Schüler, Hausfrauen, RentnerFür wen sich ein Minijob lohnt

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Nichts auf Dauer: Minijobber haben am Ende eine sehr geringe Rente zu erwarten.

Nichts auf Dauer: Minijobber haben am Ende eine sehr geringe Rente zu erwarten.

Mit Minijobs bessern nicht nur Schüler, Studenten, Rentner und Hausfrauen ihr Einkommen auf: In Deutschland gibt es rund sieben Millionen Minijobber, auch geringfügig Beschäftigte genannt. Die Erwerbsform soll Schwarzarbeit abbauen und vor allem Erwerbslosen den beruflichen Wiedereinstieg ermöglichen. „Diesem Anspruch werden die Minijobs aber selten gerecht.“ - So lautet das kritische Fazit einer Studie im Auftrag des Bundesfamilienministeriums. Experten beantworten die wichtigsten Fragen zum Thema.

Was ist ein Minijob genau?

Ein Minijob ist laut Deutschem Gewerkschaftsbund der „kleinste Job auf dem Arbeitsmarkt“ und rechtlich gesehen eine ganz normale Teilzeitbeschäftigung. Bei der Sozialversicherung gelten allerdings besondere Regeln: In der Arbeitslosen- und Krankenversicherung bleiben Minijobber versicherungsfrei. Wer nicht anderweitig krankenversichert ist - zum Beispiel über die Familie - muss sich auf eigene Kosten freiwillig versichern. Auch Minijobs müssen angemeldet werden. Dies erfolgt ausschließlich über die Minijobzentrale.

Für wen eignet sich ein Minijob?

Mehr Zeit für die Kinder, ein Zuverdienst zur Rente oder Jobben neben dem Studium: Gründe für einen Teilzeitjob gibt es viele. „Sie knüpfen neue Kontakte, sammeln Referenzen und erwerben neue Einblicke – gerade wenn es sich um einen Minijob in einer für Sie fremden Branche handelt“, wirbt etwa die Bundesagentur für Arbeit.

Viele Deutsche haben zudem einen Zweitjob, um sich etwas dazuzuverdienen. Denn für sozialversicherungspflichtige Arbeitnehmer sind zusätzliche Minijobs bis 450 Euro steuer- und abgabenfrei.

Die Studie des Bundesfamilienministeriums zeigt aber, dass die meisten reinen Minijobber - über zwei Drittel von ihnen sind Frauen - nicht mehr aus dieser Erwerbsform herauskommen. Auf Dauer hätten Minijobs zudem ein negatives Image, schreibt Carsten Wippermann vom Delta-Institut für Sozial- und Ökologieforschung. Obwohl die meisten Beschäftigten eine Ausbildung vorweisen können, würden sie nicht mehr als qualifizierte Fachkraft gelten.

Wie hoch ist der Zuverdienst?

Zum 1. Januar 2013 stiegt die Verdienstgrenze von 400 auf 450 Euro. Jeder zweite Minijobber verdient aber weniger als 8,50 Euro pro Stunde, berichtet das Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung (RWI). Was vom Verdienst am Ende übrig bleibt, verraten Gehaltsrechner.

Gibt es einen Urlaubsanspruch?

Obwohl ihnen bezahlter Urlaub zusteht, kommen Minijobber selten in diesen Genuss. Laut RWI haben 65 Prozent der geringfügig Beschäftigten noch nie bezahlten Urlaub genommen. 41 Prozent gaben an, dass er vom Arbeitgeber sogar verwehrt wurde. 40 Prozent der Unternehmen zahlen nach eigenen Angaben kein Entgelt, wenn der Arbeitstag auf einen Feiertag fällt, und 39 Prozent gewähren keine Fortzahlung im Krankheitsfall.

Kann man für's Alter vorsorgen?

Geringfügig Beschäftigte unterliegen seit 1. Januar 2013 automatisch der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung - sie können sich aber auf Antrag davon befreien lassen. Das sollte wohl überlegt sein: „Wer sich befreien lässt, verzichtet freiwillig auf einen Großteil der Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung“, warnt etwa die Allianz.

Problematisch sei auf jeden Fall, dass Minijobber am Ende eine sehr geringe Rente zu erwarten haben, kritisieren Gewerkschafter. Bei einem Monatsverdienst von 450 Euro steigt die monatliche Rente mit jedem Jahr in einem Minijob nur um 4,45 Euro.

Die Rente ist nach Ansicht einer Mehrheit in Deutschland alles andere als sicher. 52 Prozent rechnen damit, dass die Menschen in 20 Jahren erst mit 69 Jahren oder mehr in Rente gehen können, heißt es in einer am Montag veröffentlichten Infas-Umfrage im Auftrag der Bertelsmann Stiftung. Am liebsten würden sie aber mit 63 aufhören zu arbeiten.

Drei von vier Befragten glauben, dass in zwanzig Jahren selbst eine Kombination aus gesetzlicher Rente und betrieblicher wie privater Altersvorsorge den Lebensstandard der Rentner nicht mehr sichern wird. Im September und Oktober 2012 waren 1004 Erwachsene befragt worden.

Wenn die gesetzliche Rentenversicherung reformiert werden muss, plädiert die Mehrheit (53 Prozent) der Befragten für eine Beibehaltung der Rentenniveaus. 29 Prozent sind gegen eine Erhöhung des Rentenalters und 15 Prozent lehnen einen höheren Rentenbeitragssatz ab.

Große Einigkeit besteht dagegen bei der Zustimmung zu einem solidarischen und leistungsabhängigen Rentensystem. 80 Prozent fordern die Mitgliedspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung auch für Selbstständige. Eine knappe Mehrheit spricht sich gegen eine allgemeine Pflicht zur zusätzlichen privaten Altersversorgung aus, aber für eine Pflicht zur ergänzenden betrieblichen Alterssicherung. 87 Prozent halten eine Rentenaufstockung für Geringverdiener grundsätzlich für richtig.

Für den Stiftungs-Vorsitzenden Aart De Geus sind die Menschen in „einem echten Dilemma“. „Sie erwarten mittelfristig ein höheres Renteneintrittsalter, sehen sich angesichts der beruflichen Belastungen aber nur bedingt in der Lage, länger zu arbeiten.“ Seit 2012 wird das Renteneintrittsalter bis zum Jahr 2029 schrittweise auf 67 Jahre angehoben.

Minijobber, die vor dem Stichtag rentenversicherungsfrei waren, bleiben es auch weiterhin - es sei denn, ihr Arbeitsentgelt wird erhöht. Sie können aber ihren Beitrag freiwillig aufstocken und auf die Versicherungsfreiheit verzichten. Insgesamt muss man 18,9 Prozent des Einkommens abführen, der Satz verteilt sich je nach Arbeitgeber unterschiedlich.

Sollten Frauen mit Minijobs riestern?

Minijobberinnen sollten auf jeden Fall die Riesterförderung in Anspruch nehmen, rät die Deutsche Rentenversicherung. Mit einem Eigenbeitrag von jährlich 60 Euro könnten sie sich so die staatlichen Zulagen sichern. Die volle Grundzulage beträgt 154 Euro und für Kinder 185 Euro pro Jahr. Für Kinder, die ab 2008 geboren wurden, fließen sogar 300 Euro pro Jahr.

Müssen Minijobber Steuern zahlen?

Ja, das Einkommen von Minijobbern ist steuerpflichtig. Der Arbeitgeber entscheidet, wie es besteuert wird. Es gibt zwei Möglichkeiten:

Pauschalbesteuerung (Arbeitgeber zahlt, Vorlage der Lohnsteuerkarte nicht nötig)

Auf Lohnsteuerkarte (einkommensteuerpflichtig, Abzug ist abhängig von der Steuerklasse)

Welche Rolle spielt das Ehegattensplitting?

Bei Ehepaaren, von denen einer nur einen Minijob hat, greift der volle Vorteil des Ehegattensplittings. Kritiker sehen darin eine hohe Hürde für den Wiedereinstieg: Jeder Verdienst über die 450-Euro-Grenze hinaus führt über den sinkenden Splittingvorteil zu einem überproportionalen Anstieg der Steuerlast.

Vor allem für Ehepaare mit einem größeren Gehaltsunterschied lohnt sich das so genannte Faktorverfahren: Beide können entweder Steuerklasse IV wählen oder entscheiden, dass nach unterschiedlichen Steuerklassen besteuert werden soll. So ist Finanzexperten zufolge ein gerechterer monatlicher Lohnsteuerabzug gewährleistet. (gs/mit Material von dpa)

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