Angestellte streiken seit MaiWarum Verdi die Erhöhung der Rewe-Gehälter falsch findet

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Nobelstraße. Foto: Ralf Krieger

Eingang eines Rewe-Markts in Leverkusen

Das Kölner Unternehmen kündigte an, 5,3 Prozent mehr zahlen zu wollen. Gewerkschafterinnen ärgern sich über den Schritt.

Mit einem ungewöhnlich klingenden Schritt ließ Rewe in der vergangenen Woche aufhorchen: Die Handelsgruppe – zu der neben den Rewe-Supermärkten auch die Discounter von Penny, Baumärkte von Toom und der Großhändler Lekkerland gehören – entschied sich, freiwillig die Löhne und Gehälter seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Deutschland zu erhöhen. Im Einzelhandel soll es ab Oktober 5,3, im Großhandel 5,1 Prozent mehr Geld geben.

Verdi fordert 2,50 Euro mehr Gehalt pro Stunde

Der Einzelhandel befindet sich seit bald einem halben Jahr in schwierigen Tarifverhandlungen mit der Gewerkschaft Verdi. Es geht um einen angemessenen Ausgleich der gestiegenen Lebenshaltungskosten der Angestellten. Verdi fordert 2,50 Euro mehr Gehalt pro Stunde, eine um 250 Euro höhere Ausbildungsvergütung und einen Mindestlohn von 13,50 Euro pro Stunde. Die Laufzeit des Tarifvertrages soll zwölf Monate betragen.

Während des Verdi-Bundeskongresses preschte der Handelsverband Deutschland (HDE) plötzlich vor – und riet seinen Mitgliedern, nicht auf einen Tarifabschluss zu warten, sondern die Löhne freiwillig zu erhöhen. Rewe folgte der Empfehlungen, Aldi, Lidl, Kaufland und die Otto-Gruppe zogen den Kölnern nach.

Bei der Gewerkschaft kommt das unterdessen nicht gut an, obwohl sie sich doch für die Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einsetzt – die ja auch zu profitieren scheinen. So vermutet Verdi unlautere Absichten. „Es stellt sich die Frage nach der Motivation“, sagte Verdi-Sprecherin Lisa-Isabell Wahr: „Die Erhöhung soll den Kolleginnen und Kollegen bei den Streiks den Wind aus den Segeln nehmen.“

Es sind 92 Cent, die eine Verkäuferin mehr bekommt. Die Rewe sollte ihren Einfluss eher geltend machen, um zügig zu einem Tarifabschluss zu kommen.
Silke Zimmer, Verdi-Verhandlungsführerin

Verdi-Chef Frank Werneke nannte die Erhöhung gar einen „Schlag ins Gesicht für die Beschäftigten im Handel“. Silke Zimmer, die für Verdi die Tarifverhandlungen mit den Arbeitgebern führt, sagte am Montag dem „Kölner Stadt-Anzeiger“: „Das, was jetzt freiwillig gezahlt wird, bedeutet einen weiteren Reallohnverlust für die Beschäftigten. Es sind 92 Cent, die eine Verkäuferin mehr bekommt. Die Rewe sollte ihren Einfluss eher geltend machen, um zügig zu einem Tarifabschluss zu kommen.“ Freiwillige Erhöhungen seien keine Lösung, es müsse rechtsverbindliche Tarifabschlüsse geben. 

Rewe hat derweil versprochen, einen späteren Tarifabschluss in vollem Umfang umzusetzen. „Die durch die Vorweganhebung bereits ausgezahlten Beträge werden dabei angerechnet“, hieß es dazu in einer Pressemitteilung.

Verdi will sich derweil nicht wie befürchtet den Wind aus den Segeln nehmen lassen: Die Gewerkschaft hält seit Montagmorgen eine Mahnwache vor dem Arbeitgeberverband des Einzelhandels an der Ecke An Lyskirchen/Filzengraben in der Kölner Innenstadt ab – und will dort die gesamte Woche auf die Situation der Beschäftigten aufmerksam machen.

„Die Beschäftigten im Einzelhandel sind richtig sauer. Wir wollen einen Abschluss des Tarifvertrages, aber nicht um jeden Preis. Wenn es nötig sein muss, werden wir auch im Weihnachtsgeschäft streiken, um unsere berechtigten Forderungen durchzusetzen“, sagte Jana Zorn, Gewerkschaftssekretärin im Handel für die Bezirke Aachen, Düren, Erft und Köln-Bonn-Leverkusen. Die nächste Verhandlungsrunde im andauernden Tarifstreit ist für den 17. Oktober anberaumt.

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