Kommt ET?Region um den Kreis Euskirchen möchte Einstein-Teleskop ins Dreiländereck holen

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Die Modellzeichnung des geplanten Einstein-Teleskops zeigt, dass die Spitzen des dreieckigen Observatoriums durch Detektorarme von je zehn Kilometern Länge verbunden sind.

So soll es aussehen: Eine Modellzeichnung des geplanten Einstein-Teleskops.

Um den ersten Gravitationswellendetektor der dritten Generation buhlen neben der Euregio Maas-Rhein Sardinien und die Lausitz. 

Es hat was von Science-Fiction. Ein riesiges Dreieck von Tunneln, vergraben 250 Meter tief in der Erde, die Seiten jeweils zehn Kilometer lang. Durch diese Tunnel sollen Laserstrahlen geleitet werden. An den Scheitelpunkten stehen unterirdische Räume oder Kammern. Schon die Vorstellung dürfte den Puls so manchen Wissenschaftsfans erhöhen. Und es ist kein Film. Kein Comic. Keine Spinnerei.

Es ist das Einstein-Teleskop, oder wie es von cineastischen Wissenschaftlern liebevoll genannt wird: ET. Und wenn es nach dem Willen einer Reihe von Verantwortlichen im Grenzgebiet Deutschland, Niederlande und Belgien gehen sollte, würde der weltweit erste Gravitationswellendetektor der dritten Generation im Dreiländereck errichtet. Die Bewerbung als Standort nimmt Fahrt auf.  

Deutschland, Belgien und Niederlande wollen das Riesen-Observatorium

So griff der flämische Minister für Innovation, Jo Brouns, zumindest schon mal verbal nach den Sternen. Im Anschluss an ein Treffen von Ministern, Staatssekretären und Abgeordneten aus den drei Ländern kürzlich in Brüssel zeigte er sich begeistert: „Ich habe heute eine Menge positiver Energie erlebt, um das Einstein-Teleskop-Projekt zu einer Erfolgsgeschichte zu machen.“

Dem Vorsitzenden der Euregio Maas-Rhein, Emile Roemer, ging es ähnlich: „Heute haben wir einen großen Schritt nach vorne gemacht, um die Kandidatur der drei Euregio-Länder voranzutreiben.“ Denn nur zusammen könne eine starke Kandidatur auf den Weg gebracht werden. 

Die scheint in der Tat nötig, sonst könnten die Pläne angesichts der Konkurrenz schnell in den Orbit entschwinden. Die Lausitz in Brandenburg und das italienische Sardinien haben nämlich auch ihr Interesse bekundet, zudem werden den Ungarn Ambitionen nachgesagt.

NRW-Minister: „Spitzenforschung mit internationaler Strahlkraft“

Laut Euregio verspricht ET nämlich nicht nur eine Fülle von wissenschaftlichen Erkenntnissen. Das Projekt, dessen Kosten inoffiziell auf rund zwei Milliarden Euro taxiert werden, könne auch „einen enormen Schub für innovative Hightech-Unternehmen in den beteiligten Ländern und in der Region“ bedeuten, so die Euregio.

Wie hoch das Vorhaben in der Politik angesiedelt ist, zeigt auch ein vorausgegangenes Treffen im Dezember 2022 in Bonn, zu dem NRW-Europaminister Nathanael Liminski (CDU) geladen hatte. Mit dem Einstein-Teleskop könnte in der Euregio Maas-Rhein ein „Projekt der Spitzenforschung mit internationaler Strahlkraft“ entstehen, hieß es aus dem Ministerium. Nun wurde in Brüssel grünes Licht für die Vorbereitung eines Konsortiums gegeben. 

Denn dass die Region geschaffen ist für ein solches Observatorium, wer wolle daran noch zweifeln? „Der dortige weiche Oberboden dämpft die durch menschliche Aktivität an der Oberfläche verursachten Vibrationen, sodass das unterirdische Observatorium ungestört Messungen durchführen kann“, verlautet jedenfalls das Projektbüro Einstein-Teleskop - Euroregion Maas-Rhein. Darüber hinaus seien die gute Anbindung und das Netz von Wissenschaftseinrichtungen und Unternehmen wichtig für das Einstein-Teleskop.

Ob es reichen wird? „Eine Entscheidung auf EU-Ebene über den Standort wird für das Jahr 2026 erwartet“, heißt es in einer Mitteilung der Euregio Maas-Rhein.


Teleskop: 250 Meter unter der Erde, damit es ungestört messen kann 

2015 wurde nachgewiesen, was Albert Einstein bereits gut 100 Jahre zuvor in seiner Relativitätstheorie vorhergesagt hat. Es gibt Gravitationswellen, also winzige Erschütterungen der Raumzeit.

Daher scheint es nur recht und billig, dass der erste Gravitationswellendetektor der dritten Generation nach Einstein benannt wird. Die Experten nennen das Einstein-Teleskop inzwischen kurz ET.

ET solle es ermöglichen, schwarze Löcher, die Struktur von Neutronensternen und die Beschaffenheit des Universums unmittelbar nach dem Urknall zu untersuchen, teilt die Euregio mit. Es könne einen tausendfach größeren Bereich des Universums auf der Suche nach Gravitationswellen untersuchen und Quellen aufspüren, die für Instrumente der aktuellen Generation zu schwach sind.

Oberirdisch werde von dem Einstein-Teleskop kaum etwas zu sehen sein, denn das Observatorium mit drei jeweils zehn Kilometer langen Armen wird 250 bis 300 Meter unter die Erdoberfläche liegen, um dort ungestört Messungen durchführen zu können.

„ET misst Gravitationswellen, indem es die Länge seiner drei Detektorarme mit sensiblen Lasern und vibrationsfrei aufgehängten Spiegeln ständig überwacht“, heißt es weiter in der Beschreibung der Euregio. Wenn sich diese Länge in einem bestimmten Muster ändere, zeige dies eine vorbeiziehende Gravitationswelle an.


Vier Millionen Menschen leben im Bereich der Euregio Maas-Rhein

1976 wurde die Euregio Maas-Rhein gegründet. Sie besteht aus den beiden Provinzen Limburg (belgisch und niederländisch), der Provinz Lüttich, der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens und der Region Aachen, zu der wiederum die Städteregion Aachen sowie die Kreise Heinsberg, Düren und Euskirchen gehören.

Die Themenpalette der Zusammenarbeit reicht von Wirtschaft und Innovation über Arbeitsmarkt, Kultur, Gesundheit, Sicherheit, Mobilität, Landschaft und Klima bis hin zur Regionalvermarktung.

In der Euregio leben nach eigenen Angaben vier Millionen Menschen auf einer Fläche von 11.000 Quadratmetern.

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