Euskirchen und SwisttalPolitiker diskutierten über die Zukunft der Steinbachtalsperre

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Sicherungsmaßnahmen am Talsperrendamm: Die Rinne in der Scharte ist mittlerweile mit Wasserbausteinen befestigt worden.

Sicherungsmaßnahmen am Talsperrendamm: Die Rinne in der Scharte ist mittlerweile mit Wasserbausteinen befestigt worden.

Euskirchen und Swisttal – Der Wasserversorgungsverband Euskirchen-Swisttal (WES) strebt für die Steinbachtalsperre eine multifunktionale Nutzung an. Der Stausee bei Kirchheim soll weiter der Naherholung dienen, ebenso als Brauch- und Löschwasserreservoir, künftig jedoch auch – und das ist neu – dem Hochwasserschutz. Diese Ziele hat die Verbandsversammlung des WES am Donnerstagabend in einer Sitzung in der Zentrale des Energieversorgers e-regio in Kuchenheim formuliert.

Der Beschluss fiel einstimmig aus, in der Diskussion war zuvor aber deutlich geworden, dass die Vertreter der beiden Gesellschafter des Zweckverbandes – hier die Stadt Euskirchen, dort die Gemeinde Swisttal – unterschiedliche Prioritäten setzen, was die Zukunft des Stausees anbelangt, dessen Damm im Zuge des Juli-Hochwassers zu brechen drohte.

Großer Schaden

Die Kosten, die sich aus den Hochwasserschäden an der Steinbachtalsperre ergeben, summieren sich nach dem jetzigen Stand auf mindestens 960 000 Euro, wie e-regio-Geschäftsführer Markus Böhm erklärte. Er geht davon aus, dass sie dem WES aus dem Aufbaufonds ersetzt werden. Euskirchens Bürgermeister Sacha Reichelt sagte, er teile „diesen Optimismus nicht zu 100 Prozent“. (ejb)

Alles zum Thema Hochwasser, Überschwemmung und Flut

Dass die Talsperre in Zukunft eine Funktion im Hochwasserschutz haben soll, ist unbestritten. Die Frage ist, ob und wie dies mit ihrer Nutzung als Naherholungsgebiet vereinbar ist. Sandra Eisermann und Albert Wichterich (beide CDU), zwei der Euskirchener Vertreter, betonten, dass sie die Talsperre samt Waldfreibad unbedingt erhalten wollen. „Sie ist ein Kleinod, ein Schmuckstück, und muss mit der neuesten Technik saniert werden“, sagte Wichterich.

Eine Gegenposition auf Swisttaler Seite artikulierte Werner Hahnenberg, ebenfalls ein CDU-Politiker. „Es ist für mich nur schwer zu ertragen, wenn wir hier über Naherholung sprechen.“ Die Hochwasserkatastrophe sei für die Bewohner in den betroffenen Swisttaler Ortsteilen ein derart emotionales Ereignis gewesen, „dass wir es nicht befürworten, die Talsperre wieder zu füllen. Das ist nicht zu verantworten, wenn wir keinen Hochwasserschutz sicherstellen können.“ Hahnenbergs Parteifreund Hanns-Christian Wagner formulierte es so: „Wir wollen die multifunktionale Nutzung. Die Frage ist: Welche Einschränkungen muss es geben?“

Falsch informiert

Die Sitzung verfolgten mehrere Dutzend Zuhörer. Es hätten mehr sein können, wenn der WES von Beginn an korrekt informiert hätte, sagte Sandra Eisermann. Der Verband hatte im Euskirchener Amtsblatt eine Tagesordnung veröffentlicht, in der das Thema Talsperre im nichtöffentlichen Sitzungsteil aufgelistet war. Die Korrektur sei kaum noch wahrgenommen worden, so die CDU-Frau. (ejb)

Der Hochwasserschutz sei nicht Aufgabe des WES, sondern Sache des Erftverbandes, so Hahnenberg weiter. Daher müsse die Steinbachtalsperre in dessen Hände. Eisermann entgegnete, dies sei eine Option, „aber nicht das Allheilmittel“, während der Euskirchener Grünen-Stadtverordnete Dr. Thomas Keßeler sich Hahnenberg anschloss: „Der Erftverband ist für den Hochwasserschutz zuständig. Daher ist die Talsperre aus meiner Sicht bei ihm besser angesiedelt als beim WES.“

Michael Höllmann (SPD Euskirchen) sagte, die Steinbachtalsperre müsse auf jeden Fall in den regionalen Hochwasserschutz eingebettet werden. Klar sei auch dies: „Niemand hätte die Ereignisse vom 14. und 15. Juli verhindern können. Auch eine leere Talsperre wäre nicht in der Lage gewesen, die Wassermassen aufzunehmen.“

Termin mit Bezirksregierung steht an

Euskirchens Bürgermeister Sacha Reichelt (parteilos), der auch Verbandsvorsteher ist, hält die Übernahme durch den Erftverband für naheliegend, schließt aber auch nicht aus, dass weiterhin der WES oder aber „jemand Drittes“ die Talsperre betreibt. Eines war ihm wichtig: „Es soll nicht so aussehen, als wäre uns erst heute eingefallen, den Hochwasserschutz einzubeziehen. Das tun Herr Böhm und ich seit Tag eins nach der Katastrophe.“ Reichelt verwies damit auf seine Gespräche mit Markus Böhm, Geschäftsführer des Energie-Konzerns e-regio, der das operative Geschäft für den WES betreibt.

Als nächster Schritt stehe ein Termin mit Böhm, dem Erftverband und der Bezirksregierung an, die als Aufsichtsbehörde eine zentrale Rolle spielt. Böhm hatte zuvor erklärt, dass man erst am Anfang der Diskussion stehe. Wie die gewünschte multifunktionale Nutzung erreicht werden könne, müsse sich zeigen: „Im Moment sammeln wir Ideen.“ Wichtig sei ein transparentes Verfahren unter Einbeziehung der Bevölkerung und der Räte in Swisttal und Euskirchen. Die finale Entscheidung über die Gestaltung des Sees treffe dann die Verbandsversammlung.

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„Wir können nur gemeinsam zu Lösungen kommen“, sagte die Vorsitzende der Verbandsversammlung, Swisttals Bürgermeisterin Petra Kalkbrenner (CDU). Dafür müsse der WES sich auf jeden Fall externen Sachverstands bedienen.

Über einen Antrag aus Swisttal ließ Kalkbrenner nicht abstimmen, da er zu kurzfristig eingegangen war. Die Vertreter der Gemeinde wollten das Gremium über einen umfangreichen Fragenkatalog zum Juli-Hochwasser beraten lassen und ein Gutachten zur Analyse der Juli-Ereignisse in Auftrag geben.

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