„In diesem Alter noch nie gesehen“Bayer-04-Zugang Granit Xhaka schwärmt von Florian Wirtz

Lesezeit 5 Minuten
Florian Wirtz jubelt.

Will häufiger so jubeln in der kommenden Saison: Florian Wirtz.

Florian Wirtz ist das Juwel im Kader von Bayer 04. Für den 20-Jährigen steht in Leverkusen eine richtungweisende Saison an.

Ein perfekt getimter Pass, Florian Wirtz legt sich den Ball mit dem ersten Kontakt perfekt in den Lauf, Lukas Hradecky stürmt auf ihn zu, Wirtz holt aus, als würde er mit einem Gewaltschuss das Netz zerfetzen wollen, lupft die Kugel dann aber gefühlvoll über den Torwart hinweg ins Gehäuse. Die Kinder am Zaun kreischen, Wirtz hebt zum Sprungjubel ab und grinst schelmisch. Der 20 Jahre junge Hoffnungsträger von Bayer 04 Leverkusen strahlt in diesen Tagen im Trainingslager im österreichischen Saalfelden eine gute Mischung aus: lässig und locker auf der einen, fit und fokussiert auf der anderen Seite.

Bayer 04: Florian Wirtz fühlt sich fit

Ein Rückblick: Im Jahr zuvor sah das noch ganz anders aus, nach dem erlittenen Kreuzbandriss im März 2022 war Wirtz im Juli nur Nebendarsteller auf dem Trainingsplatz, absolvierte individuelle Übungen, entfernt von der Mannschaft. „Ich genieße es dieses Jahr deshalb umso mehr“, sagt er. „Mir machen auch die kleinen Spiele, die Ballbesitzformen sehr viel Spaß. Das liebe ich. Ich fühle mich fit, kann viel Gas auf dem Platz geben. Wenn man dann noch solche Tore macht, hat man gleich noch mehr Spaß.“

Auf Wirtz lastet weiterhin viel Druck, mit dem er bisher in seiner noch jungen Karriere erstaunlich gut umgegangen ist. Mit geschätzten 85 Millionen Euro Marktwert ist er das Juwel im Bayer-04-Kader. In Granit Xhaka, Jonas Hofmann und Alejandro Grimaldo hat er nun prominente und erfahrene Unterstützung bekommen, die ihm und der Mannschaft helfen soll, das Spiel der Werkself auf ein anderes Level zu heben. „Die Mannschaft hat sich verändert, ich habe einen sehr guten Eindruck von den Neuen. Es macht sehr viel Spaß, mit den Jungs auf dem Platz zu stehen. Von einigen kann man etwas lernen. Ich freue mich sehr auf die nächste Zeit mit der Mannschaft“, sagt Wirtz.

Granit Xhaka: „Unglaubliche Qualität“

Um zu verstehen, wie gut der gebürtige Pulheimer wirklich ist, hilft die Einschätzung von Granit Xhaka – einem Spieler, der in seiner langen Karriere bei Borussia Mönchengladbach, dem FC Arsenal oder der Schweizer Nationalmannschaft schon einige vielversprechende Talente hautnah erlebt hat. „Ich habe von Florian schon viel gehört, aber es ist natürlich etwas anderes, wenn man ihn jetzt persönlich kennengelernt hat“, sagt der 30-Jährige. „Er hat eine unglaubliche Qualität, so etwas habe ich in diesem Alter noch nie gesehen. Er ist schon sehr weit.“

Nach seiner Rückkehr aus der Verletzung im Januar war Wirtz dann auch direkt wieder elementarer Bestandteil des Aufschwungs der Leverkusener in der Rückrunde. Mit vier Toren und acht Vorlagen in 25 Pflichtspielen half er dabei, dass Leverkusen bis ins Halbfinale der Europa League vorstieß, in dem die Werkself dann denkbar knapp an der AS Rom scheiterte.

„Es wäre für den gesamten Verein schön gewesen, mal wieder einen Titel zu gewinnen“, betont Wirtz und zieht mit etwas Abstand das Positive aus der Enttäuschung: „Wir sind durch diese Erfahrung noch gieriger geworden, wollen noch weiterkommen. Jedem ist bewusst, dass die Europa League ein guter Wettbewerb ist, um schöne Momente zu haben und ihn zu gewinnen. Wir werden alles geben, um weiterzukommen als vergangene Saison.“

Bayer 04: Erfolgsfaktor Xabi Alonso

Ein Erfolgsfaktor für die Weiterentwicklung der Mannschaft, aber auch für ihn persönlich soll natürlich Xabi Alonso sein – den Coach, den die Leverkusener Spieler unisono als große Persönlichkeit mit einem nahezu unerschöpflichem Fundus an Fußballsachverständnis wahrnehmen. „Der Trainer hat mir meine Stärken noch bewusster gemacht“, sagt Wirtz. „Wir haben jetzt auch schon gesprochen, was diese Saison für mich und die Mannschaft wichtig sein wird. Deswegen freue ich mich auf die Zusammenarbeit mit ihm in der nächsten Saison.“

Konkreter wird Wirtz nicht, was die Anforderungen an seine Person betrifft. Auch hier hilft Xhaka: „Flo weiß, was er in dieser Saison zu tun hat: mehr Scorerpunkte. Wir versuchen, ihm dabei zu helfen, er ist ein sehr wichtiger Spieler für dieses Team.“

Für den filigranen Mittelfeldtechniker ist die kommende Spielzeit richtungweisend – im Verein, aber auch in der Nationalmannschaft. Die EM 2024 in Deutschland ist eines der großen Ziele, das nach Abschluss einer hoffentlich erfolgreichen Saison mit Bayer 04 wartet. Er wolle mit guten Leistungen dafür sorgen, dass Bundestrainer Hansi Flick bei der Nominierung an ihm nicht vorbeikomme. Auch wenn er genau weiß, dass es zwischen seinen Leistungen im Verein und der Nationalelf zuletzt große Diskrepanzen gab. Woran das liegen mag, kann Wirtz selbst nur vermuten: „Ich war noch nicht so oft dabei, die Mannschaft muss sich noch finden, ich muss meine Qualitäten noch besser auf den Platz kriegen. Ich war oft nicht zufrieden mit meiner Leistung. Das wird mit der Zeit kommen, wenn man sich mit den Mitspielern auf dem Platz besser versteht.“

Wirtz ist sich auch bewusst, dass die Stimmung um die Nationalelf derzeit im Keller ist. „Es gab schon mal bessere Zeiten“, sagt er nüchtern. „Man merkt im Stadion, dass die Fans nicht zufrieden sind. Das müssen wir verbessern. Die Ergebnisse müssen irgendwann kommen. Wir haben noch ein bisschen Zeit, bis zur EM werden wir gut vorbereitet sein und die Fans wieder begeistern. Ich hoffe, wir kommen weit und können vom Titel träumen.“ Vorher leben aber noch die Titelträume mit Bayer 04 in der Meisterschaft, dem DFB-Pokal und der Europa League.

KStA abonnieren