TarifabschlussKreis Euskirchen: Rathaus-Spitzen befürworten Lohnplus für Beschäftigte

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Ein streikender Mitarbeiter bläst vor dem Euskirchener Rathaus in eine Trillerpfeife.

Auch vor dem Euskirchener Rathaus wurde im März für eine Lohnerhöhung für die Bediensteten im öffentlichen Dienst demonstriert.

Der Tarifabschluss im Öffentlichen Dienst verursacht auch für die Kommunen im Kreis Euskirchen deutlich erhöhte Personalkosten.  

Ralf Claßen spricht von zwei Herzen, die in seiner Brust schlagen. Für seine Kollegen freue er sich, vor allem für die in den unteren Einkommensklassen. Doch als Kämmerer der Stadt Mechernich stehe er vor Herausforderungen.

Auf rund 1,3 Millionen Euro beziffert er die Personal-Mehrausgaben für 2023 und 2024. Denn die Beschäftigten im öffentlichen Dienst sollen zunächst eine steuer- und abgabenfreie Einmalzahlung von 3000 Euro erhalten.

Mechernich hat nach Tariferhöhung in 2024 jährlich 800.000 Euro Mehrkosten 

Bei 150 Vollzeitstellen mache dieser Inflationsausgleich für Mechernich 450 000 Euro aus, rechnet der Kämmerer vor. „In den unteren Gehaltsgruppen machen 3000 Euro netto viel aus – das freut mich für die Kolleginnen und Kollegen“, so Claßen. 2023 sei auch nicht das große Problem, denn Claßen hatte mit vier Prozent Lohnplus gerechnet. Jetzt seien es zwar 4,5 Prozent. Aber Abgaben und Steuern fielen ja weg bei diesem Inflationsausgleich: „So kommen wir mit meinem Ansatz hin.“

Von März 2024 an wird es einen monatlichen Sockelbetrag von 200 Euro brutto und anschließend eine Tariferhöhung von 5,5 Prozent geben. Das ergäben etwa 10,5 Prozent Mehrausgaben. Bei rund 8,5 Millionen Euro Personalausgaben bedeute das für Mechernich rund 800 000 Euro Mehrausgaben, so Claßen, der einen rund 70-Millionen-Euro-Etat verwaltet.

In den unteren Gehaltsgruppen machen 3000 Euro netto viel aus – das freut mich für die Kolleginnen und Kollegen
Ralf Claßen, Kämmerer der Stadt Mechernich

Der ist 2023 erstmals seit Jahren nicht ganz ausgeglichen, und 2024 „wird es noch schwieriger“, so der Kämmerer. Steuer- und/oder Gebührenerhöhungen erwarte er aber derzeit nicht, bei aller Vorsicht: „Es spielen dabei viele andere Parameter eine Rolle.“

Steuer- oder Gebührenerhöhungen seien in den kommenden Jahren grundsätzlich nicht auszuschließen, sagt der Dahlemer Bürgermeister Jan Lembach, „da sich die Erhöhungen in den folgenden Jahren bemerkbar machen“. Auch die Gemeinde Dahlem hatte mit einem Plus von vier Prozent für ihre 90 Angestellten gerechnet.

Dahlemer Bürgermeister Jan Lembach hält den Tarifabschluss für fair

„Das haben wir zumindest in der Summe fast getroffen, da die   Sonderzahlung für 2023 bekanntlich frei von Steuern und Abgaben ist“, so Lembach: „Wir liegen damit ,nur’ etwa 15 000 Euro über unserem kalkulierten Ansatz für 2023.“ Im Vergleich zu 2022 führe der Tarifabschluss zu 200 000 Euro Mehrkosten.

Lembach bezeichnet das Tarifergebnis als „fair für alle Beteiligten, bei Berücksichtigung der extrem hohen Preis- und Kostensteigerungen in nahezu allen Bereichen“. Angesichts der hohen Abschlüsse in der Privatwirtschaft müssten die öffentlichen Verwaltungen nachlegen, um noch ansatzweise ein konkurrenzfähiger Arbeitgeber für Fachpersonal zu sein. „Da ist es auch wichtig, dass sich der Abschluss für die unteren Entgeltgruppen der Ausbildungs- und Einstiegsgehälter besonders gut auswirkt“, so Lembach.

Attraktivitätssteigerung bei Arbeitsstellen

Wie er hofft auch Sabine Rößler, Leiterin des Amtes für Zentrale Dienste bei der Stadt Bad Münstereifel, dass die höheren Entgelte „die Attraktivität der Arbeitsplätze im kommunalen öffentlichen Dienst wesentlich erhöht“. Rößler begrüßt, dass die lange Laufzeit des Tarifvertrags Planungssicherheit bei den Personalkosten gewährt.

10,9 Millionen Euro hatte die Verwaltung im Haushalt 2023 für das Personal in den städtischen Ämtern eingeplant. Für Tarif- und Besoldungserhöhungen wurden ungefähr 360 000 Euro für den diesjährigen Haushalt eingeplant. Daraus werden nun die Einmalzahlungen gezahlt.

Stadt Euskirchen rechnet ab kommendem Jahr mit 2 Millionen Euro Mehrkosten 

Aufgrund der Aufgaben rund um den Wiederaufbau waren die Ausgaben für Personal nach der Flutkatastrophe sowieso schon gestiegen. „Wir sehen es wie der Kommunale Arbeitgeberverband Nordrhein-Westfalen, dass die kommunalen Arbeitgeber mit dem Tarifabschluss an die Grenzen des Machbaren gegangen sind“, so Rößler.

Für die Stadt Euskirchen wirke sich der Abschluss in diesem Jahr mit rund einer halben Million Euro aus, für die Folgejahre mit jeweils zirka zwei Millionen, teilt die Pressestelle mit. Bei der Stadt arbeiten 843 Menschen, 118 davon sind Beamte, 14 Bundesfreiwillige.

„Gerade im Bereich von niedrigeren Lohngruppen ist ein größerer finanzieller Abstand zu Leistungsbeziehern grundsätzlich zielführend“, beurteilt Bürgermeister Sacha Reichelt das Ergebnis: „Bestimmte Berufe, ich nenne einmal Kita-Kräfte als Beispiel, müssen in Deutschland insgesamt attraktiver bezahlt werden.“

Zunächst halte er eine Lohnerhöhung daher für „absolut angebracht“. Auf der anderen Seite bedeute eine Lohnerhöhung in diesem Ausmaß auch eine besondere Belastung für den städtischen Haushalt. „Diese Belastung ist in unserer Haushaltsplanung im Übrigen bereits schätzend berücksichtigt, Steuererhöhungen sind deswegen nicht vorgesehen“, so der Euskirchener Bürgermeister.


Die Euskirchener Kreisverwaltung hat 2023 sogar weniger Personalkosten als geplant

Die Euskirchener Kreisverwaltung muss in diesem Jahr 1,9 Millionen Euro weniger fürs Personal ausgeben als geplant. Der Grund: Die Kämmerei war für 2023 von höheren Lohnsteigerungen ausgegangen.

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