EnergiewendeUnternehmen will großen Batteriespeicher in Dahlem bauen

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Blick auf das bereits vorhandene Umspannwerk an der B51.

Optisch wird das neue Batteriespeicherwerk vermutlich als südliche Verlängerung des Umspannwerkes wahrgenommen werden. Die 56 Speichercontainer werden in langer Reihe unmittelbar an der B51 aufgebaut.

Für rund 100 Millionen Euro will das Unternehmen Kyon Energy ein Batteriespeicherwerk nahe dem Umspannwerk bei Dahlem errichten.

Gerade ist ein spektakulärer Trafo-Großtransport durch die Gemeinde Dahlem zum Umspannwerk zwischen Schmidtheim und Dahlem gerollt, da kommen in Sachen Energie weitere „große Brocken“ auf die Gemeinde zu: Ein Spezialunternehmen aus München wird für rund 100 Millionen Euro 56 acht Meter lange und knapp drei Meter hohe Stahlspeichercontainer samt dazugehöriger Technik für ein Batteriespeicherwerk nahe dem Umspannwerk und parallel zur B 51 bauen. Die Bauvoranfrage wurde jetzt vom Kreis Euskirchen positiv beschieden.

Dass eine der kleinsten Gemeinden in Nordrhein-Westfalen auf dem Weg zur großen Energiekommune ist, belegen zahlreichen Anfragen nach neuen Standorten für Windkraftenergieanlagen oder für größere Freiflächenphotovoltaikareale. „Da kommt Schwung rein“, freut sich Bürgermeister Jan Lembach. Und das ist noch zurückhaltend formuliert. Aktuell geht es um eine rund 100 Millionen-Euro-Investition. So viel sollen die 56 Stahlspeichercontainer des neuen Batteriespeicherwerkes mit einer Nennleistung von 100 Megawatt und einer doppelt so hohen Speicherleistung kosten.

2024 könnte mit dem Bau begonnen werden 

Über eine 10 kv-Kabeltrasse soll das Werk ans Umspannwerk bei Dahlem angeschlossen werden. Gebaut wird der Speicher südlich davon parallel zur B 51 auf einem Feld zwischen Schmidtheim und Dahlem. Baubeginn könnte laut Unternehmen 2024 sein, die Bauzeit beträgt 18 bis 24 Monate. Allerdings wird da kein stahlgrauer Riese entstehen. Die Einzelbausteine, Batterie-Einhausungen, Schaltanlagen und Transformatoren werden in der Höhe kaum über den Straßendamm herausragen, zudem sollen Begrünungen die Ansicht kaschieren.

Verhindern könnte man das Projekt ohnehin kaum. Schon in der Gemeinderatsitzung im Oktober des vergangenen Jahres hatten Vertreter des Investors, der Kyon Energy aus München, darauf hingewiesen, dass es sich bei dem Projekt im Außenbereich um ein privilegiertes Vorhaben handele, da es der Stromnetzsicherheit diene – und dem Vorhaben auch keine relevanten Argumente entgegenstünden. Gebaut werde schließlich auf einer bisher landwirtschaftlich genutzten Fläche, die nächsten Siedlungen seien ausreichend weit genug entfernt.

Stromüberschüsse können gespeichert werden

Der Gemeinderat stimmte dem Vorhaben zu und die Kreisverwaltung segnete die Bauvoranfrage ab. Das neue Batteriespeicherwerk wird dem Übertragungsnetzbetreiber im nahen Umspannwerk (Amprion) Strom zur Stabilisierung des Netzes zur Verfügung stellen. Zudem sollen Überschüsse beispielsweise bei der Erzeugung aus erneuerbaren Energiequellen eingekauft werden und zu einem späteren Zeitpunkt wieder zurück ins Netz abgegeben werden. Des Weiteren dienen die in den Batterien erzeugten Strommengen zu Zeiten besonders hoher Last- oder Erzeugungsspitzen im Stromnetz als Stabilisator.

Das neue Speicherwerk soll nach Herstellerangaben vollautomatisch, letztlich per „Remote-Schnittstelle“, also per Internetverbindung, überwacht und betrieben werden. Personal vor Ort gibt es nicht. Lediglich zu Inspektions- oder Reparaturarbeiten tauchen Fachleute vor Ort auf.

Steuereinnahmen von bis zu 15 Millionen Euro erwartet

Realer sollen da schon die für die Gemeinde Dahlem erwarteten Rekordgewerbesteuereinnahmen sein. Wenn das Speicherwerk rentierlich läuft, sollen bis zu 15 Millionen Euro verteilt auf die projektierte 15-jährige Betriebslaufzeit fließen, so ein Kyon-Sprecher im Oktober des vergangenen Jahres bei der Projektvorstellung im Gemeinderat.

Das Bauvorhaben passt auch punktgenau zu den Zielen der „Energiewende“ der Bundesregierung. Die will bekanntlich bis 2030 die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien auf 80 Prozent steigern. Dafür braucht es auch eine „Flexibilisierung von Angebot und Nachfrage“, so die Meinung der Kyon Energy sowie einen Ausbau der Übertragungs- und Verteilnetze.

Zahlreiche Anlagen werden für Energiewende benötigt

Im Juli 2022 hatten sich die Experten bei der Bundesnetzagentur daraufhin gemeldet: Die Pläne zur Umsetzung der „Energiewende“ benötigen bis 2037 Großbatteriespeicher mit einer Leistung von mindestens 23,7 Gigawatt (GW). Im Juli 2022 waren erst 0,6 Gigawatt gebaut. Es wird also ein Ausbau um das 40-Fache benötigt. „23,7 GW entspricht mehr als 237 Anlagen“ in der geplanten Größenordnung nach dem Modell, das jetzt in Dahlem realisiert werden soll, so ein Kyon-Unternehmenssprecher.

So naheliegend bei alldem ein Zusammenhang mit dem gerade erfolgten Großtransort eines neuen Trafos ans Dahlemer Umspannwerk ist, er besteht tatsächlich nicht: Der alte Trafo war laut Amprion schlicht „havariert“. Nun wird die Leistungsfähigkeit des „neuen“ schon bald mit dem neuen Batteriespeicherwerk zusätzlich getestet.


Das Speicherwerk

In den 56 geplanten Speichercontainern sind Lithium-Ionen-Batterien, die elektrische Energie zwischenspeichern können. Die Speicheranlage nimmt überschüssige Energie auf, oder gibt sie wenn benötigt ins Versorgungsnetz ab.

Der Wechselrichter wandelt die im Speicher vorhandene Gleichspannung während des Entladens in Wechselspannung um. Während des Ladens wiederum läuft dieser Vorgang entgegengesetzt ab: Aus Wechsel- wird Gleichspannung erzeugt. Die Wechselrichter sind über die Transformatoren mit dem 110 kv-Netz und dem nahen Umspannwerk verbunden.

Aufgrund der hohen Anschlussleistung muss die Anbindung auch möglichst nahe erfolgen. Ein alternativer Standort sei daher von vorneherein ausgeschlossen gewesen, so Kyon Energy. (sli)

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