„Darf kein Strohfeuer sein“Um diese Punkte streitet die Politik beim Neun-Euro-Ticket

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Ein neues Stellwerkhat am 2. November die Steuerung des S-Bahnverkehrs am Hauptbahnhof übernommen.

Köln/Düsseldorf/Berlin – Um die geplante Einführung des auf drei Monate befristeten 9-Euro-Tickets im Nahverkehr, das ab 1. Juni kommen soll, ist ein Streit zwischen Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) und den Verkehrsministern der Länder entbrannt.

Es geht – natürlich – ums Geld. Wissing hat für das laufende Jahr ein Gesamtpaket geschnürt, das eine Erhöhung der Mittel für die Finanzierung des Nahverkehrs in Deutschland um 3,7 Milliarden Euro vorsieht.

Davon sollen neben den Corona bedingten Ausfällen bei den Fahrgeldeinnahmen auch die Kosten für das 9-Euro-Ticket in Höhe von 2,5 Milliarden Euro bezahlt werden. Das reiche hinten und vorne nicht, kritisiert nicht nur der Deutsche Städtetag.

Wissing lehnt Kostenübernahme ab

Das sieht man im NRW-Verkehrsministerium ähnlich und macht eine andere Rechnung auf. Danach summieren sich bundesweit allein die Corona-Kosten auf 1,3 Milliarden Euro. Hinzu kommen 900 Millionen durch die gestiegenen Energiepreise und 750 Millionen für höhere Personal- und Sachkosten.

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Den Vorschlag der Bundesländer, dass diese weiteren knapp drei Milliarden Euro zur Hälfte vom Bund übernommen werden soll, lehnt Wissing ab und weiß Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hinter sich.

Am Mittwoch ist das 9-Euro-Ticket Thema im Bundeskabinett: So soll das Regionalisierungsgesetz angepasst werden, um das verbilligte Nahverkehrsangebot zu finanzieren. Spätestens am 20. Mai soll die Anpassung vom Bundesrat verabschiedet werden, bevor der Gültigkeitszeitraum am 1. Juni starten kann.

Sollte der Bund sich nicht bewegen und zu seiner alten Zusage zurückkehren, die kompletten Kosten für das 9-Euro-Ticket zu übernehmen, könnte eine Blockade im Bundesrat drohen.

Doch damit nicht genug. Auch will Bundesverkehrsminister Wissing keine weiteren Gelder lockermachen, um die geplante Ausweitung des Nahverkehrs bis 2030 zu finanzieren. Dabei soll der ÖPNV maßgeblich dazu beitragen, damit die Bundesregierung die Pariser Klimaziele bis 2030 doch noch erreichen kann.

Kein Geld für mehr Fahrten von Nahverkehrszügen

Bundesweit benötige man dazu ab 2022 weitere 1,5 Milliarden Euro pro Jahr – aufwachsend bis zum Ende des Jahrzehnts, heißt es aus NRW. Auch da hält Wissing dagegen. Mehr Geld werde es nicht geben. Es gehe zunächst darum, die Strukturen zu verbessern und moderner und effizienter zu werden.

Viel Zündstoff also vor der Verkehrsministerkonferenz, die am Mittwoch und Donnerstag kommender Woche in Bremen tagt. „Es ist unverständlich, weshalb der Bundesverkehrsminister den Ausgleich für Kostensteigerungen von 1,5 Milliarden Euro ablehnt. Dieses Geld ist lebensnotwendig für Busse und Bahnen in Deutschland“, kritisiert NRW-Verkehrsministerin Ina Brandes (CDU).

„Es drohen sonst kurzfristige Liquiditätsprobleme bei oft mittelständischen Verkehrsunternehmen durch die Energiepreiserhöhungen im Zusammenhang mit der Ukrainekrise. Das Gleiche gilt übrigens für die Unternehmen des Gütertransportgewerbes.“ Man werde das Projekt „9 für 90“ weiterhin konstruktiv begleiten. Es dürfe jedoch „kein Strohfeuer“ sein, sondern müsse den Anstoß für eine „bessere und saubere Mobilität in Nordrhein-Westfalen“ geben.

Man sei optimistisch, durch das befristete Ticket Menschen dauerhaft vom Umsteigen auf Bahn und Bus zu überzeugen. Der landesweite E-Tarif, bei dem man mit dem Smartphone ohne Tarifkenntnisse einfach ein- und auschecken könne, sei mittlerweile „etabliert“.

NRW sieht Klimaziele gefährdet

Die Verkehrswende könne nur gelingen, wenn es attraktivere Angebote gebe. Dazu gehören Zugverbindungen in höherer Taktung, neue Schnellbuslinien und eine bessere Vernetzung von verschiedenen Verkehrsmitteln zum Beispiel über Mobilstationen“, so Brandes. „Deshalb brauchen wir heute, und nicht irgendwann, mehr Planungssicherheit und Klarheit über eine gesicherte Finanzierung des ÖPNV für die nächsten Jahre. Jedes Zögern des Bundes gefährdet die Erreichung der Klimaziele.“

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