Digital Making PlaceSo digital soll der Unterricht im Kreis Euskirchen werden

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Das Bild zeigt eine Schülerin, die in einem Buch liest. Hinter dem Buch steht ein Tablet.

Ein Tablet soll nicht mehr das höchste der digitalen Gefühle in Schulen sein. Der Kreis Euskirchen beteiligt sich am Projekt Digital Making Place – einer Werkstatt für digitale Technologien im Unterricht.

Der Kreis Euskirchen will Schulunterricht moderner und digitaler gestalten. Er investiert 100.000 Euro des Landes in technische Ausrüstung.

„Digital Making Place“, kurz DMP, ist das neueste Zauberwort, wenn es um Schulunterricht der Zukunft geht. Das Ministerium für Schule und Bildung NRW bezeichnet den DNP auch als „Maker Space“ – eine digitale Werkstatt. Ein Raum für Schüler. Ein Raum als Werkstatt, in der im Idealfall eine neue Generation von Entwicklern und Tüftlern hervorgebracht wird.

„Es werden klassische Werkzeuge und Produktionsverfahren mit digitalen Technologien kombiniert. Ziel ist es, auf moderne Art Projekte zu realisieren und Innovationen zu schaffen“, sagte Birgit Giering von der Medienberatung NRW im jüngsten Bildungsausschuss des Kreises. Dort stellte sie das Projekt der Politik vor und warb eindringlich dafür. Der DMP könne Werkstatt, Tonstudio, Videoschnittplatz und Forschungslabor sein, in dem digitale Medien eine zentrale Rolle spielen. Und der Kreis solle diese Chance nicht verpassen.

Lernroboter, 360-Grad-Kamera und Indoor-Drohne für den Schulunterricht

Das Land lässt sich den neuen Baustein des modernen Unterrichts etwa 100.000 Euro kosten. Dafür erhält die Kreisverwaltung stellvertretend für alle Schulen im Kreis beispielsweise eine 360°-Kamera, eine Indoor-Drohne, einen mobilen Digitalrekorder, mobile Schallabsorber, tastenbetriebene Lernroboter, zeichnerisch programmierbare Lernroboter oder digitale Erfinderkits – eben das, was vielerorts von moderner Schule erwartet wird. Das aber über den Einsatz digitaler Endgeräten im Unterricht hinausgeht. „Wir wollen mit dem Projekt erreichen, dass Schüler über das Smartphone nicht nur konsumieren, sondern auch produzieren. Sie sollen Schule ganz neu erleben“, so Giering.

Man stelle sich vor, so die Medienexpertin, „dass Schülerinnen und Schüler zunächst am Computer ein Schullogo gestalten. Dann programmieren sie die Maschine, die das Logo auf ein Hoodie stickt. Die Schüler lernen, ohne es als lernen zu empfinden“. Das Projekt biete dem Kreis Euskirchen und den Schulen eine neue Möglichkeit des Unterrichts.

Man kann viel ausprobieren und testen. Davon können wir alle profitieren.
Holger Mohr, Leiter des Berufskollegs Eifel in Kall

Und landesweit sind laut Giering bereits 46 Kreise und Kommunen auf den DMP-Zug aufgesprungen. Da der Bildungsabschluss mehrheitlich für das Projekt DMP stimmte, ist diese Art der digitalen Schule nun auch im Kreis Euskirchen auf den Weg gebracht – sozusagen programmiert worden. Die SPD enthielt sich, die AfD stimmte dagegen. Laufen soll der DMP zunächst für fünf Jahre – viel Zeit, um sich auszuprobieren und auch den einen oder anderen Fehler zu machen. „Auch das ist nämlich ausdrücklich gewünscht. Fehler gehören zum Erfolg dazu“, so Giering.

Für Karsten Stickeler, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der CDU, ist das Projekt „eine Chance für die Entwicklung der Schulen und Schüler“. Holger Mohr, Leiter des Berufskollegs Eifel (BKE), begrüßte die Entscheidung des Ausschusses: „Man kann viel ausprobieren und testen. Davon können wir alle profitieren.“

Einige Kommunen im Kreis Euskirchen sehen Projekt kritisch

Sein Schulleiterkollege Hermann Wilkens vom Thomas-Eßer-Berufskolleg stimmte ihm zu: „Es kann da einen sehr gewinnbringenden Austausch geben. Wir sind schon ganz gut ausgestattet und haben junge Kollegen, die tief in der Materie stecken. Aber auch das muss ja kein Nachteil für das Projekt sein, wenn man sich gegenseitig befruchtet.“

Das sehen zum jetzigen Zeitpunkt aber nicht alle Schulen und Kommunen so. Das geht aus der Abfrage der Kreisverwaltung im Vorfeld der Ausschusssitzung hervor. Demnach begrüßen die Kommunen Kall, Mechernich, Bad Münstereifel und Weilerswist als Schulträger von Grundschulen und weiterführenden Schulen die vorgesehene Ausstattung der Medienzentren.

Neues Projekt könnte auch in Kall untergebracht werden

Die Kommunen Hellenthal, Blankenheim, Nettersheim, Dahlem und Zülpich schätzen das Nutzungspotenzial in Abstimmung mit ihren Schulen, insbesondere für die Grundschulen, jedoch als gering ein, da die Schulen durch die Schulträger derzeit ausreichend mit digitaler Ausstattung für den Unterricht versorgt seien.

Hinzu komme die Entfernung der Schulen im Südkreis zum Medienzentrum in Euskirchen, die eine Nutzung ebenfalls erschweren würde. Die Stadt Euskirchen sprach sich nach Angaben von Erdmann Bierdel, Leiter des Geschäftsbereich Jugend, Bildung und Integration beim Kreis, zunächst für die Einführung des DMP aus, ruderte dann aber in einer weiteren Stellungnahme zurück und „sehe die Einführung nun kritisch“.

Im Stadtgebiet Schleiden steht nach Angabe des Schulträgers die Städtische Realschule der Idee positiv gegenüber und kann sich vorstellen, das Angebot zu nutzen, das Sturmius-Gymnasium sieht laut Kreis das DMP als „interessantes Angebot an, geht aber eher nicht von einer Nutzung aus und begründet dies mit der Entfernung zu einem möglichen DMP.“ Die Grundschulen sowie die Förderschule in Schleiden sehen laut Kreis keinen Bedarf.

Kreis Euskirchen muss einen Medienpädagogen einstellen

Umsonst ist das Projekt für den Kreis übrigens nicht. Während das Land die Kosten für die Anschaffung der gewünschten Medien übernimmt, muss der Kreis eine Stelle für einen Medienpädagogen schaffen. Dieser soll die Schulen bei Fragen zu Robotics, Bionics, VR und Augmented Reality, Künstlicher Intelligenz, digitaler Lerntechnik, Workshops und Informationsveranstaltungen, Jugendmedienschutz und zu technisch-pädagogischen Weiterentwicklungen beraten.

Zunächst sollen die Medien des DMP im Medienzentrum innerhalb der Kreisverwaltung untergebracht werden. Laut Kreis ist denkbar, dass das bereits vorhandene Mediastudio zu einem kleinen DMP umgewandelt werden kann. Die räumliche Erweiterung des bisherigen Mediastudios hin zu einem „Digital Maker Space“ wäre perspektivisch denkbar – beispielsweise im neu aufzubauenden Thomas-Esser-Berufskolleg als Berufskolleg mit technischem Schwerpunkt. Oder auch am Berufskolleg Eifel als attraktiver Lernort.

Laut Kreis würden nach derzeitigem Planungsstand am BKE keine zusätzlichen Umbaukosten entstehen. Ein vorhandener Klassenraum könnte genutzt werden. Eine Öffnung zum Quartier zur Attraktivitätssteigerung des Standortes sei ebenfalls möglich.


Medienzentrum des Kreises Euskirchen häufig angefragt

Nach Angaben des Kreises Euskirchen nutzten die Schulen im Kreis Euskirchen das Mediastudio des Kreises im vergangenen Jahr 131 Mal. 53 Mal wurde digitales Equipment und Virtual Reality entliehen oder vor Ort genutzt (beispielsweise iPad-Koffer, iPad-Stative und Halterungen, 3D-Drucker, 3D-Scanner oder auch der Greenscreen und Apple-TV). 78 Mal wurden Programmier- und Codingsets genutzt (BeeBots, Ozobots,Make Block).

Die Medienberater der Bezirksregierung Köln sind dem Kreis zufolge mit insgesamt 50 Zeitstunden für diese Aufgabe abgeordnet worden – größten Teils für die direkte Zusammenarbeit mit den Schulen. „Erfreulich ist, dass die Beratungstätigkeit nach Corona zunehmend im direkten Kontext zum Kreismedienzentrum steht“, sagt Wolfgang Andres, Pressesprecher des Kreises, auf Anfrage.

Im Bereich der Online-Bildungsangebote des Kreis-Medienzentrums wurden laut Andres im vergangenen Jahr vor allem die Themen Gesunde Ernährung, die Mendel´schen Regeln, Herz und Blutkreislauf sowie Grundlagen des Magnetismus nachgefragt.  

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