Königstransfer übertrifft ErwartungenWie Granit Xhaka die Werkself auf ein anderes Level hebt

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Granit Xhaka (l.) und Florian Wirtz.

Wirken jetzt schon sehr eingespielt: Granit Xhaka (l.) und Florian Wirtz.

Die neue Spielanlage von Bayer 04 Leverkusen lebt von vielen Facetten. Aber ein ganz entscheidender Mann ist Granit Xhaka.

Flache Hierarchien hin oder her - jede Fußballmannschaft braucht Chefs auf dem Platz. Bayer 04 Leverkusen hat mehrere, doch einer ragte an den ersten beiden Spieltagen besonders heraus: Granit Xhaka. Der Königstransfer des Sommers erfüllt schon sehr früh in dieser Bundesligasaison alle Erwartungen, die an ihn gestellt wurden, ja, er übertrifft sie sogar.

Hätte Jonathan Tah am vergangenen Samstag im Topspiel bei Borussia Mönchengladbach nicht knapp im Abseits gestanden, hätte sich Granit Xhaka per Volley-Traumtor auch noch in die Torschützenliste eingetragen. Es wäre die Krönung einer ohnehin überragenden Leistung gewesen. Der Schweizer Nationalmannschaftskapitän war Organisator einer nahezu durchchoreografierten Galavorstellung der Werkself.

Gladbach-Trainer Gerardo Seonao, der vor einem Jahr noch von der Leverkusener Bank aus Anweisungen gab, wirkte fast schon neidisch auf die Möglichkeiten und den Spielstil seines Nachfolgers Xabi Alonso. „Sie haben ein gutes Positionsspiel, den einen oder anderen Spieler, der unter Druck richtig spielt, das Timing vorgibt wie Xhaka, wie Edmond Tapsoba im Spielaufbau. Und sie haben den Rhythmuswechsel mit Florian Wirtz, Jonas Hofmann und Jeremie Frimpong. Viel Kreativität, viel Mobilität“, sagte der Coach nach der 0:3-Niederlage.

Lothar Matthäus vergleicht Granit Xhaka mit Xabi Alonso

Einen wie Xhaka im Maschinenraum hätten viele Klubs gerne, sogar der große FC Bayern, bei dem derzeit die Diskussion köchelt, ob Joshua Kimmich wirklich der richtige Mann für die Sechserposition ist. Lothar Matthäus schwärmt regelrecht vom gebürtigen Baseler. „Xhaka ist natürlich genau im Zentrum, wo er hingehört. Auf ihn hört jeder: Nach vorne gibt er sein Okay, nach hinten organisiert er“, betont der Weltmeisterkapitän von 1990 und hebt die Mannschaftsdienlichkeit des ehemaligen Gladbachers hervor: „Er geht selber in den Raum oder holt seine Mitspieler zurück. Dadurch ist diese Mannschaft auch sehr gut organisiert strategisch. Sowohl in die eine als auch in die andere Richtung. Da ist Xhaka ein bisschen der Alonso vor zehn, 15 Jahren.“

Alonso sieht das ähnlich: „Granit ist sehr wichtig für mich. Er muss die Verbindung zwischen Abwehr und Angriff sein. Er versteht, was wir im Spiel brauchen - in jedem Moment. Dadurch können wir das Spiel besser kontrollieren, sind stabiler. Granit hat diese Rolle von seinem ersten Tag an bei uns angenommen. Wir sind sehr glücklich mit ihm.“

Man merkt Xhaka an, dass er mit seinen 30 Jahren konditionell top ist und sich womöglich in der Form seines Lebens befindet. Eigentlich kein Wunder, das sagen einem schließlich auch die Zahlen. Denn in der vergangenen Saison, als der FC Arsenal es beinahe geschafft hätte, die Übermannschaft von Manchester City in der Premier League abzuhängen, stand Xhaka in 37 von 38 Pflichtspielen auf dem Platz, 35 Mal in davon in der Startelf. Er erzielte sieben Tore und bereitete sieben weitere für den Vizemeister vor. Und das nicht mal auf seiner Lieblingsposition. Ex-Coach Mikel Arteta ließ ihn als Achter spielen.

Granit Xhaka sieht sich als Sechser

Es war ein Grund für den 15-Millionen-Euro-Wechsel nach Leverkusen, dass ihn Xabi Alonso als Sechser sieht, genau wie er selbst. „Ich habe gerne das Spiel vor mir“, sagt Xhaka. Wozu er dann im Stande ist, zeigte er in Gladbach. Das 1:0 und das 2:0 leitete er mit zwei präzisen Pässen ein. Mit drei starken Innenverteidigern im Rücken, einem aggressiven Exequiel Palacios neben ihm und den drei variablen Offensivartisten Wirtz, Hofmann und Victor Boniface vor sich, hat Xhaka alle Voraussetzungen, um das Bayer-04-Spiel auf das nächste Level zu heben. Und das macht er auch.

Die Fachwelt feiert Xhaka und die Werkself nach ihren beeindruckenden Siegen gegen Leipzig und in Gladbach. Doch der Ex-Gladbach-Kapitän ist natürlich mittlerweile erfahren genug, um zu wissen, was er sagen muss, damit die Wahrscheinlichkeit auf einen Titelgewinn am Ende der Saison möglichst hoch bleibt. „Wir sind gut, ja, aber wir haben auch Sachen, die wir verbessern müssen. Ich will der Mannschaft nicht zu viel Druck machen“, sagt er und legt dann den Finger in die Wunde: „Wenn man ehrlich ist, hätten wir zur Halbzeit schon mit 5:0 führen müssen.“

Das gefällt Alonso. „Granit hat auch einen guten Einfluss auf die jüngeren Spieler“, sagt der Spanier. „Er hilft ihnen, besser zu spielen und zu verstehen, was in jedem Moment zu tun ist. Wir wollen flexibel sein, wir wollen dynamisch sein. Es gibt für uns nicht nur einen Weg, zu spielen. Wenn wir das verstehen und es fühlen, sind wir in jedem Spiel in der Lage, den Gegner zu schlagen.“ Das ist der Plan.

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