Knatsch beim FC PeschKölner Mitglieder fordern Geld zurück wegen verlegter Kurse

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Michels FC Pesch

Björn Michels, Kassenwart beim FC Pesch, verteidigt den Verein: Ein Mitgliedsbeitrag ist auch in Corona-Zeiten legitim. 

Pesch – Die Corona-Krise bringt manches an den Tag. Hätte es die Pandemie nicht gegeben, wer weiß, vielleicht würden zwei Pescher Seniorinnen nach wie vor mit Freude beim FC Pesch Sitzgymnastik treiben. Sie seien immer gern hingegangen, hätten Spaß gehabt, erzählen sie beim Treffen auf dem Parkplatz vor der Helmut-Kusserow-Sportanlage. Zuerst wurde im Vereinsheim geturnt, anschließend servierte der Wirt Kaffee und Kuchen. Alles war prima. Dann kam Corona, der Kurs fiel aus. Kaum ging es wieder los, trat im Vereinsheim ein Wasserrohrbruch auf. Die Gymnastik wurde auf das Sportgelände verlegt, Sitzgelegenheiten gab es nicht, auch keine Toilette.

Zu schmutzig, zu klein

Im September wurde das Jugendvereinsheim als Alternativstandort präsentiert. Unzumutbar nach Urteil der Seniorinnen: schmutzig, zu klein, keine Heizung. Dann kam der nächste Lockdown, wieder keine Gymnastik. Die Krönung aber war: Der Verein erhöhte im Juli den Mitgliedsbeitrag von zwölf Euro auf 13,50 Euro monatlich, ohne vorab zu informieren, zog einfach das Geld vom Konto ab. Auf ihren Protest hin hätten sie unfreundliche Mails bekommen, erzählen die Seniorinnen, 76 und 79 Jahre alt. Sie möchten namentlich nicht genannt werden. Sie haben die Nase voll, sind Vereinsmitglieder auf dem Absprung. Die Mitgliedschaft haben sie zum Jahresende gekündigt, so sehr haben sie sich über den FC geärgert.

Mitgliedsbeitrag zurückgefordert

Sie wollen ihr Geld zurück, den vermeintlich zu viel gezahlten Mitgliedsbeitrag in Höhe von 81 Euro für das zweite Halbjahr 2020. Zum Streitgespräch sind Thomas Herrmanns, Vorsitzender des FC Pesch, und Kassenwart Björn Michels erschienen. Sie geben sich redlich Mühe, auf die Frauen einzugehen, schlagen versöhnliche Töne an, äußern Verständnis. Die Sanierungsarbeiten seien bald abgeschlossen, ab Dezember stehe das Vereinsheim den Senioren wieder zur Verfügung, sagt Herrmanns.

Es nützt nicht viel: „Ein dreiviertel Jahr hat der Verein nach einem passenden Raum gesucht, keinen gefunden, dann wird einfach abgebucht, Unverschämtheit“, empört sich die 76-Jährige. Für Geld erwarte sie eine Leistung. Sie betont: „Ich bin nicht in den Verein eingetreten, um Mitglied zu sein, wollte nur Gymnastik machen.“

FC ist kein Fitnessclub

Herrmanns reagiert pikiert. Ob sie denn nicht ihren Aufnahmeantrag durchgelesen habe? Er stellt fest: „Der FC ist kein Fitnessclub.“ Die juristische Lage ist tatsächlich eindeutig, der FC beansprucht die 81 Euro zu Recht. Es besteht ein Unterschied zwischen Kursgebühr und Mitgliedsbeitrag – formaljuristisch betrachtet.

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Bei einer Kursgebühr hat der Kunde ein Stornorecht, falls die vereinbarte Leistung nicht erbracht wird. Im Gegensatz zu Fitness-Studios unterliegt ein Sportverein nicht der Gewährleistungspflicht, er ist kein privatwirtschaftliches Unternehmen. Laut Gesetz übernehmen die Vereinsmitglieder eine Mitverantwortung für den Verein.

Kein Sonderkündigungsrecht

Fallen Sportangebote aus, können also Mitgliedsbeiträge nicht zurückgefordert werden, es gibt auch kein Sonderkündigungsrecht. Für die Vereine ist es ein hartes Jahr. Einnahmequellen wie Bandenwerbung oder das Sommerfest seien weggebrochen, berichtet Herrmanns. Umso mehr sei man auf die Mitgliedsbeiträge angewiesen. Der FC hat rund 750 Mitglieder. Der Zeitpunkt der Beitragserhöhung sei nicht optimal gewesen, gesteht Michels ein, doch sei die lange vorher beschlossen worden – im Sommer 2019. Leider habe man versäumt, die Senioren zu informieren. „Das haben wir verpennt, dafür entschuldige ich mich“, so Michels. Bitterkeit klingt durch, als er sagt: „Wir vom Vorstand investieren unheimlich viel Zeit, packen oft selbst mit an, es sind immer dieselben Leute, die mithelfen, wir bräuchten mehr Unterstützung, gerade momentan.“

Allgemeine Anspruchshaltung

Dass jemand von sich aus seine Hilfe anbietet, komme so gut wie nie vor. Auch Herrmanns nervt die allgemeine Anspruchshaltung. Die beobachtet er auch bei den Eltern der Fußballjugend: „Die sagen sich, ich geb mein Kind ab, es ist versorgt und ich kriege einen Ronaldo zurück.“ Sein Fazit: „Wir überlegen, Kurse mit Gebühr anzubieten, ohne Vereinsmitgliedschaft, dann kommt es nicht zu solchen Missverständnissen.“ Die Seniorinnen zeigen wenig Einsicht. „Ich verstehe nicht, dass die Männer vom Vorstand herumjammern, sie müssten so viel arbeiten, niemand hat sie in ihr Amt gezwungen“, ereifert sich die 76-Jährige noch nach dem Treffen. Dass es ohne Menschen, die sich bereitwillig engagieren, den Sportverein gar nicht geben würde, darüber habe sie noch nie nachgedacht, gesteht sie ein.

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