„Lebensgefahr!“Warum die Sanierung der Waldwege am Mechernicher Bleiberg so lange dauert

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Ein Arbeiter bedient eine Bohrraupe, die auf einem Waldweg steht. Er trägt eine Jacke in Signalfarbe und einen Schutzhelm.

Die Waldwege im Bergschadensgebiet zwischen Kaserne und der Wohnsiedlung am Kiefernweg werden derzeit auf der Suche nach unterirdischen Hohlräumen mit Erkundungsbohrungen untersucht. Vorarbeiter Marvin Reuter wird nahezu bei jeder Bohrung fündig.

Noch ist nicht absehbar, wie lange die Sanierung der Wege im Mechernicher Bergschadensgebiet dauert, deshalb bleiben sie weiterhin gesperrt.

2000 Jahre Erzabbau haben den Mechernicher Bleiberg so löchrig gemacht wie einen Schweizer Käse. Im Juli 2021 wurde das offensichtlich: Im Zuge der starken Regenfälle kam es, insbesondere im Bereich des Altbergbaus zwischen der Bundeswehr-Kaserne und dem alten Sportplatz bei Breitenbenden, mehrfach zu Einbrüchen stillgelegter Bergwerksstollen durch Unterspülungen.

Das absolute Betretungsverbot, das die Stadt Mechernich bereits unmittelbar nach Entdeckung der ersten Tagebrüche rund um die Hochhaussiedlung am Kiefernweg für das angrenzende Waldgebiet aussprach, gilt noch heute.

Das hat seinen guten Grund, denn weil nicht bekannt ist, wie viele unentdeckte Unterspülungen es in dem Bereich – speziell abseits der bestehenden Waldwege – noch gibt, droht Spaziergängern, Joggern und sonstigen Waldläufern Gefahr für Leib und Leben. Deshalb sind auch die Wanderwege, die durch den Wald führen, immer noch gesperrt. Mit Schildern wird eindringlich auf die bestehenden Gefahren hingewiesen: „Achtung, Lebensgefahr!“ ist darauf zu lesen.

Ordnungsamt Mechernich: Betretungsverbot bleibt bestehen

„Die Gefahr von spontanen Absenkungen durch Unterspülungen der Stollenanlagen ist zu groß. Wir warnen eindringlich davor, die Bereiche zu betreten“, sagt Constantin Hochgürtel, der im Mechernicher Rathaus als Teamleiter Ordnungswesen und Straßenverkehr für die Sicherung der Wege zuständig ist. Die Arbeiten zur Sicherung des Geländes gehen derweil in enger Abstimmung mit dem Bergamt der Bezirksregierung Arnsberg, der Bundeswehr und der Bundesimmobilienverwaltung weiter, wie die Stadtverwaltung mitteilt.

Constantin Hochgürtel steht an einem mit Beton verfüllten Tagebrüche in einem Kiefernwald bei Mechernich.

Auch einige Tagebrüche in dem betroffenen Waldgebiet sind mit Beton verfüllt worden, wie Ordnungsamts-Mitarbeiter Constantin Hochgürtel zeigt.

Seit dem vergangenen August arbeitet Marvin Reuter zusammen mit seinen Kollegen von der Spezialbaufirma GbE Grundbau Essen daran, die Gefahren durch einstürzende Stollen, Gänge und Hohlräume in dem betroffenen, rund sechs Hektar großen Waldgebiet zu entschärfen. Die Arbeiten sollten ursprünglich innerhalb von vier Wochen abgeschlossen werden, erläutert Hochgürtel: „Ein Ende ist aber immer noch nicht abzusehen, weil immer wieder neue Hohlräume entdeckt werden.“

Inzwischen sind bereits mehr als 544 Tonnen eines sehr flüssigen Zementgemischs in den Mechernicher Untergrund geflossen, um die entstandenen Hohlräume aufzufüllen. „Rechnet man das Material hinzu, das in die Verfüllung der oberflächlich aufgetretenen Tagebrüche gepumpt worden ist, sind es sogar 738 Tonnen“, hat Vorarbeiter Marvin Reuter die passende Zahl parat: „Wir kommen ja aus dem Ruhrgebiet, da gibt es vergleichbare Probleme durch den Altbergbau.“

Mechernich: Erst 100 von 500 Metern Waldwegen sind saniert

Wie umfangreich die notwendigen Sicherungsarbeiten am Bleiberg sind, überrascht dann jedoch auch den Fachmann: „Nahezu jede Probebohrung, die wir auf der Suche nach Hohlräumen im Untergrund absenken, bringt einen Treffer.“

Die Bohrraupe vom Typ Klemm 400D, die Reuter auf dem Waldweg hinter der in Mechernich „Papageiensiedlung“ genannten Wohnanlage bedient, wird nicht nur zum Aufspüren, sondern auch zum Verfüllen der Ausspülungen im Untergrund genutzt. „Das flüssige Zementgemisch wird dann über das Bohrgestänge in den Boden gepumpt“, beschreibt Reuter den Vorgang.

„Einzelne Hohlräume, die auf diese Weise verfüllt worden sind, haben das Volumen eines Einfamilienhauses gehabt“, macht Hochgürtel deutlich, mit welchen Dimensionen man es zu tun hat. Dabei werde auf diese Weise nur der Bereich der Wege, die sich durch das Waldgelände ziehen, untersucht. „Um wirklich alles zu sichern, werden die Bohrraster immer enger gesetzt“, berichtet Hochgürtel. Daher seien erst rund 100 der rund 500 Meter Weg bearbeitet worden. „Die Waldflächen außerhalb der Wege bleiben aber auch nach der Sanierung der Wege voraussichtlich dauerhaft gesperrt“, so der Mitarbeiter des Ordnungsamts weiter.


Weitere Wanderwege am Mechernicher Bleiberg

Nach den Starkregenfällen im Sommer 2021 waren ursprünglich auch die beliebten Spazier- und Wanderwege auf der anderen Seite der Bleibergstraße rund ums Bergbaumuseum aus Sicherheitsgründen gesperrt worden.

Im Juni des vergangenen Jahres wurden diese Wege jedoch wieder für Wanderer freigegeben. Dort befindet sich der „Bergbaukundliche Wanderpfad“ von Eifelverein und Bergbaumuseum Mechernich mit bedeutenden Sehenswürdigkeiten wie dem Buchholzbacher und Baltesbendener Weiher, dem Malakowturm und dem Fuß des „Langen Emils“.

Auch mehrere Eifelschleifen und die Eifelspur „Soweit das Auge reicht“ führen durch das Bergschadensgebiet. „In diesem Bereich besteht keine akute Gefahr mehr“, heißt es dazu in einer Mitteilung der Stadt Mechernich: „Dennoch sollen grundsätzlich nur die ausgewiesenen Wege benutzt werden.“ (thw)

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