Konrad-Adenauer-StiftungBerufstätige Mütter sind gut für die Kinder

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Viele berufstätige Mütter haben Schuldgefühle – sie müssen sich aber gar nicht schuldig fühlen, wie die Konrad-Adenauer-Stiftung in einer Zusammenfassung mehrerer Studien erklärt.

Viele berufstätige Mütter haben Schuldgefühle – sie müssen sich aber gar nicht schuldig fühlen, wie die Konrad-Adenauer-Stiftung in einer Zusammenfassung mehrerer Studien erklärt.

Ist es zu früh für mein Kind? Ist es zu früh für mich selbst? Wenn Mütter nach der Geburt in den Job zurückkehren, stellen sie sich viele Fragen. Eine wichtige davon beantwortet jetzt die Konrad-Adenauer-Stiftung. In ihrem Papier „Wie viel Mutter braucht das Kind?“ hat sie zusammengefasst, welche Auswirkungen die Berufstätigkeit der Mutter auf das Wohlergehen der Kinder hat. Das positive Ergebnis: Kinder profitieren davon, wenn ihre Mütter arbeiten gehen.

Auch der Familienreport des Bundesfamilienministeriums von 2014 besagt, dass Mütter heute schneller und häufiger in den Beruf zurückkehren. Seit 2000 ist die Müttererwerbstätigkeit von 59 Prozent auf 67 Prozent angestiegen. Im Durchschnitt sind Mütter 19 Monate nach einer Geburt in den Beruf zurückgekehrt und haben 24 Wochenstunden gearbeitet. Dieser Trend ist unabhängig von der Familienform und treffe auch für Alleinerziehende zu.

Entwicklungspsychologin Una Röhr-Sendlmeier von der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität in Bonn hat für die Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) deutsche und internationale Studien über die Auswirkungen der mütterlichen Erwerbstätigkeit zusammengefasst und sie in sechs Themengebieten aufgeschlüsselt.

Unter welchen Gesichtspunkten sich die Berufstätigkeit von Müttern positiv auf die Kinder und das Familienleben auswirkt, zeigen folgende sechs Punkte.

1. Kinder brauchen sichere Bindungen

Für eine gesunde Entwicklung brauchen Kinder sichere Bindungen. Sicher gebundene Kinder kommen besser im Kindergarten und in der Schule zurecht, sind sozial kompetenter und weniger häufig verhaltensauffällig.

Was ist dazu nötig? Die Kinder brauchen Bezugspersonen, die verlässlich auf ihre Bedürfnisse eingehen und mit ihnen kommunizieren. Diese Bezugsperson muss nicht zwingend die Mutter sein. Kinder erhalten sogar zusätzliche Lernimpulse, wenn sie nicht nur durch eine Person betreut werden, sondern auch durch weitere.

2. Fremdbetreuung: Klappt bei stabiler Beziehung

„Eine sichere Mutter-Kind-Beziehung wird durch einen Krippen- und Kindergartenbesuch nicht beeinträchtigt“, heißt es in dem Papier der KAS. Ein guter Kindergarten bietet Raum für viele Lernerfahrungen und die Entwicklung sozialer Kompetentenzen.

Die Analyse umfangreicher internationaler Datensätze zeigte, dass Kinder von einer frühen institutionellen Betreuung profitieren – in Deutschland besonders jene aus bildungsfernen Haushalten. Allerdings schränkt die Autorin ein: Das Kind sollte nicht vor dem ersten Lebensjahr in Kita oder Krippe untergebracht werden, damit die Betreuung eine positive Auswirkung auf die Kinder hat.

Eine hohe Bedeutung bei der Fremdbetreuung hat die Kontinuität und die Qualität der Betreuer. Zudem sollten die Hauptbezugspersonen trotzdem noch genügend entspannte Zeit für die Kinder haben. In den untersuchten Studien wurde deutlich, dass der wichtigste Faktor für die Entwicklung der Kinder die Sensitivität der ersten Bezugsperson sei – bei vielen ist dies auch heute noch die Mutter.

3. Berufstätigkeit = bessere Schulleistungen

Du gehst wieder arbeiten? Meinst Du nicht, Dein Kind wird dann in der Schule nachlassen? Immer noch existiert diese Befürchtung in vielen Köpfen. Studien beweisen das Gegenteil. Die Berufstätigkeit der Mutter hat sogar positive Auswirkungen auf die schulischen Leistungen der Kinder.

Mehr noch: Ob ein Kind eine spezielle Gymnasialklasse für begabte Kinder oder eine Regelklasse besuchte, hing eher vom Berufsstatus der Mutter ab als vom väterlichen Beruf oder dessen Bildung. Berufstätige Mütter unterscheiden sich von nicht erwerbstätigen in Bezug auf ihre Leistungsmotivation, auf die Übernahme von Verantwortung und das Gelingen von Teamarbeit.

Eine Auswertung der PISA-Daten ergab zudem, dass die Gymnasialquote der Kinder aus allen Schichten höher ist, wenn die Mutter arbeiten geht. Gründe dafür: Kinder erleben durch berufstätige Mütter mehr Leistungsbereitschaft. Außerdem wertschätzen arbeitende Mütter die Leistungsbemühungen ihrer Kinder mehr und motivieren sie dadurch. Die Berufstätigkeit bringt zudem finanzielle Möglichkeiten mit sich, die es ermöglichen, die Kinder kulturell besser zu fördern – durch Auslandsreisen oder hochwertiges Lernmaterial.

Wie engagiert sind eigentöich die Väter – und was hilft den berufstätigen Eltern gegen ihre Schuldgefühle? Das lesen Sie auf der nächsten Seite.

4. Arbeitende Mütter sind zufriedener

Wie zufrieden sind die Familienmitglieder? Eine Studie aus den USA zeigte, dass Mütter von Drittklässlern zufriedener und ausgeglichener sind, wenn sie arbeiten gehen. Das resultiere aus den sozialen Kontakten auf der Arbeit, aus den Einkommensvorteilen und aus dem Gefühl heraus, die Kontrolle über den eigenen Lebenslauf zu haben.

Ist die Mutter berufstätig, verschiebt sich auch die Rollenverteilung der Eltern. Kinder profitieren davon, wenn sich Vater und Mutter im Haushalt und in Familienangelegenheiten einbringen. Sie hatten bessere Noten, weniger Verhaltensauffälligkeiten und eine höhere Frustrationstoleranz.

Die gefundenen Zusammenhänge wiesen darauf hin, dass die aktive Beteiligung des Vaters zu einer erhöhten Lernbereitschaft der Kinder führt. In diesem Jahr zeigten auch schon die Studien der Harvard University, dass die Töchter berufstätiger Mütter später erfolgreicher im Job werden und die Söhne eine partnerschaftliche Aufgabenverteilung in ihrem Familienalltag lebten.

5. Schuldgefühle gibt es trotzdem

Mütter fühlen sich auch heute noch oft zerrissen zwischen den Anforderungen der Mutterschaft und den Anforderungen des Berufes. Diese Zerrissenheit kann in Schuldgefühle übergehen. Davon sind vor allem Mütter betroffen, die ein traditionelles Verständnis ihrer familiären Aufgaben haben. Mütter, die Hilfe und Unterstützung bei der Vereinbarkeit zwischen Familie und Beruf erfahren, haben geringere Schuldgefühle, als solche, bei denen die Vereinbarkeit nicht reibungslos klappt.

Was machen diese Schuldgefühle mit den Kindern? Die vom Team um Una Röhr-Sendlmeier befragten Grundschulkinder hatten eine sehr positive Sicht auf die Berufstätigkeit ihrer Mutter. Mögliche Schuldgefühle der Mutter waren für sie nicht von Belang. Das zeigten auch weitere Studien.

Röhr-Sendlmeier empfiehlt also zum einen, die eigenen Schuldgefühle nicht vor den Kindern zu thematisieren. Zum anderen sollten sich Personen im Umfeld der Kinder nicht negativ über die Berufstätigkeit der Mutter äußern. Dann seien die Schuldgefühle der Mutter für die Lebenszufriedenheit der Kinder nämlich nicht entscheidend.

6. Das Engagement der Väter steigt

Väter entwickeln sich familienfreundlich. Immer mehr Männer nehmen aktiv an der Entwicklung ihrer Kinder teil und bringen sich verstärkt in familiäre Aufgaben ein. Aber auch bei den Vätern spielen Schuldgefühle eine Rolle, hier gilt ebenso: Werden sie vor den Kindern nicht negativ thematisiert, haben sie keinen schlechten Einfluss auf die Kinder.

Auch hier sei es wichtig, ein positives Bild der Berufstätigkeit des Vaters zu zeichnen. Das gelinge besonders dann, wenn beide Elternteile sich genügend Raum für gemeinsame Entspannungszeit und altersgerechte Aktivitäten mit dem Kind nehmen.

Fazit: Kinder profitieren von der Berufstätigkeit ihrer Eltern

Was wir aus diesen Daten lernen: Es braucht verlässliche Bezugspersonen. Es braucht weiter verbesserte Rahmenbedigungen für die Vereinbarkeit. Es braucht gute Betreuer in Krippen und Kindergärten. Es braucht anpackende Väter.

Es ist empirisch belegt, dass die Zufriedenheit und das Wohlbefinden von Familien zunehmen, wenn die Mutter in den Alltagsaufgaben und der Kinderbetreuung unterstützt wird und beide Eltern durch eine Berufstätigkeit bessere Lebensperspektiven haben. Sind diese Rahmenbedingungen gegeben, können sich unsere Kinder in kognitiver und sozial-emotionaler Hinsicht positiv entwickeln.

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