Das Leben in ReimformKölner Autorin Susanne Hengesbach lädt zum Live-Podcast im Optikerladen

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Eine Frau mit blondem Haar und ein Mann mit grauem Haar und Brille sitzen auf einem Sofa vor einer altmodischen Schrankwand.

Susanne Hengesbach und Jamal Hakim im Veranstaltungsraum bei Piano-Optik

Die Kölner Journalistin Susanne Hengesbach hat als weiteres Erzählinstrument ihre Stimme entdeckt und reimt nun regelmäßig an der Luxemburger Straße.

Nach Jahrzehnten des Schreibens war es einfach einmal an der Zeit, sich der Stimme bewusst zu werden. So empfand es die Sülzer Journalistin und Redakteurin des „Kölner Stadt-Anzeiger“ Susanne Hengesbach, deren Kolumne „Zwei Kaffee, bitte!“ inzwischen legendär ist. Deshalb begann sie ihren eigenen „Poetry-Podcast“.

Den Anstoß gab das Statement einer Freundin: „Ich liebe es, wenn Du mir Sprachnachrichten schickst“, sagte sie. „Sie sind für mich wie ein besserer Podcast.“ Hengesbach war erstaunt – ein bisschen auch über sich selbst. „Wenn man lange schreibt“, sagt sie, „hat man die eigene Stimme als Ausdrucksmittel gar nicht mehr auf dem Schirm. Ich dachte mir dann: Du hast ja noch ein anderes Instrument, um Geschichten zu erzählen.“ So beschloss Hengesbach, Alltagsbegebenheiten oder Alltagsärgernisse für Mikrofon-Aufnahmen niederzuschreiben. Und zwar auf eine besondere Weise: Komplett in Reimform.

Kölner Journalistin Hengesbach rappt über die Dinge des Lebens in Köln

Die gesprochene Sprache erhält somit einen besonderen Rhythmus. Neudeutsch würde man vielleicht sagen, Hengesbach „rappt“. Sie formuliert es jedoch anders: Im Grunde genommen handele es sich um Balladen. „Aber wenn ich behaupten würde, ich bin so eine Art Theodora Storm – nur reloaded, also entstaubt und modernisiert – würde wohl niemand zur Lesung kommen“, meint Hengesbach. Der Begriff „Ballade“ wecke doch eher unschöne Erinnerungen an erzwungenes Auswendiglernen in der Schulzeit.

Mit dem Titel „Poetry Podcast“ ist sie allerdings nicht mehr ganz glücklich. Inzwischen gäbe es eine regelrechte Flut von Podcasts. Dabei habe ihr Format nicht nur das Alleinstellungsmerkmal, dass es in Reimform daherkomme. „Die meisten Podcasts haben erst eine längere Einleitung und dauern mehr als eine halbe Stunde“, sagt sie. „Ich bin nach fünf bis sechs Minuten bereits fertig und habe eine Sache auf den Punkt gebracht.“ Die Journalistin steigt direkt ins Thema ein, ohne lange auf den „heißen Brei“ vorzubereiten. Balladenhaft dramatisch geht es in ihren Erzähl-Gedichten weniger zu. Sie spricht eher von „Aufregern“.

Dauer-Ärgernis KVB oder Online-Dating sind Themen im Podcast

So ist etwa das „Dauer-Ärgernis KVB“ bei ihr ein Thema, genauso wie „versiffte Matratzen, die am Straßenrand liegen“, oder die Tatsache, dass der Steuerzahler für die Polizei-Einsätze bei FC-Spielen zahlen muss. Auch auf gesellschaftliche Phänomene macht sie sich ihren Reim, beispielsweise auf die „Abschaffung der Höflichkeitsform Sie“ oder zu Campingurlauben. Ein Podcast handelt vom Schnarchen. Mit dem Stück „Alle elf Minuten“ verarbeitet sie Online-Dating-Erfahrungen. „Manches“, so Hengesbach, „ist Real-Satire, manches hat Züge von Comedy, manches ähnelt dem, was wir als Glosse aus der Zeitung kennen, nur eben gereimt.“

Podcast zum Thema Altersarmut lief am Weltfrauentag im WDR-Radio

Eines ihrer Stücke, „Altersarmut“, hat sie zum Weltfrauentag geschrieben. Der WDR fand es so berührend, dass er es am 8. März im Radio ausgestrahlt hat. Hengesbach freut sich sehr darüber, genauso über die Möglichkeit, die die neuen Medien bieten: „Ich bin sehr dankbar dafür, dass man heute derartige Inhalte jedermann zugänglich machen kann.“ Aber noch schöner sei es, dass sie ihre Geschichten auch live vor Zuhörern vortragen könne, etwa in dem Sülzer Geschäft „Piano-Optik“ von Jamal Hakim an der Luxemburger Straße. An drei Samstagen finden in dem Geschäft, das wie ein altes Wohnzimmer wirkt, Gratis-Events wie Jazz- und Klassik-Konzerte oder Lesungen statt.

Jeder dritte Samstag im Monat gehört Susanne Hengesbach und den fortlaufenden Erzählungen aus ihrer wöchentlichen Podcast-Reihe „Da reim' ich mir was drauf...“ Ihr Publikum schätze die Live-Erlebnisse besonders, erzählt Hengesbach, weil sie eben doch ein viel intensiveres Erlebnis böten als das Hören. Außerdem kann man sich im Anschluss mit ihr und anderen Gästen austauschen, über kölsche Aufreger, Matratzen, Schnarchen, Campingurlaube und Online-Dating.


Die nächsten Poetry-Lesungen mit Susanne Hengesbach finden am 16. März, 13. April und 18. Mai, jeweils um 19 Uhr bei Piano-Optik, Luxemburger Straße 234, statt. Um eine Anmeldung über die Homepage wird gebeten. Der Eintritt ist frei.

www.pianooptik.de

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