Teil 21Verbpartikeln und echte Adverbien

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Das nächste Kapitel der Getrennt- und Zusammenschreibung handelt von Verben, die sich mit mehr oder weniger schwer definierbaren Wörtern verknüpfen. Der Rat für Rechtschreibung bezeichnet sie als Verbpartikeln. Dazu zählt er Wörter, die genauso aussehen wie Präpositionen oder Adverbien, immer aber mit einem Verb zusammen auftauchen. Das ist aus sprachwissenschaftlicher Sicht wohl streitbar, aber versuchen wir, über diese Definition dem Problem zu Leibe zu rücken.

Im Deutschen kann man viele Verben stark in ihrer Bedeutung variieren, wenn man sie mit einem Wort verknüpft, das wie eine Präposition aussieht: angehen, abgehen, aufgehen, hingehen, vorgehen, rangehen, übergehen, zugehen. Die Liste der den Präpositionen gleichenden Verbpartikeln ist sehr lang. Sie werden immer mit dem folgenden Verb zusammengeschrieben - natürlich nur, wenn sie auch direkt nebeneinanderstehen: an-, ab-, auf-, aus-, bei-, durch-, ein-, entgegen-, entlang-, gegen-, gegenüber-, hinter-, in-, mit-, nach-, über-, um-, unter-, vor-, wider-, zu-, zuwider-, zwischen-. Diese Liste ist zwar nicht vollständig, zeigt aber doch viele der gebräuchlichsten präpositionsähnlichen Verbpartikeln auf.

Daneben gibt es dann die Verbpartikeln, die den Adverbien gleichen. Diese von den „echten“ Adverbien zu unterscheiden, die nicht mit dem folgenden Verb zusammengeschrieben werden, ist schon etwas schwieriger. Ein wenig hilft uns hier die Aussprache weiter. Bei den „echten“ Adverbien liegt die Betonung sowohl auf dem Adverb als auch auf dem nachfolgenden Verb. Ein Beispiel mag das verdeutlichen: Wir haben uns mit diesem Problem genau auseinandergesetzt. Die beiden Tratschtanten hat der Lehrer auseinander gesetzt. Im ersten Beispiel liegt der Akzent nur auf dem Wort auseinander, während im zweiten Beispiel auch das Verb setzen mit betont ist. Manchmal ist der erste Teil auch gar nicht betont. Oft lässt sich das „echte“ Adverb auch durch andere, synonyme Wörter ersetzen (im Lehrer-Beispiel durch „separat“ oder „getrennt“). Zu den Verbpartikeln, die den Adverbien ähneln, gehören folgende: abwärts-, auseinander-, beisammen-, davon-, davor-, dazu-, dazwischen-, empor-, fort-, her-, heraus-, herbei-, herein-, hin-, hinaus-, hindurch-, hinein-, hintenüber-, hinterher-, hinüber-, nebenher-, nieder-, rückwärts-,umher-, voran-, voraus-, vorbei-, vorher-, vorweg-, weg-, weiter-, wieder-, zurück-, zusammen-, zuvor-.

Sie werden mit dem Verb zusammengeschrieben, so lange diese Wörter keine selbstständigen Adverbien sind. Falls die Betonungsprobe einmal nicht weiterhilft, empfiehlt sich eine Umstellprobe. Stellen Sie sich einen Satz wie diesen vor: Sie wollte nicht immer dabei / sitzen. Wenn zwischen den ersten Teil und das zugehörige Verb weitere Satzglieder treten können, spricht das für eine Getrenntschreibung. Dabei wollte sie nicht immer sitzen oder sie wollte dabei nicht immer sitzen (sondern auch ab und zu mal stehen). In einer anderen Satzbedeutung kann man dagegen diese beiden Bestandteile nicht trennen: Dabeisitzen wollte sie nicht immer oder sie wollte nicht immer nur dabeisitzen (sondern auch einmal etwas sagen).

Eine weitere Gruppe von häufig mit Verben zusammengesetzten Wörtern sind diejenigen, die praktisch nie mehr in freier Wildbahn vorkommen: abhanden-, anheim-, bevor-, dar-, einher-, entzwei-, fürlieb-, hintan-, inne-, überein-, überhand-, umhin-, vorlieb-, zurecht- und zusätzlich fehl-, feil-, heim-, irre-, kund-, preis-, wahr-, weis-, wett-.

Es soll ja Leute geben, denen das Auswendiglernen solcher Reihen besonders gut liegt, wenn nicht sogar Spaß macht. Mir und wahrscheinlich auch Ihnen bleibt in vielen dieser Fälle wohl auch in Zukunft nichts anderes übrig, als öfter mal nachzuschlagen - trotz Reform der Reform. Aber bitte nur in den allerneuesten Nachschlagewerken, sonst könnte es passieren, dass Sie restlos durcheinanderkommen. Oder durcheinander kommen?

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