Gehirn, Blut und InnereienKölner Sternekoch Maximilian Lorenz verwertet jetzt alles vom Tier

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Koch Maximilian Lorenz hält in seiner Küche zwei Teller in die Kamera.

Maximilian Lorenz hat das Konzept seines Restaurants überarbeitet.

Nach Lorenz' neuem Konzept soll nichts mehr vom Tier verkommen – es ist eine moralische Entscheidung für den Sternekoch.

Mit dieser Aktion könnte Maximilian Lorenz den Stern für sein nach ihm benanntes Restaurant im Schatten des Doms riskieren. Oder nach dem Zweiten greifen – es ist ein kalkuliertes Risiko für eine Herzensangelegenheit. Denn der Kölner Sternekoch stellt ab sofort seine Karte um. Das neue Konzept hat er beim Pressetermin in der Küche des Sternelokals vorgestellt: Fleisch gibt es nur noch „Nose to Tail“ – von der Nase bis zur Schwanzspitze soll vom toten Tier alles verwertet werden. Eine Entscheidung aus Moral, sagt Lorenz: „Ich kann es als Koch ethisch nicht mehr vertreten, ein Stück vom Tier zu kaufen und zu wissen, dass ganz viel übrig bleibt.“

Lorenz schildert ein Schlüsselerlebnis: Eine Großhändlerin habe ihn angerufen. Ein Kunde hatte Hähnchenkeulen bestellt, nun seien 180 Kilogramm Hähnchenbrust übrig. „Ich habe ihr gesagt, sie soll sie verkaufen. Sie sagte: Es sind nur noch zwei Tage bis zum Mindesthaltbarkeitsdatum. Wir werden die wegschmeißen.“ Das ist keine Seltenheit: Insgesamt landen in Deutschland laut Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft jährlich knapp 11 Millionen Tonnen Lebensmittel im Müll, 17 Prozent davon entfallen auf die Gastronomie.

Sternekoch Maximilian Lorenz: Ein Tier, ein Menü

„Auch uns verschimmelt mal eine Zwiebel, oder es verwelkt eine Petersilie. Aber tierische Produkte wegschmeißen? In der heutigen Zeit, in der wir die Techniken und Kühlmöglichkeiten haben, ist es für mich ein absoluter Graus“, sagt Maximilian Lorenz. „Es ist für mich an den Haaren herbeigezogen, Sachen zu vernichten, während Menschen auf der Welt hungern, nur weil wir es nicht kennen oder nicht mögen.“

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Eine kleine Teigtasche auf einem Stein serviert.

Die Pastete ist gefüllt mit Filetfleisch und Leber vom Lamm.

Dabei sei es meist die Zubereitung, die darüber entscheidet, was schmeckt und was nicht. Deshalb stellen er und sein Team um, obwohl der Laden gut laufe, betont Lorenz. „Warum wollen wir dann etwas verändern? Vielleicht, weil es besser laufen muss. Wir müssen es schaffen, nachhaltiger zu sein“ sagt der 33-jährige Lorenz, der zu den jüngsten Spitzenköchen Deutschlands zählt. Es gehe dabei auch um Respekt dem Tier gegenüber.

Eine mit Blüten dekorierte Portion von Lammfleisch auf einem Teller.

Sauerbraten vom Lamm.

Also hat er, gemeinsam mit seinen Kollegen, entschieden: „Wir gehen auf eine brutale Produktküche. Dem Tier zuliebe.“ Ein Tier, ein Menü, so lautet das neue Konzept. „Wir verarbeiten im aktuellen Menü Lamm, komplett mit allem, was dazugehört.“ Und das Tier besteht nun mal nicht nur aus Filetstücken, sondern auch aus Gehirn, Blut und Innereien. Die vegetarische Alternative dreht sich entsprechend nur um ein Gemüse, aktuell ist das Sellerie. Püree und Schnitzel aus dem Gemüse sind dem Sternekoch aber „viel zu langweilig“. So steht zum Beispiel Sauerbraten aus Sellerie auf der Speisekarte.

Ob das Maximilian Lorenz mit seinem neuen Konzept seinen Stern aufs Spiel setzt, oder in der Gunst der Michelintester aufsteigt – das sei ihm fast egal, sagt der 33-Jährige. Ein nachhaltiger Umgang mit den Ressourcen sei ihm wichtiger.

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