Laufen im WinterIst Sport bei Kälte überhaupt gesund?

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Joggen an der frischen Luft stärkt das Immunsystem und senkt das Erkältungsrisiko.

Joggen an der frischen Luft stärkt das Immunsystem und senkt das Erkältungsrisiko.

Zu dunkel, zu kalt, zu nass: Viele Jogger lassen ihre Laufschuhe während der kühl-feuchten Jahreszeit konsequent im Schrank stehen. Aber sind solche Herbst- und Winterpausen wirklich ratsam? Oder sollte man besser auch bei „schlechtem“ Wetter regelmäßig laufen? Professor Dr. Sven Ostermeier ist leitender Orthopäde und Sportmediziner der Gelenk-Klinik Gundelfingen und kennt die Antworten.

Herr Professor Ostermeier, sollte man täglich joggen?

Vor allem für Anfänger ist tägliches Joggen grundsätzlich zu viel des Guten. Nicht nur der Kreislauf sollte sich langsam an das Training gewöhnen. Auch Gelenke, Bänder und Sehnen benötigen einige Zeit, um sich den neuen Belastungen anzupassen.

Und was ist mit trainierten Freizeit-Sportlern?

Selbst für trainierte Freizeitsportler stellt tägliches Joggen eine Herausforderung für Bänder, Sehnen und Gelenke dar. Betroffen sind insbesondere die Knie, die sehr häufig in Folge eines zu intensiven Trainings schmerzen.

Wie oft sollte ich pro Woche joggen?

Anfänger sollten nicht mehr als dreimal die Woche joggen und die Dauer langsam steigern. Studien haben gezeigt, dass bereits zehn oder 15 Minuten joggen mehrmals die Woche den Kreislauf auf Trab bringen, vor Herzerkrankungen schützen und somit die Lebenszeit wesentlich verlängern können.

Und was ist bei stürmischem Herbstwetter? Bleibe ich da besser Zuhause?

Nein, denn Joggen an der frischen Luft stärkt das Immunsystem und senkt das Erkältungsrisiko. Die beim Laufen freigesetzten Glückshormone, in der Fachsprache Endorphine genannt, wirken zudem dem oft auftretenden Winterblues entgegen. Besonders angenehm ist diese Jahreszeit übrigens für Allergiker, da in der Herbstluft kaum noch Pollen herumschwirren.

Sportliche Tätigkeit ist laut der Untersuchung der beste Schutz vor sämtlichen Erkrankungen.

Sportliche Tätigkeit ist laut der Untersuchung der beste Schutz vor sämtlichen Erkrankungen.

Bei welchen Temperaturen ist Schluss mit Laufen?

Sinken die Temperaturen unter minus zehn Grad, so sollte man mit dem Training besser pausieren. Denn bei extremen Minusgraden werden Bänder, Sehnen und Muskeln nicht ausreichend durchblutet. Sie sind somit weniger elastisch und anfälliger für Verletzungen. Eine sinnvolle Alternative ist sicherlich das Laufband. Da sich Bewegungsablauf und Belastungen vom Laufen im Freien erheblich unterscheiden, sind konsequente Dehnungsübungen zuvor und danach außerordentlich wichtig.

Schützt dicke Kleidung vor Erkältungen?

Nein, im Gegenteil. Ziehe ich mich zu warm an, kommt es gegebenenfalls zu einer Überhitzung. Ideal ist das Zwiebelprinzip, also mehrere dünne atmungsaktive Kleidungsstücke, die übereinander getragen werden. Steigen die Temperaturen, so lässt sich das Outfit flexibel und schnell anpassen. Wichtig ist grundsätzlich wettergerechte Funktionskleidung, also wasserabweisende Jacken, wasserfeste Mützen und Laufschuhe. Diese sollten ein gutes Profil haben, um ein Ausrutschen auf dem nassen Laub zu verhindern. Damit die Hände bei niedrigen Temperaturen nicht auskühlen, empfiehlt sich bei Kälte das Tragen atmungsaktiver Handschuhe. Und nach dem Laufen bitte umgehend die verschwitzte Kleidung wechseln, um ein Auskühlen zu vermeiden.

Worauf sollte ich im Herbst und Winter besonders achten?

Ganz besonders wichtig ist ein intensives Aufwärmtraining mit Koordinationsübungen, um Zerrungen oder Schäden an den Gelenken zu vermeiden. Denn bei Kälte verkrampfen unsere Muskeln und sind daher besonders anfällig für Verletzungen. Außerdem benötigt der Körper nun längere Zeit, um auf die richtige Betriebstemperatur zu kommen. Und noch ein Tipp: Beim Laufen immer durch die Nase und nicht durch den Mund atmen. Anderenfalls können die Schleimhäute austrocknen, was Viruserkrankungen fördert. Zudem werden die Bronchien gereizt. Liegen die Temperaturen unter dem Gefrierpunkt, so schützt ein dünnes, über Mund und Nase gezogenes Tuch die Lunge vor eisiger Atemluft.

Welche Rolle spielt das Lauftempo beim gesunden Herbst-Joggen?

Ein Geschwindigkeitsrausch ist nicht Sinn der Sache. Im Gegenteil, die meisten Jogger laufen zu schnell. Wer es langsamer angehen lässt, der fördert sein gesundheitliches Wohlergehen auf schonende Weise. Insbesondere Blutdruck und Immunsystem profitieren. Also besser nicht drauflosspurten bis zum Schnaufen.

Kann ich auch mit Schnupfen laufen?

Habe ich einen harmlosen Schnupfen, so spricht nichts gegen etwas Bewegung an der frischen Luft. Anders sieht es bei Fieber oder Infektionen aus. In diesen Fällen ist Sport absolut tabu.

Worauf sollte ich noch achten, um beim Herbstlauf auf Nummer sicher zu gehen?

Eine Stirnleuchte verbessert die Sicht im Dämmerlicht erheblich. Reflektoren sorgen dafür, dass Läufer besser erkennbar sind. Und noch ein Tipp: Bitte die Dehnübungen nach dem Laufen stets drinnen vornehmen. Das schützt Bänder und Muskeln. Zudem sinkt das Risiko einer Erkältung durch Auskühlen.

(jto)

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