Probleme, Startelf, StimmungZehn Thesen zum deutschen Spiel gegen Südkorea

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DFB-Training_Südkorea

Volle Konzentration auf Südkorea: Die Nationalmannschaft im Training

Kasan – Das schöne Stadion in Kasan ist einigen deutschen Spielern noch in Erinnerung. Beim Confederations Cup 2017 gab es ein heißblütiges 1:1 gegen Chile. Am Mittwoch um 16 Uhr (ZDF) könnte dieses Resultat in zu erwartender drückender Hitze gegen Südkorea zu wenig sein. Selbst der Gegner ist noch nicht sicher ausgeschieden. Es gibt viele komplizierte Fragen und einige schwierige Antworten zum Vorrunden-Entscheidungsspiel des Weltmeisters.     

Worauf achtet das Trainerteam besonders?

Frische! Die vergangenen Tage waren aufreibend, „nicht nur für den Körper, sondern auch für den Kopf“, sagt Timo Werner. Eine Woche lang im Mediengewitter, 95 Minuten unter Superdruck gegen Schweden, die Jubelorgie in der Nachspielzeit, der verspätete Nachtflug im Starkregen zurück und direkt wieder ab in die Luft nach Kasan – all das muss erst einmal verarbeitet werden. Ergo: Trainingsbelastung auf Koronarsportniveau. Und: kaum eine Pause für die Masseure.

Wie groß ist das Wir-Gefühl?

„Wir sind als Team enger zusammengerückt“, glaubt Werner. „jeder hat bewiesen, dass er für den anderen kämpft.“ Er habe so etwas „noch nie“ erlebt. „Das kann ein Wendepunkt gewesen sein“, hofft Thomas Müller.

Was ist zu tun?

Toni Kroos, Schütze des spektakulären 2:1-Siegtores gegen Schweden in der Nachspielzeit, ist sicher: „Das Adrenalin und die Klasse werden es gegen Südkorea richten.“ Nur ein Sieg mit zwei Toren Vorsprung reicht sicher für das Achtelfinale. Alle anderen Rechnungen bergen ein unkalkulierbares Risiko.

Achtelfinale dpa

Wer spielt?

Schwer zu sagen. Es gibt keine Stammelf mehr, noch nicht mal mehr eine Achse. Nicht auszuschließen, dass Mario Gomez von Anfang an neben Werner angreifen darf. Seit dem Mexiko-Spiel ist alles anders, als es vorher war. Vor der WM wussten zehn von elf Spielern, dass sie in der Startelf stehen. Jetzt wissen es nur noch Neuer, der wiedergenesene Hummels, Kimmich, Kroos, Reus, Werner und Hector.

Was ist mit Mesut Özil los?

Hat seinen Platz hinter den Spitzen an Reus verloren. Reagierte mit nachlässiger Körpersprache, aber auch mit einem Instagram-Eintrag, auf dem er für die Handykamera neben Reus breit lächelt. Reus über das Zustandekommen: „Mesut hat die 10, ich die 11, deshalb sitzen wir halt nebeneinander und haben das Foto gemacht. Es war ihm wohl wichtig, das zu posten.“ Özil schrieb: „Wir sind ein Team. Auf und abseits des Platzes. Egal, was sie sagen.“

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Toni Kroos (l.) und Bundestrainer Joachim Löw

Was passiert mit Sami Khedira?

Der Platz neben Kroos dürfte wieder freigeworden sein, da Rudy einen Trümmerbruch des Nasenbeins erlitt und operiert werden musste. Aber der eher schwergängige Khedira drängt sich gegen die kleinen, flinken Südkoreaner nicht unbedingt auf. Eher später im Turnier. Könnte eine Chance für Ilkay Gündogan sein.

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Thomas Müller spielte bislang glücklos.

Wohin mit Thomas Müller?

Auf Rechtsaußen ist er bloß eine Randfigur. Sein Fleiß ist ungebrochen, sein Glück jedoch verflogen. Denkt an alle und alles und ein bisschen zu wenig an sich selbst. Trifft einfach den Ball nicht richtig und kommt nicht in die Zonen, wo er Unheil anrichten könnte. Dürfte aber eine weitere Chance bekommen. Julian Brandt scharrt mit den Hufen, bleibt wohl aber auf der Bank.

Wie gut ist die Mannschaft tatsächlich?

In dieser Form nicht weltmeistertauglich. Deshalb verschiebt Löw so viel hin und wieder her. Eigentlich war die WM nicht als Experimentierfeld gedacht. Ist sie jetzt aber geworden.

Wie geht der DFB mit seinen Mitarbeitern um, die nach dem Schweden-Spiel für einen Eklat gesorgt hatten?

Am Montag war Präsident Reinhard Grindel im Teamquartier in Watutinki und hat die Scharmützel nach dem Schweden-Spiel zur Chefsache erklärt. Die beiden Terrier, Organisationsleiter Georg Behlau und TV-Medienboss Uli Voigt, wurden zur Ordnung gerufen. Noch vor einem Fifa-Urteil wurde entschieden, dass beide im Südkorea-Spiel keine „Funktionen im Stadion-Innenraum wahrnehmen werden“. Voigt – ein feiner Kerl, der zu emotionalen Ausbrüchen neigt – spricht selbstkritisch von einer „bescheuerten Aktion“. Er habe sein „Gehirn ausgeschaltet“. Auch Behlau, gemeinhin kein aggressiver Lautsprecher, ärgert sich über sich selbst: „Da bin ich zu weit gegangen.“ Teamintern heißen die beiden jetzt Bud Spencer und Terrence Hill.

Wie geht’s nun weiter?

Bei einem derzeit wahrscheinlichsten deutschen Gruppenplatz zwei könnte es im Viertelfinale ein Wiedersehen mit der Arena in Kasan geben. Und schon im Achtelfinale ein Duell gegen Brasilien in Samara. Geplant war das so nicht. Für den Fall des Ausscheidens kommt die Sondermaschine der Lufthansa herbeigeeilt. Die Crew steht auf Stand-by.

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