistik 2023Anstieg der Ermittlungen gegen Kindesmissbrauch in Rhein-Sieg

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Ein Einbrecher macht sich an einem Fenster zu schaffen.

Mehr Einbrüche verzeichnete die Polizei im Vergleich zu den Corona-Jahren, aber weniger als noch 2014. (Symbolbild)

Alle Tötungen, nämlich sieben, konnte die Polizei 2023 aufklären, die gefährlichen und schweren Körperverletzungen zu rund 83 Prozent.

Der Rhein-Sieg-Kreis ist wieder ein Stück sicherer geworden – das lässt sich mit der neuesten Kriminalstatistik belegen, die Landrat Sebastian Schuster und die Kreispolizeibehörde am Mittwoch vorstellten.

Schuster sprach von „erfreulichen Zahlen“: „Es wurden mehr Verdächtige gefasst und mehr Straftaten aufgeklärt.“ Die Zahl der Einbrüche sei nach den Corona-Jahren zwar wieder auf 416 gestiegen, im Vergleich zu 2014 aber deutlich gesunken. „Damals waren es noch dreimal so viele Einbrüche. Das verdanken wir sicherlich einer gezielten Prävention“, sagte der Landrat. Dort sei die Aufklärungsquote mit 14 Prozent relativ niedrig. Für Schuster sei diese Zahl jedoch „ganz ordentlich“, früher sei sie einstellig gewesen.

Polizei im Rhein-Sieg-Kreis konnte 2023 alle Tötungsdelikte aufklären

Auf die genauen Zahlen ging Thomas Sawatzki, Leiter der Direktion Kriminalität, ein. Insgesamt begingen Menschen im vergangenen Jahr 19.141 Straftaten im Rhein-Sieg-Kreis, im Vorjahr waren es 89 mehr. „32 Prozent davon wurden von Ausländern begangen, bei einem Ausländeranteil von 12 Prozent. Beides ist weniger als im Landesdurchschnitt“, sagte Sawatzki, der betonte, dass nicht alle Straftäterinnen und Straftäter auch tatsächlich hier gemeldet seien. Bei den meisten Delikten handele es sich um Ladendiebstähle, Taschendiebstähle und Wohnungseinbrüche.

Eine Frau und ein Mann stehen an Stehtischen.

Thomas Sawatzki, Leiter der Direktion Kriminalität, stellte im Beisein von Pressesprecherin Elisabeth Uhlmann die Zahlen vor.

Insgesamt betrage die Aufklärungsrate gemessen an der Einwohnerzahl 57,6 Prozent, vier Prozent mehr als im Vorjahr. „Das hängt mit einem Anstieg der Gewaltdelikte zusammen, da Täter dort häufig noch vor Ort sind und gefasst werden können“, sagte Sawatzki. Auch Vermögensdelikte seien leichter aufzuklären.

Zu den schlimmsten Gewaltdelikten zählten unter anderem Mord, Totschlag, Vergewaltigungen oder Körperverletzung mit Todesfolge. Die Zahl ist mit 743 Taten ähnlich hoch wie 2022 und seit der Corona-Pandemie stark gestiegen. Alle Tötungen, nämlich sieben, konnte die Polizei 2023 aufklären, die gefährlichen und schweren Körperverletzungen zu rund 83 Prozent. Ähnlich ist die Aufklärungsquote bei Vergewaltigungen gelagert, dort wurden 36 von 42 Taten aufgeklärt.

Zahl der Ermittlungsverfahren wegen sexuellem Missbrauchs an Kindern ist stark gestiegen

Gestiegen, und zwar von 66 auf 116, ist die Zahl sexueller Missbräuche an Kindern. In 170 statt wie zuvor 144 Fällen ermittelte die Polizei wegen Kinderpornografie. Für Sawatzki ist das kein Grund zur Beunruhigung: „Das liegt daran, dass wir das Personal aufgestockt und deutlich mehr Taten aus dem Dunkelfeld gezogen haben. Wenn wir graben, finden wir auch was“, betonte er. Deswegen sei bei der Kinderpornografie auch die Aufklärungsquote gesunken – es gebe viel zu tun.

Die Polizei arbeite hier mit dem Landeskriminalamt zusammen. „Die eingesetzten Beamten sehen viele schreckliche Dinge und werden deshalb intensiv begleitet und betreutet und mitunter auch von Fällen abgezogen“, sagte Sebastian Schuster.

Deutlich gesunken ist die Zahl der Delikte bei der Straßenkriminalität, nämlich auf 4141– das sind weniger Straftaten als vor der Pandemie. Knapp 17 Prozent davon wurden aufgeklärt, meist stahlen Personen etwas aus Autos oder beschädigten diese. „Es wurden deutlich weniger Fahrräder und Mofas gestohlen“, sagte Sawatzki. Nur 629 statt wie zuvor 967 Räder seien verschwunden. Die Aufklärungsquote ist jedoch gering, sie liegt in diesem Bereich bei unter zehn Prozent.

Bei Raubdelikten ist die Zahl so niedrig wie in den Corona-Jahren

„Wir gehen dennoch davon aus, dass die Leute die Diebstähle anzeigen, weil das für die Versicherung wichtig ist.“ Auch gebe es immer wieder Diebstahlserien. So habe die Polizei einen Mann verhaftet, der mehr als 30 Räder aus Kellern und Gartenhäusern in Sankt Augustin gestohlen habe.

Auch bei Raubdelikten ist die Zahl so niedrig wie in den Corona-Jahren, wo sich Menschen weniger auf der Straße aufhielten und überfallen werden konnten. Knapp zwei Drittel aller Fälle wurden aufgeklärt, bei Raubüberfällen in Wohnungen sogar drei Viertel. Banküberfälle gab es im vergangenen Jahr keine.

Die Zahl der Drogen-Delikte liegt ähnlich hoch wie in den Vorjahren, nämlich bei 774. Mehr als die Hälfte davon betrifft Cannabis, das seit Ostermontag in Deutschland legal angebaut werden darf. Sawatzki rechnet deswegen aber nicht mit weniger Arbeit für die Polizistinnen und Polizisten: „Im Gegenteil, wir werden erst mal mehr Arbeit haben, weil wir viele Verstöße rückwirkend überprüfen müssen, weil sie nun nicht mehr strafbar sein könnten.“ Wie seine Behörde die legale Besitzmenge von 25 Gramm und andere Vorgaben überprüfen wolle, wisse er ebenfalls noch nicht.

Landesprogramm „Kurve kriegen“ soll junge Straftäter auffangen

Unter den knapp 9000 Tatverdächtigen im Jahr 2023 waren gut 7000 Erwachsene. Bei Heranwachsenden, also Menschen zwischen 18 und 21 Jahren, lag die Zahl bei 645 – mehr als 2022, aber geringer als vor der Pandemie. Bei strafunmündigen Kindern und Jugendlichen ab 14 Jahren stieg die Zahl seit Corona an. Damit diese nicht zu Intensivtäterinnen und -tätern würden, gebe es im Rhein-Sieg-Kreis seit knapp drei Jahren das Landesprogramm „Kurve kriegen“, das Jörg Seeger aus der Direktion Prävention und Opferschutz vorstellte.

„Das sind Kinder, die oft in der Schule fehlen, nicht integriert sind, keinen Selbstwert haben und versuchen, das mit Straftaten zu kompensieren“, erklärte er. Durch verschiedene pädagogische Angebote und Maßnahmen würden die insgesamt 33 jungen Menschen, die seit 2021 betreut wurden, davon abgehalten, weiter Straftaten zu begehen. Die Jüngsten sind zehn Jahre alt, die Ältesten 18 Jahre. „Wir begleiten sie zum Jugendamt oder zur Vernehmung bei der Polizei, auch, um Ängste und Vorurteile abzubauen. Oder wir vermitteln in den Schulen. Zwei Teilnehmende haben so noch ihren Hauptschulabschluss machen können“, sagte Seeger. Abgebrochen, das zeigt die Statistik, habe das Programm niemand.

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