Kritik an NachholterminFolgt auf die Prüfungspanne das nächste Abi-Chaos in Rhein-Sieg?

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Schüler sitzen vor Beginn der schriftlichen Abiturprüfungen in einem Klassenraum.

Eigentlich wären am Mittwoch die Abiprüfungen in NRW gestartet. Daraus wurde wegen einer Technikpanne nichts. (Symbolbild)

Die Reaktionen auf das Abi-Desaster reichen in Rhein-Sieg von erleichtert bis genervt. Warum der Nachholtermin am Freitag für Skepsis sorgt.

„Das ist maximal dumm gelaufen“, sagt Sebastian Kaas, Schulleiter des Siegburger Anno-Gymnasiums, über die Verschiebung von Abiturprüfungen vom Mittwoch auf kommenden Freitag. Bis zur endgültigen Absage um 20 Uhr am Dienstag hätten zahlreiche Lehrkräfte bereitgestanden, um noch auf eine kurzfristige Ansage reagieren zu können, berichtet er. Am Abend sei ihnen dann aber nur noch die Aufgabe geblieben, möglichst alle Schülerinnen und Schüler über die Absage der Prüfungen am nächsten Tag zu informieren.

Das sei auch gelungen. „Hier stand heute früh kein Schüler, der seine Prüfung ablegen wollte. Lediglich ein Vater hat zur Sicherheit angerufen“, berichtete Kaas am Mittwoch.

Abgesagte Abi-Prüfungen: Allein in Siegburg sind 75 Schüler betroffen

Eigentlich sollten am Mittwoch (19. April) in NRW die schriftlichen Abiturprüfungen für tausende Schülerinnen und Schüler beginnen. Daraus wird aber nichts. Das Schulministerium hat den Start der Abi-Klausuren auf Freitag verschoben. Grund sei ein „massives technisches Problem“.

Die zentral gestellten Aufgaben waren nicht überall verlässlich herunterzuladen. Am Mittwoch waren Prüfungen in Biologie, Chemie, Ernährungslehre, Informatik, Physik und Technik angesetzt, die allein in Siegburg 75 Schülerinnen und Schüler hätten schreiben sollen.

Bahnstreik in Rhein-Sieg könnte am Freitag für Probleme sorgen

Dem Anno-Gymnasium war es mithilfe der Bezirksregierung am späten Nachmittag gelungen, die Aufgaben zu downloaden. Lehrer sagten kurzfristig Unterricht ab, um diese noch durchrechnen zu können. Jetzt liegen sie im Safe der Schule - in der Hoffnung, dass sich nichts mehr ändert. „Wir müssen uns darauf einstellen, womöglich noch einmal neue Aufgaben zu bekommen, sollte es bis Freitag irgendwo ein Leck geben“, sagt der Schulleiter des Anno-Gymnasiums. Dann sollen die Prüfungen vom Mittwoch nachgeholt werden.

„Wer mir jetzt richtig leid tut, sind unsere Schülerinnen und Schüler“, sagt Kaas. Die hätten ab Donnerstag eigentlich für die nächsten Prüfungen lernen können, nun würden die Lernpläne umgeworfen. „Das ist natürlich alles andere als optimal.“

Der Schulleiter des Anno-Gymnasiums sieht noch weitere Probleme: „Für den Freitag wurde bundesweit zu Warnstreiks im Bahnverkehr aufgerufen. Das könnte all diejenigen Schülerinnen und Schüler treffen, die eine weitere Anfahrt haben“, fürchtet der Schulleiter. Eigentlich wäre der Tag prüfungsfrei gewesen. Hinzu komme das Zuckerfest. „Das tut mir besonders für die Muslimmen und Muslime an unserer Schule leid, die nun an diesem besonderen Tag eine Abiprüfung ablegen müssen“, sagte Kaas am Vormittag. Wenig später teilte das Schulministerium mit, dass Schülerinnen und Schüler, die am Freitag das Zuckerfest begehen, später nachschreiben können.

Abgesagte Prüfungen: Reaktionen der Schüler gehen auseinander

Bei den Schülerinnen und Schülern sorgte die Information für unterschiedliche Reaktionen: Julia Ahrends aus Lohmar geht aufs dortige Gymnasium und hätte am Mittwoch Biologie-Grundkurs schreiben sollen. Die Mail des Oberstufenkoordinators kam um 20.43 Uhr. „Es hatte den ganzen Tag Gerüchte gegeben, aber ich war nur am Lernen, deswegen habe ich keine Nachrichten geschaut“, sagt sie. Die Mail der Schule sei nur zehn Minuten später gekommen, nachdem die Schule selbst informiert worden sei.

Eine junge Frau sitzt am Schreibtisch.

Im Biologie-Grundkurs wäre Julia Ahrends (links) geprüft worden. Daraus wurde nichts.

„Ich habe mich sehr gefreut, weil ich Bio am Mittwoch geschrieben hätte und Sowi LK direkt am Donnerstag. Ich habe am Dienstag nur Bio gelernt und bin froh, für das andere Fach noch einen Tag mehr zu haben“, sagt die 18-Jährige. „Ein bisschen bringt es meine Pläne aber trotzdem durcheinander, ich muss Treffen für Donnerstag absagen, um wieder Bio lernen zu können.“

Schüler sind genervt von Pannen beim Zentralabitur in NRW

Die Meinungen in ihrer Stufe gingen auseinander: Andere Mitschülerinnen und Mitschüler seien froh, wenn sie die Klausur hinter sich gehabt hätten und müssen nun zwei Tage länger warten. Lilli Remmel (19) hatte sich in den vergangenen Wochen intensiv mit Elektrik, Atom- und Kernphysik beschäftigt, dann erfuhr sie, dass ihr Physik-Leistungskurs die Klausur später schreiben würde. Da war sie gerade auf dem Weg zum Supermarkt, um Proviant für die mehrstündige Prüfung zu kaufen.

Eine junge Frau sitzt am Wohnzimmertisch.

Lilli Remmel erwarten zwei Tage Extra-Stress vor der Physik-Klausur.

„Vor der Klausur habe ich echt am meisten Respekt. Ich kann an sich gut lernen, aber wäre froh, wenn ich sie geschafft hätte“, sagt sie. Bis Dienstagmittag habe sie gelernt, bis sie einen Schlussstrich zog. „Jetzt habe ich zwei Tage länger Stress. Ich lerne auch ungern zwei Fächer gleichzeitig, mit der Vorbereitung auf Englisch kann ich jetzt erst später beginnen“, klagt sie.

Jedes Jahr höre man Geschichten, dass bei irgendeiner Prüfung des Zentralabiturs etwas schieflaufe. „Man denkt, wenn das vom Land kommt, müsste das noch funktionieren. Ich habe die Gerüchte auch nicht geglaubt. Dass die Server abstürzen, ist schon sehr komisch.“


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