Botschafter aus Moskau abgezogen„Letzter Weckruf“ für Moskau vor der diplomatischen Eskalation

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Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) bei einer Pressekonferenz in der Deutschen Botschaft auf Fidschi.

Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) bei einer Pressekonferenz in der Deutschen Botschaft auf Fidschi.

Der Abzug des Botschafters gilt als scharfer Protest, eine diplomatische Eskalation droht. Baerbock und Pistorius warnen vor Russland.

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hat die russischen Cyber-Angriffe auf die SPD und deutsche Unternehmen erneut scharf kritisiert. „Wir sehen, dass der russische Angriffskrieg auf allen Ebenen geführt wird“, sagte die Grünen-Politikerin während ihres Besuchs im Pazifikstaat Fidschi. Dazu habe die Blockade ukrainischer Getreideexporte gezählt, es gebe aber auch massive Cyberangriffe, die nicht nur die Ukraine, sondern auch die SPD und deutsche Unternehmen zum Ziel hätten.

„Das ist ein Vorgang, der ist unverantwortbar. Das ist ein Vorgang, zu dem wir nicht schweigen können“, sagte Baerbock. Deswegen sei der deutsche Botschafter in Moskau, Alexander Graf Lambsdorff, für eine Woche zu Konsultationen nach Berlin zurückgerufen worden. Das Auswärtige Amt hatte das bereits gestern in Berlin mitgeteilt. „Dieses Ereignis nimmt die Bundesregierung sehr ernst als Verhalten gegen unsere freiheitliche Demokratie und auch Institutionen, die sie tragen“, sagte eine Sprecherin.

Annalena Baerbock: „Das ist ein Vorgang, zu dem wir nicht schweigen können“

Zuvor waren schon länger zurückliegende Cyber-Angriffe auf die SPD und deutsche Unternehmen aus den Bereichen Logistik, Rüstung, Luft- und Raumfahrt und IT-Dienstleistungen öffentlich gemacht worden. Die Bundesregierung machte dafür eine Einheit des russischen Militärgeheimdienstes verantwortlich. „Staatliche russische Hacker haben Deutschland im Cyberraum angegriffen“, hatte Baerbock am Freitag während ihres Australien-Besuchs gesagt.

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Der Rückruf des eigenen Botschafters gilt in der Welt der Diplomatie als scharfe Protestnote. Der Schritt kann als Drohung empfunden werden, auf den als nächste Schritte die Abstufung der diplomatischen Beziehungen und die Schließung der eigenen Botschaft in Moskau folgen könnten. Auch könnten alle russischen Diplomaten hierzulande zu unerwünschten Personen erklärt werden. Derartige Schritte kämen einer diplomatischen Eskalation gleich. Die jetzige Maßnahme dürfte daher als eindringliche Warnung an Russland dienen. Unter deutschen Diplomaten sei am Montag von einem letzten „Weckruf“ für Moskau die Rede gewesen, berichtete der „Spiegel“.

Diplomatische Eskalation droht: Letzter „Weckruf“ aus Berlin für Moskau

Auch das Bundesverteidigungsministerium äußerte sich am Montag erneut zu Bedrohung durch Moskau. Russland sei und bleibe die größte Bedrohung für Sicherheit und Frieden im euro-atlantischen Raum, erklärte Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD). „Deshalb ist es unsere Aufgabe, der Ukraine zum Sieg zu verhelfen. Wir können nicht am Seitenrand stehen und abwarten, was passiert“, sagte Pistorius mit Blick auf den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine.

Er warnte vor einer Verharmlosung in der Begrifflichkeit. Das sei kein Konflikt zwischen zwei Ländern. „Es ist ein völkerrechtswidriger imperialistischer Angriffskrieg, der nur ein Ziel verfolgt: die Ukraine ihrer territorialen Souveränität zu berauben, den Menschen die Freiheit zu nehmen und sich das Staatsgebiet einzuverleiben.“

Kreml reagiert bisher nicht auf Abzug von Botschafter Graf Lambsdorff

Der Kreml reagierte bisher nicht auf die Abreise von Botschaft Graf Lambsdorff. Die russischen staatlichen Medien vermeldeten die Berliner Entscheidung lediglich. Ein Kommentar des Kremls blieb aus. Moskau zitierte unterdessen am Montag den britischen Botschafter zum Gespräch – und droht Großbritannien mit Angriffen auf britische Militärziele. (mit dpa)

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